Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Franz Heinrich: Der in Erwegung göttlicher Wollthaten sich recht verhaltende Israeliter. Hildesheim, 1716.

Bild:
<< vorherige Seite

behertziget / schreibet Er: Lutheri Auslegung des 1sten Buchs Mosis in h. l. vid. Tom. IX. Altenb: fol. 1010. Diß ist ein herrliches Exempel eines fürtrefflichen Gebets / das alle Eigenschafften hat / die zum guten Gebet gehören. Und bald darauff: l. c. fol. 112. Es ist ein langes Gebet / so viel das Seufftzen belanget / denn da hat er die gantze Nacht und den gantzen Tag geseufftzet / wiewoll der Worte fast wenig sind. Ja ein Gebet ist es / daß da GOttes Vater-Hertz um und um ergriffen / und solches dergestalt gefasset und gehalten / daß GOtt erhören und dem Supplicanten seine Bitte gewehren müssen. Wir sehen vor dasmahl nicht auff alles / sondern nur allein auff das Mittlere / wie da nemlich Jacob, in Erwegung Göttlicher Wollthaten / so ihme bereits wiederfahren / sich derselben gantz unwürdig erkant und bekant / seinen GOtt aber um solcherwillen höchst ruhmwürdig geschätzet und gepriesen.

Erstlich

GEtreffend seine / des Jacobs / erkante und bekante Unwürdigkeit / so fand Er solche Theils in Betrachtung sein selbst und seines Zustandes / Theils auch in Betrachtung seines GOttes und dessen überschwenglichen und mannigfaltigen Güte. Sich und seinen Zustand auffrichtig erwegend / befand Er sich nicht mehr denn einen unnützen und unwehrten Knecht GOttes zu seyn / wenn Er seufftzete: Du / O GOtt! hast Barmhertzigkeit und Treue gethan an deinem Knecht. Ja höher und grösser wolte und konte sich Jacob nicht außgeben / als nur einen seinem GOtt und HErrn / seinem Schöpffer und Erhalter verbundenen und verpflichteten Dienst-Knecht. Zwar wenn wir sonsten den Jacob ansehen und betrachten / so war er für menschlichen Augen woll fürnehm / groß und hoch genug. Er war nemlich einer von denen gläubigen Ertz-Vätern und Patriarchen / ein Groß-Sohn des Abrahams / und ein Sohn des Isaacs / ein geehrter und geliebter Mann. So war er auch ohne allen Zweifel ein theurer Sohn und trautes Kind GOttes des himmjischen Vaters / sintemahl er im festen Glauben an den / im Paradies versprochenen / Messiam hing / und auff das Heil GOttes mit Verlangen wartete. Gen. XLIX. 18. Nicht weniger hatte Ihm der gnädige und barmhertzige GOtt gleiche

behertziget / schreibet Er: Lutheri Auslegung des 1sten Buchs Mosis in h. l. vid. Tom. IX. Altenb: fol. 1010. Diß ist ein herrliches Exempel eines fürtrefflichen Gebets / das alle Eigenschafften hat / die zum guten Gebet gehören. Und bald darauff: l. c. fol. 112. Es ist ein langes Gebet / so viel das Seufftzen belanget / denn da hat er die gantze Nacht und den gantzen Tag geseufftzet / wiewoll der Worte fast wenig sind. Ja ein Gebet ist es / daß da GOttes Vater-Hertz um und um ergriffen / und solches dergestalt gefasset und gehalten / daß GOtt erhören und dem Supplicanten seine Bitte gewehren müssen. Wir sehen vor dasmahl nicht auff alles / sondern nur allein auff das Mittlere / wie da nemlich Jacob, in Erwegung Göttlicher Wollthaten / so ihme bereits wiederfahren / sich derselben gantz unwürdig erkant und bekant / seinen GOtt aber um solcherwillen höchst ruhmwürdig geschätzet und gepriesen.

