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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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trifft," antwortete Jenatsch, indem er den linken Fuß
auf den Schleifstein setzte und ein Bein über das andere
schlug, "Du arbeitest ja auf eurer Staatskanzlei und
die Herren von Zürich lassen sich nichts zu viel kosten,
um nur immer auf dem Laufenden zu bleiben. Uebrigens
ist Alles ganz natürlich zugegangen, verkettet nach
Ursache und Wirkung. Du weißt also, denn in eurer
Rathsstube mag es häufig aufs Tapet gekommen sein,
daß seit Jahren Spanien-Oesterreich unsere Katholiken
besticht, um unser Bündniß und freien Durchzug für
seine Kriegsbanden zu erlangen und uns jetzt, aus
Verdruß, durch seine Miethlinge nichts erreicht zu haben,
dort," er wies nach Süden, "die Festung Fuentes gegen
alle Verträge als eine tägliche Bedrohung an die Schwelle
unseres Landes Veltlin gesetzt hat. -- Wir können sie
morgen besuchen, Heinrich, wenn Du willst und Du
wirst bei Deinen gnädigen Herren in Zürich einen Stein
im Brete gewinnen durch die Beschreibung des an Ort
und Stelle besichtigten Streitobjectes. -- Das war
lästig, aber es ging uns nicht ans Leben. Dann aber,
als es jedem klar denkenden Kopfe zur Gewißheit wurde,
daß die katholischen Mächte zum Vernichtungskriege gegen
den deutschen Protestantismus rüsteten. . . ."

"Unbestreitbar," warf Waser ein.

". . . Da wurde es zur Lebensfrage für Spanien,

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trifft,“ antwortete Jenatſch, indem er den linken Fuß
auf den Schleifſtein ſetzte und ein Bein über das andere
ſchlug, „Du arbeiteſt ja auf eurer Staatskanzlei und
die Herren von Zürich laſſen ſich nichts zu viel koſten,
um nur immer auf dem Laufenden zu bleiben. Uebrigens
iſt Alles ganz natürlich zugegangen, verkettet nach
Urſache und Wirkung. Du weißt alſo, denn in eurer
Rathsſtube mag es häufig aufs Tapet gekommen ſein,
daß ſeit Jahren Spanien-Oeſterreich unſere Katholiken
beſticht, um unſer Bündniß und freien Durchzug für
ſeine Kriegsbanden zu erlangen und uns jetzt, aus
Verdruß, durch ſeine Miethlinge nichts erreicht zu haben,
dort,“ er wies nach Süden, „die Feſtung Fuentes gegen
alle Verträge als eine tägliche Bedrohung an die Schwelle
unſeres Landes Veltlin geſetzt hat. — Wir können ſie
morgen beſuchen, Heinrich, wenn Du willſt und Du
wirſt bei Deinen gnädigen Herren in Zürich einen Stein
im Brete gewinnen durch die Beſchreibung des an Ort
und Stelle beſichtigten Streitobjectes. — Das war
läſtig, aber es ging uns nicht ans Leben. Dann aber,
als es jedem klar denkenden Kopfe zur Gewißheit wurde,
daß die katholiſchen Mächte zum Vernichtungskriege gegen
den deutſchen Proteſtantismus rüſteten. . . .“

„Unbeſtreitbar,“ warf Waſer ein.

„. . . Da wurde es zur Lebensfrage für Spanien,

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[51/0061] trifft,“ antwortete Jenatſch, indem er den linken Fuß auf den Schleifſtein ſetzte und ein Bein über das andere ſchlug, „Du arbeiteſt ja auf eurer Staatskanzlei und die Herren von Zürich laſſen ſich nichts zu viel koſten, um nur immer auf dem Laufenden zu bleiben. Uebrigens iſt Alles ganz natürlich zugegangen, verkettet nach Urſache und Wirkung. Du weißt alſo, denn in eurer Rathsſtube mag es häufig aufs Tapet gekommen ſein, daß ſeit Jahren Spanien-Oeſterreich unſere Katholiken beſticht, um unſer Bündniß und freien Durchzug für ſeine Kriegsbanden zu erlangen und uns jetzt, aus Verdruß, durch ſeine Miethlinge nichts erreicht zu haben, dort,“ er wies nach Süden, „die Feſtung Fuentes gegen alle Verträge als eine tägliche Bedrohung an die Schwelle unſeres Landes Veltlin geſetzt hat. — Wir können ſie morgen beſuchen, Heinrich, wenn Du willſt und Du wirſt bei Deinen gnädigen Herren in Zürich einen Stein im Brete gewinnen durch die Beſchreibung des an Ort und Stelle beſichtigten Streitobjectes. — Das war läſtig, aber es ging uns nicht ans Leben. Dann aber, als es jedem klar denkenden Kopfe zur Gewißheit wurde, daß die katholiſchen Mächte zum Vernichtungskriege gegen den deutſchen Proteſtantismus rüſteten. . . .“ „Unbeſtreitbar,“ warf Waſer ein. „. . . Da wurde es zur Lebensfrage für Spanien, 4*

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/61>, abgerufen am 29.04.2024.