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Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776.

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bat sich endlich vom Prälaten die Erlaubnis aus,
auf einige Tage nach Augspurg reisen zu dürfen.
Hier gieng er ins Jesuiterkollegium, wies ein Ver-
zeichnis von seinen Büchern und Jnstrumenten
vor, bot es feil, und ward endlich mit den Jesui-
ten eins, ihnen die ganze Sammlung um 400
Gulden zu überlassen. Das Geld, bat er, möch-
ten sie gleich, wenn sie die Sachen in Empfang
genommen hätten, seiner Mutter nach Franken schik-
ken. Als er den Handel schon getroffen hatte, bat
er die Jesuiten inständig, ihm zu seinem Gebrauch,
so lang er lebte, einen Tubus und nur ein paar
Bücher, die er sehr werth hielt, zu überlassen; erst
sollte alles schriftlich protokollirt, und ihnen das
Rückständige zugeschickt werden, so bald er todt wäre.
Aber das war nun zu spät, die Jesuiten waren
harte Leute, und sagten, der ganze Handel sollte
rückgängig werden, wenn sie nicht sogleich alles
bekämen.

Nun in Gottes Namen, sagte er, ich muß
mir alles gefallen lassen! Jn 4 Tagen sollen Sie
alles bekommen, was auf diesem Zettel steht; wenn
nur meine arme Mutter das Geld gleich erhält.

Er kam wieder ins Kloster zurück, sah munte-
rer aus und packte alles ein, was er hatte. Jch



bat ſich endlich vom Praͤlaten die Erlaubnis aus,
auf einige Tage nach Augſpurg reiſen zu duͤrfen.
Hier gieng er ins Jeſuiterkollegium, wies ein Ver-
zeichnis von ſeinen Buͤchern und Jnſtrumenten
vor, bot es feil, und ward endlich mit den Jeſui-
ten eins, ihnen die ganze Sammlung um 400
Gulden zu uͤberlaſſen. Das Geld, bat er, moͤch-
ten ſie gleich, wenn ſie die Sachen in Empfang
genommen haͤtten, ſeiner Mutter nach Franken ſchik-
ken. Als er den Handel ſchon getroffen hatte, bat
er die Jeſuiten inſtaͤndig, ihm zu ſeinem Gebrauch,
ſo lang er lebte, einen Tubus und nur ein paar
Buͤcher, die er ſehr werth hielt, zu uͤberlaſſen; erſt
ſollte alles ſchriftlich protokollirt, und ihnen das
Ruͤckſtaͤndige zugeſchickt werden, ſo bald er todt waͤre.
Aber das war nun zu ſpaͤt, die Jeſuiten waren
harte Leute, und ſagten, der ganze Handel ſollte
ruͤckgaͤngig werden, wenn ſie nicht ſogleich alles
bekaͤmen.

Nun in Gottes Namen, ſagte er, ich muß
mir alles gefallen laſſen! Jn 4 Tagen ſollen Sie
alles bekommen, was auf dieſem Zettel ſteht; wenn
nur meine arme Mutter das Geld gleich erhaͤlt.

Er kam wieder ins Kloſter zuruͤck, ſah munte-
rer aus und packte alles ein, was er hatte. Jch

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[91/0095] bat ſich endlich vom Praͤlaten die Erlaubnis aus, auf einige Tage nach Augſpurg reiſen zu duͤrfen. Hier gieng er ins Jeſuiterkollegium, wies ein Ver- zeichnis von ſeinen Buͤchern und Jnſtrumenten vor, bot es feil, und ward endlich mit den Jeſui- ten eins, ihnen die ganze Sammlung um 400 Gulden zu uͤberlaſſen. Das Geld, bat er, moͤch- ten ſie gleich, wenn ſie die Sachen in Empfang genommen haͤtten, ſeiner Mutter nach Franken ſchik- ken. Als er den Handel ſchon getroffen hatte, bat er die Jeſuiten inſtaͤndig, ihm zu ſeinem Gebrauch, ſo lang er lebte, einen Tubus und nur ein paar Buͤcher, die er ſehr werth hielt, zu uͤberlaſſen; erſt ſollte alles ſchriftlich protokollirt, und ihnen das Ruͤckſtaͤndige zugeſchickt werden, ſo bald er todt waͤre. Aber das war nun zu ſpaͤt, die Jeſuiten waren harte Leute, und ſagten, der ganze Handel ſollte ruͤckgaͤngig werden, wenn ſie nicht ſogleich alles bekaͤmen. Nun in Gottes Namen, ſagte er, ich muß mir alles gefallen laſſen! Jn 4 Tagen ſollen Sie alles bekommen, was auf dieſem Zettel ſteht; wenn nur meine arme Mutter das Geld gleich erhaͤlt. Er kam wieder ins Kloſter zuruͤck, ſah munte- rer aus und packte alles ein, was er hatte. Jch

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Zitationshilfe: Miller, Johann Martin: Siegwart. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/miller_siegwart01_1776/95>, abgerufen am 30.04.2024.