Erstlich

GEtreffend seine / des Jacobs / erkante und bekante Unwürdigkeit / so fand Er solche Theils in Betrachtung sein selbst und seines Zustandes / Theils auch in Betrachtung seines GOttes und dessen überschwenglichen und mannigfaltigen Güte. Sich und seinen Zustand auffrichtig erwegend / befand Er sich nicht mehr denn einen unnützen und unwehrten Knecht GOttes zu seyn / wenn Er seufftzete: Du / O GOtt! hast Barmhertzigkeit und Treue gethan an deinem Knecht. Ja höher und grösser wolte und konte sich Jacob nicht außgeben / als nur einen seinem GOtt und HErrn / seinem Schöpffer und Erhalter verbundenen und verpflichteten Dienst-Knecht. Zwar wenn wir sonsten den Jacob ansehen und betrachten / so war er für menschlichen Augen woll fürnehm / groß und hoch genug. Er war nemlich einer von denen gläubigen Ertz-Vätern und Patriarchen / ein Groß-Sohn des Abrahams / und ein Sohn des Isaacs / ein geehrter und geliebter Mann. So war er auch ohne allen Zweifel ein theurer Sohn und trautes Kind GOttes des himmjischen Vaters / sintemahl er im festen Glauben an den / im Paradies versprochenen / Messiam hing / und auff das Heil GOttes mit Verlangen wartete. Gen. XLIX. 18. Nicht weniger hatte Ihm der gnädige und barmhertzige GOtt gleiche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0020" n="18"/>
behertziget /                      schreibet Er: <note place="left">Lutheri Auslegung des 1sten Buchs Mosis                          in h. l. vid. Tom. IX. Altenb: fol. 1010.</note> Diß ist ein herrliches                      Exempel eines fürtrefflichen Gebets / das alle Eigenschafften hat / die zum                      guten Gebet gehören. Und bald darauff: <note place="left">l. c. fol.                          112.</note> Es ist ein langes Gebet / so viel das Seufftzen belanget / denn                      da hat er die gantze Nacht und den gantzen Tag geseufftzet / wiewoll der Worte                      fast wenig sind. Ja ein Gebet ist es / daß da GOttes Vater-Hertz um und um                      ergriffen / und solches dergestalt gefasset und gehalten / daß GOtt erhören und                      dem Supplicanten seine Bitte gewehren müssen. Wir sehen vor dasmahl nicht auff                      alles / sondern nur allein auff das Mittlere / wie da nemlich Jacob, in Erwegung                      Göttlicher Wollthaten / so ihme bereits wiederfahren / sich derselben gantz                      unwürdig erkant und bekant / seinen GOtt aber um solcherwillen höchst ruhmwürdig                      geschätzet und gepriesen.</p>
      </div>
      <div>
        <head>Erstlich<lb/></head>
        <p>GEtreffend seine / des Jacobs / erkante und bekante Unwürdigkeit / so fand Er                      solche Theils in Betrachtung sein selbst und seines Zustandes / Theils auch in                      Betrachtung seines GOttes und dessen überschwenglichen und mannigfaltigen Güte.                      Sich und seinen Zustand auffrichtig erwegend / befand Er sich nicht mehr denn                      einen unnützen und unwehrten Knecht GOttes zu seyn / wenn Er seufftzete: Du / O                      GOtt! hast Barmhertzigkeit und Treue gethan an deinem Knecht. Ja höher und                      grösser wolte und konte sich Jacob nicht außgeben / als nur einen seinem GOtt                      und HErrn / seinem Schöpffer und Erhalter verbundenen und verpflichteten                      Dienst-Knecht. Zwar wenn wir sonsten den Jacob ansehen und betrachten / so war                      er für menschlichen Augen woll fürnehm / groß und hoch genug. Er war nemlich                      einer von denen gläubigen Ertz-Vätern und Patriarchen / ein Groß-Sohn des                      Abrahams / und ein Sohn des Isaacs / ein geehrter und geliebter Mann. So war er                      auch ohne allen Zweifel ein theurer Sohn und trautes Kind GOttes des himmjischen                      Vaters / sintemahl er im festen Glauben an den / im Paradies versprochenen /                      Messiam hing / und auff das Heil GOttes mit Verlangen wartete. <note place="left">Gen. XLIX. 18.</note> Nicht weniger hatte Ihm der                      gnädige und barmhertzige GOtt gleiche
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0020] behertziget / schreibet Er: Diß ist ein herrliches Exempel eines fürtrefflichen Gebets / das alle Eigenschafften hat / die zum guten Gebet gehören. Und bald darauff: Es ist ein langes Gebet / so viel das Seufftzen belanget / denn da hat er die gantze Nacht und den gantzen Tag geseufftzet / wiewoll der Worte fast wenig sind. Ja ein Gebet ist es / daß da GOttes Vater-Hertz um und um ergriffen / und solches dergestalt gefasset und gehalten / daß GOtt erhören und dem Supplicanten seine Bitte gewehren müssen. Wir sehen vor dasmahl nicht auff alles / sondern nur allein auff das Mittlere / wie da nemlich Jacob, in Erwegung Göttlicher Wollthaten / so ihme bereits wiederfahren / sich derselben gantz unwürdig erkant und bekant / seinen GOtt aber um solcherwillen höchst ruhmwürdig geschätzet und gepriesen. Lutheri Auslegung des 1sten Buchs Mosis in h. l. vid. Tom. IX. Altenb: fol. 1010. l. c. fol. 112. Erstlich GEtreffend seine / des Jacobs / erkante und bekante Unwürdigkeit / so fand Er solche Theils in Betrachtung sein selbst und seines Zustandes / Theils auch in Betrachtung seines GOttes und dessen überschwenglichen und mannigfaltigen Güte. Sich und seinen Zustand auffrichtig erwegend / befand Er sich nicht mehr denn einen unnützen und unwehrten Knecht GOttes zu seyn / wenn Er seufftzete: Du / O GOtt! hast Barmhertzigkeit und Treue gethan an deinem Knecht. Ja höher und grösser wolte und konte sich Jacob nicht außgeben / als nur einen seinem GOtt und HErrn / seinem Schöpffer und Erhalter verbundenen und verpflichteten Dienst-Knecht. Zwar wenn wir sonsten den Jacob ansehen und betrachten / so war er für menschlichen Augen woll fürnehm / groß und hoch genug. Er war nemlich einer von denen gläubigen Ertz-Vätern und Patriarchen / ein Groß-Sohn des Abrahams / und ein Sohn des Isaacs / ein geehrter und geliebter Mann. So war er auch ohne allen Zweifel ein theurer Sohn und trautes Kind GOttes des himmjischen Vaters / sintemahl er im festen Glauben an den / im Paradies versprochenen / Messiam hing / und auff das Heil GOttes mit Verlangen wartete. Nicht weniger hatte Ihm der gnädige und barmhertzige GOtt gleiche Gen. XLIX. 18.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716/20
Zitationshilfe: Meyer, Franz Heinrich: Der in Erwegung göttlicher Wollthaten sich recht verhaltende Israeliter. Hildesheim, 1716, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_israeliter_1716/20>, abgerufen am 29.03.2024.