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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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beständig Vorwürfe deswegen hören müssen. Ja
so gehts bey den Blitzpfaffen; sagte Veit; da
ist das ewige Kommandiren und Einsperren! Da
werden die besten Leute durch verdorben, und zu
Dummköpfen gemacht, die nicht wissen, ob die Welt
grün oder gelb aussieht? Mit der einfältigen Ge-
lehrsamkelt! Jch hab in meinem Leben nie ge-
hört, daß ein Gelehrter 'n guten Soldaten, oder
Jäger abgeben hab. Da müst ihr nun wieder
in euer Klaus 'nein, und bey den dummen Bü-
chern schwitzen! Ja, da wär ich ein Narr! Da
ist mir Gott's freye Luft lieber! Könnt ich nur
jetzt drinn seyn! -- Er klagte noch so eine ziem-
liche Zeit fort, und erzälte dann wieder von sei-
nem Soldatenstand, und von seinen Jägerthaten.
Endlich nahmen seine Schmerzen etwas ab, und
er ließ sich aus dem Bette heben. Bey Tisch
wurd er wieder ganz munter, und mit den Schmer-
zen verliessen ihn auch seine ernsthaften Gedan-
ken wieder. Ueber Tisch ließ sich der Pfarrer
aus dem Dorfe melden. Hah, hah! sagte Veit,
der riecht den Braten; Nun, last ihn nur kom-
men! Er wird wieder durstig seyn, und da weiß
er, daß er am ersten etwas kriegt, wenn ich krank



beſtaͤndig Vorwuͤrfe deswegen hoͤren muͤſſen. Ja
ſo gehts bey den Blitzpfaffen; ſagte Veit; da
iſt das ewige Kommandiren und Einſperren! Da
werden die beſten Leute durch verdorben, und zu
Dummkoͤpfen gemacht, die nicht wiſſen, ob die Welt
gruͤn oder gelb ausſieht? Mit der einfaͤltigen Ge-
lehrſamkelt! Jch hab in meinem Leben nie ge-
hoͤrt, daß ein Gelehrter ’n guten Soldaten, oder
Jaͤger abgeben hab. Da muͤſt ihr nun wieder
in euer Klaus ’nein, und bey den dummen Buͤ-
chern ſchwitzen! Ja, da waͤr ich ein Narr! Da
iſt mir Gott’s freye Luft lieber! Koͤnnt ich nur
jetzt drinn ſeyn! — Er klagte noch ſo eine ziem-
liche Zeit fort, und erzaͤlte dann wieder von ſei-
nem Soldatenſtand, und von ſeinen Jaͤgerthaten.
Endlich nahmen ſeine Schmerzen etwas ab, und
er ließ ſich aus dem Bette heben. Bey Tiſch
wurd er wieder ganz munter, und mit den Schmer-
zen verlieſſen ihn auch ſeine ernſthaften Gedan-
ken wieder. Ueber Tiſch ließ ſich der Pfarrer
aus dem Dorfe melden. Hah, hah! ſagte Veit,
der riecht den Braten; Nun, laſt ihn nur kom-
men! Er wird wieder durſtig ſeyn, und da weiß
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[298/0302] beſtaͤndig Vorwuͤrfe deswegen hoͤren muͤſſen. Ja ſo gehts bey den Blitzpfaffen; ſagte Veit; da iſt das ewige Kommandiren und Einſperren! Da werden die beſten Leute durch verdorben, und zu Dummkoͤpfen gemacht, die nicht wiſſen, ob die Welt gruͤn oder gelb ausſieht? Mit der einfaͤltigen Ge- lehrſamkelt! Jch hab in meinem Leben nie ge- hoͤrt, daß ein Gelehrter ’n guten Soldaten, oder Jaͤger abgeben hab. Da muͤſt ihr nun wieder in euer Klaus ’nein, und bey den dummen Buͤ- chern ſchwitzen! Ja, da waͤr ich ein Narr! Da iſt mir Gott’s freye Luft lieber! Koͤnnt ich nur jetzt drinn ſeyn! — Er klagte noch ſo eine ziem- liche Zeit fort, und erzaͤlte dann wieder von ſei- nem Soldatenſtand, und von ſeinen Jaͤgerthaten. Endlich nahmen ſeine Schmerzen etwas ab, und er ließ ſich aus dem Bette heben. Bey Tiſch wurd er wieder ganz munter, und mit den Schmer- zen verlieſſen ihn auch ſeine ernſthaften Gedan- ken wieder. Ueber Tiſch ließ ſich der Pfarrer aus dem Dorfe melden. Hah, hah! ſagte Veit, der riecht den Braten; Nun, laſt ihn nur kom- men! Er wird wieder durſtig ſeyn, und da weiß er, daß er am erſten etwas kriegt, wenn ich krank

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/302>, abgerufen am 13.05.2024.