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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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seinen Gegner mit jenen wirksamsten Waffen zu be¬
kämpfen, die Richelieu mit Meisterschaft führte! --
War es nicht möglich, diese von Rohan kindisch ver¬
schmähten Waffen zu ergreifen? Dem Jäger selbst eine
Schlinge zu legen?

Wo galt die menschliche Gerechtigkeit, die der Herzog
verwirklichen wollte, -- wo war ihr Urbild, die gött¬
liche, um sie zu Ehren zu bringen und zu belohnen?
Eitle Träume beides! Ein frommer Thor nur konnte
daran glauben! . . . . Der Herzog war blöde genug zu
meinen, der Cardinal anerkenne die Gültigkeit des von
dem Mächtigen einem Schwachen gegebenen Wortes! Er
war thöricht genug zu wähnen, ein zu Gunsten der
Hugenoten im Bürgerkriege gezogenes Schwert könne
jemals von Richelieu vergeben und vergessen werden,
es sei möglich durch ruhmreiche Dienste den Haß des
mächtigen Ministers auszulöschen! . . . Er war so blind,
nicht einzusehen, daß gerade seine zu Frankreichs Ehre
verrichteten Heldenthaten für den Eifersüchtigen ein
Grund mehr waren, ihn zu beargwöhnen und ihn auf¬
zuopfern!

Wohin aber war es gekommen mit diesem christ¬
lichen Ritter? Er stand am Rande des Abgrundes, ein
verlorener Mann! . . . Und Jenatsch haßte ihn zu dieser
Stunde darum daß er ein Betrogener und Besiegter

ſeinen Gegner mit jenen wirkſamſten Waffen zu be¬
kämpfen, die Richelieu mit Meiſterſchaft führte! —
War es nicht möglich, dieſe von Rohan kindiſch ver¬
ſchmähten Waffen zu ergreifen? Dem Jäger ſelbſt eine
Schlinge zu legen?

Wo galt die menſchliche Gerechtigkeit, die der Herzog
verwirklichen wollte, — wo war ihr Urbild, die gött¬
liche, um ſie zu Ehren zu bringen und zu belohnen?
Eitle Träume beides! Ein frommer Thor nur konnte
daran glauben! . . . . Der Herzog war blöde genug zu
meinen, der Cardinal anerkenne die Gültigkeit des von
dem Mächtigen einem Schwachen gegebenen Wortes! Er
war thöricht genug zu wähnen, ein zu Gunſten der
Hugenoten im Bürgerkriege gezogenes Schwert könne
jemals von Richelieu vergeben und vergeſſen werden,
es ſei möglich durch ruhmreiche Dienſte den Haß des
mächtigen Miniſters auszulöſchen! . . . Er war ſo blind,
nicht einzuſehen, daß gerade ſeine zu Frankreichs Ehre
verrichteten Heldenthaten für den Eiferſüchtigen ein
Grund mehr waren, ihn zu beargwöhnen und ihn auf¬
zuopfern!

Wohin aber war es gekommen mit dieſem chriſt¬
lichen Ritter? Er ſtand am Rande des Abgrundes, ein
verlorener Mann! . . . Und Jenatſch haßte ihn zu dieſer
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[270/0280] ſeinen Gegner mit jenen wirkſamſten Waffen zu be¬ kämpfen, die Richelieu mit Meiſterſchaft führte! — War es nicht möglich, dieſe von Rohan kindiſch ver¬ ſchmähten Waffen zu ergreifen? Dem Jäger ſelbſt eine Schlinge zu legen? Wo galt die menſchliche Gerechtigkeit, die der Herzog verwirklichen wollte, — wo war ihr Urbild, die gött¬ liche, um ſie zu Ehren zu bringen und zu belohnen? Eitle Träume beides! Ein frommer Thor nur konnte daran glauben! . . . . Der Herzog war blöde genug zu meinen, der Cardinal anerkenne die Gültigkeit des von dem Mächtigen einem Schwachen gegebenen Wortes! Er war thöricht genug zu wähnen, ein zu Gunſten der Hugenoten im Bürgerkriege gezogenes Schwert könne jemals von Richelieu vergeben und vergeſſen werden, es ſei möglich durch ruhmreiche Dienſte den Haß des mächtigen Miniſters auszulöſchen! . . . Er war ſo blind, nicht einzuſehen, daß gerade ſeine zu Frankreichs Ehre verrichteten Heldenthaten für den Eiferſüchtigen ein Grund mehr waren, ihn zu beargwöhnen und ihn auf¬ zuopfern! Wohin aber war es gekommen mit dieſem chriſt¬ lichen Ritter? Er ſtand am Rande des Abgrundes, ein verlorener Mann! . . . Und Jenatſch haßte ihn zu dieſer Stunde darum daß er ein Betrogener und Beſiegter

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/280>, abgerufen am 28.04.2024.