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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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Als er von hintenzu durch den Garten nach
dem Hause gieng, sah er in der Ecke des Gattens
den Sohn vom Hause iraurig da stehn, und am
Zaun was ausbessern. Der junge Mensch nahm
den Hut freundlich ab, und sah dem Pater lange
schwermüthig nach. Dies bemerkte der junge
Siegwart, und hatte Mitleid mit ihm. Sie tra-
ten ins Haus, und trafen den Bauren an, der
eben aufs Feld hinaus gehen wollte. Hastig lehnte
er die Harke an die Wand, nahm den Hut ab,
und rief: O Herr Pater, seyn Sie mir tausendmal
willkommen. Jch hab schon so gar lang auf Sie
gewartet, wollt was wichtiges mit Jhnen reden.
Sieh, das ist ja des Herrn Amtmanns Sohn; will-
komm, junger Herr! Wo bringen Sie denn den her,
Jhr Wohlehrwürd? Vom Kloster, sagte Anton,
er ist bey uns, und will auch ein Geistlicher wer-
den. Ey, Ey, sprach der Bauer, das ist schön!
Ja, ja, der Herr Amtmann hat halt mehr Kin-
der, da muß er schon sehen, wie ers unterbringt.
Treten Sie doch in die Stub, Jhr Wohlehrwürd!
Hier aussen siehts aus, wie in Kaiser Karls Rüst-
kammer. Jch will gleich wieder bey der Hand seyn;
Gehen Sie nur zu!



Als er von hintenzu durch den Garten nach
dem Hauſe gieng, ſah er in der Ecke des Gattens
den Sohn vom Hauſe iraurig da ſtehn, und am
Zaun was ausbeſſern. Der junge Menſch nahm
den Hut freundlich ab, und ſah dem Pater lange
ſchwermuͤthig nach. Dies bemerkte der junge
Siegwart, und hatte Mitleid mit ihm. Sie tra-
ten ins Haus, und trafen den Bauren an, der
eben aufs Feld hinaus gehen wollte. Haſtig lehnte
er die Harke an die Wand, nahm den Hut ab,
und rief: O Herr Pater, ſeyn Sie mir tauſendmal
willkommen. Jch hab ſchon ſo gar lang auf Sie
gewartet, wollt was wichtiges mit Jhnen reden.
Sieh, das iſt ja des Herrn Amtmanns Sohn; will-
komm, junger Herr! Wo bringen Sie denn den her,
Jhr Wohlehrwuͤrd? Vom Kloſter, ſagte Anton,
er iſt bey uns, und will auch ein Geiſtlicher wer-
den. Ey, Ey, ſprach der Bauer, das iſt ſchoͤn!
Ja, ja, der Herr Amtmann hat halt mehr Kin-
der, da muß er ſchon ſehen, wie ers unterbringt.
Treten Sie doch in die Stub, Jhr Wohlehrwuͤrd!
Hier auſſen ſiehts aus, wie in Kaiſer Karls Ruͤſt-
kammer. Jch will gleich wieder bey der Hand ſeyn;
Gehen Sie nur zu!

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[66/0070] Als er von hintenzu durch den Garten nach dem Hauſe gieng, ſah er in der Ecke des Gattens den Sohn vom Hauſe iraurig da ſtehn, und am Zaun was ausbeſſern. Der junge Menſch nahm den Hut freundlich ab, und ſah dem Pater lange ſchwermuͤthig nach. Dies bemerkte der junge Siegwart, und hatte Mitleid mit ihm. Sie tra- ten ins Haus, und trafen den Bauren an, der eben aufs Feld hinaus gehen wollte. Haſtig lehnte er die Harke an die Wand, nahm den Hut ab, und rief: O Herr Pater, ſeyn Sie mir tauſendmal willkommen. Jch hab ſchon ſo gar lang auf Sie gewartet, wollt was wichtiges mit Jhnen reden. Sieh, das iſt ja des Herrn Amtmanns Sohn; will- komm, junger Herr! Wo bringen Sie denn den her, Jhr Wohlehrwuͤrd? Vom Kloſter, ſagte Anton, er iſt bey uns, und will auch ein Geiſtlicher wer- den. Ey, Ey, ſprach der Bauer, das iſt ſchoͤn! Ja, ja, der Herr Amtmann hat halt mehr Kin- der, da muß er ſchon ſehen, wie ers unterbringt. Treten Sie doch in die Stub, Jhr Wohlehrwuͤrd! Hier auſſen ſiehts aus, wie in Kaiſer Karls Ruͤſt- kammer. Jch will gleich wieder bey der Hand ſeyn; Gehen Sie nur zu!

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/70>, abgerufen am 30.04.2024.