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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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seinem Gaste den einen Krug überreichend, während er
den andern an die Lippen setzte, "und die Sanftmuth
selbst, -- sie hat von ihren katholischen Verwandten
meinetwegen viel zu leiden. Aber was hast Du da für
ein stattliches Pulverhorn, Freund? das ist ja das Erb¬
stück aus der Familie der Alexander! . . . Richtig, der
Alte in Pontresina ist gestorben und nun kommt es an
den wackern Blasius, meinen Collegen in Ardenn.
Darum könnt' ich ihn beneiden. Doch wie in aller
Welt kommst gerade Du dazu, es ins Veltlin zu
bringen?"

"Das gehört zu meinen Reiseerlebnissen, die ich
Dir später des Nähern berichten werde," erwiederte
Waser, der mit sich selbst noch nicht im Klaren war,
wie weit er das warnende Abenteuer der Maloja ent¬
hüllen könne, ohne gegen seinen Vorsatz von dem hei߬
blütigen Freunde aus der einen Mittheilung in die
andere fortgerissen zu werden. "Aber jetzt, lieber Jürg,
kläre mich vor allen Dingen auf über die merkwürdigen
Ereignisse, die in den letzten Jahren die Aufmerksam¬
keit aller Politiker auf Dein Vaterland lenkten. Quo¬
rum pars magna fuisti
! Du warst dabei die Haupt¬
person."

"Darüber kannst Du leichtlich besser unterrichtet
sein als ich, wenigstens was den Zusammenhang be¬

ſeinem Gaſte den einen Krug überreichend, während er
den andern an die Lippen ſetzte, „und die Sanftmuth
ſelbſt, — ſie hat von ihren katholiſchen Verwandten
meinetwegen viel zu leiden. Aber was haſt Du da für
ein ſtattliches Pulverhorn, Freund? das iſt ja das Erb¬
ſtück aus der Familie der Alexander! . . . Richtig, der
Alte in Pontreſina iſt geſtorben und nun kommt es an
den wackern Blaſius, meinen Collegen in Ardenn.
Darum könnt' ich ihn beneiden. Doch wie in aller
Welt kommſt gerade Du dazu, es ins Veltlin zu
bringen?“

„Das gehört zu meinen Reiſeerlebniſſen, die ich
Dir ſpäter des Nähern berichten werde,“ erwiederte
Waſer, der mit ſich ſelbſt noch nicht im Klaren war,
wie weit er das warnende Abenteuer der Maloja ent¬
hüllen könne, ohne gegen ſeinen Vorſatz von dem hei߬
blütigen Freunde aus der einen Mittheilung in die
andere fortgeriſſen zu werden. „Aber jetzt, lieber Jürg,
kläre mich vor allen Dingen auf über die merkwürdigen
Ereigniſſe, die in den letzten Jahren die Aufmerkſam¬
keit aller Politiker auf Dein Vaterland lenkten. Quo¬
rum pars magna fuisti
! Du warſt dabei die Haupt¬
perſon.“

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[50/0060] ſeinem Gaſte den einen Krug überreichend, während er den andern an die Lippen ſetzte, „und die Sanftmuth ſelbſt, — ſie hat von ihren katholiſchen Verwandten meinetwegen viel zu leiden. Aber was haſt Du da für ein ſtattliches Pulverhorn, Freund? das iſt ja das Erb¬ ſtück aus der Familie der Alexander! . . . Richtig, der Alte in Pontreſina iſt geſtorben und nun kommt es an den wackern Blaſius, meinen Collegen in Ardenn. Darum könnt' ich ihn beneiden. Doch wie in aller Welt kommſt gerade Du dazu, es ins Veltlin zu bringen?“ „Das gehört zu meinen Reiſeerlebniſſen, die ich Dir ſpäter des Nähern berichten werde,“ erwiederte Waſer, der mit ſich ſelbſt noch nicht im Klaren war, wie weit er das warnende Abenteuer der Maloja ent¬ hüllen könne, ohne gegen ſeinen Vorſatz von dem hei߬ blütigen Freunde aus der einen Mittheilung in die andere fortgeriſſen zu werden. „Aber jetzt, lieber Jürg, kläre mich vor allen Dingen auf über die merkwürdigen Ereigniſſe, die in den letzten Jahren die Aufmerkſam¬ keit aller Politiker auf Dein Vaterland lenkten. Quo¬ rum pars magna fuisti! Du warſt dabei die Haupt¬ perſon.“ „Darüber kannſt Du leichtlich beſſer unterrichtet ſein als ich, wenigſtens was den Zuſammenhang be¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/60>, abgerufen am 29.04.2024.