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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Junker so weit, daß die Gefängnißstrafe der Bäu-
rinn in eine Geldstrafe von drey Gulden verwan-
delt wurde, mit dem Anhang, sie soll so lang sitzen,
bis sie das Geld baar auszahle.

Junker Veit war beym Mittagsessen ganz
mismüthig, und sprach wenig. Es gieng ihm nah,
daß sich Siegwart und sein Sohn ihm widersetzt
hatten; besonders daß der letztere ihm vorgeworfen
hatte, er handle schlecht. Er konnte es auch nicht
vergessen, und fieng alle Augenblicke wieder an, da-
von zu reden. Kunigunde, die nun auf Sieg-
warts
und Kronhelms Seite war, und alles über
ihn vermochte, besänftigte ihn endlich wieder; und,
als ihm nach und nach der Wein zu Kopf stieg,
ward er wieder ganz munter und aufgeräumt.

Was willt du denn einmal werden? sagte er
zu Siegwart; doch ein Förster bey einem braven
Edelmann? nicht? -- Nein, antwortete Sieg-
wart;
ich will ein Geistlicher werden, ein Kapu-
ziner.

Veit: Ein Kapuziner? Ein Pfaff? Du wirst
doch klug seyn, Xaver? Gelt, es ist dir nicht
Ernst?



Junker ſo weit, daß die Gefaͤngnißſtrafe der Baͤu-
rinn in eine Geldſtrafe von drey Gulden verwan-
delt wurde, mit dem Anhang, ſie ſoll ſo lang ſitzen,
bis ſie das Geld baar auszahle.

Junker Veit war beym Mittagseſſen ganz
mismuͤthig, und ſprach wenig. Es gieng ihm nah,
daß ſich Siegwart und ſein Sohn ihm widerſetzt
hatten; beſonders daß der letztere ihm vorgeworfen
hatte, er handle ſchlecht. Er konnte es auch nicht
vergeſſen, und fieng alle Augenblicke wieder an, da-
von zu reden. Kunigunde, die nun auf Sieg-
warts
und Kronhelms Seite war, und alles uͤber
ihn vermochte, beſaͤnftigte ihn endlich wieder; und,
als ihm nach und nach der Wein zu Kopf ſtieg,
ward er wieder ganz munter und aufgeraͤumt.

Was willt du denn einmal werden? ſagte er
zu Siegwart; doch ein Foͤrſter bey einem braven
Edelmann? nicht? — Nein, antwortete Sieg-
wart;
ich will ein Geiſtlicher werden, ein Kapu-
ziner.

Veit: Ein Kapuziner? Ein Pfaff? Du wirſt
doch klug ſeyn, Xaver? Gelt, es iſt dir nicht
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[263/0267] Junker ſo weit, daß die Gefaͤngnißſtrafe der Baͤu- rinn in eine Geldſtrafe von drey Gulden verwan- delt wurde, mit dem Anhang, ſie ſoll ſo lang ſitzen, bis ſie das Geld baar auszahle. Junker Veit war beym Mittagseſſen ganz mismuͤthig, und ſprach wenig. Es gieng ihm nah, daß ſich Siegwart und ſein Sohn ihm widerſetzt hatten; beſonders daß der letztere ihm vorgeworfen hatte, er handle ſchlecht. Er konnte es auch nicht vergeſſen, und fieng alle Augenblicke wieder an, da- von zu reden. Kunigunde, die nun auf Sieg- warts und Kronhelms Seite war, und alles uͤber ihn vermochte, beſaͤnftigte ihn endlich wieder; und, als ihm nach und nach der Wein zu Kopf ſtieg, ward er wieder ganz munter und aufgeraͤumt. Was willt du denn einmal werden? ſagte er zu Siegwart; doch ein Foͤrſter bey einem braven Edelmann? nicht? — Nein, antwortete Sieg- wart; ich will ein Geiſtlicher werden, ein Kapu- ziner. Veit: Ein Kapuziner? Ein Pfaff? Du wirſt doch klug ſeyn, Xaver? Gelt, es iſt dir nicht Ernſt?

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/267>, abgerufen am 16.05.2024.