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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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unschuldigsten Schlafes erfreut. Befehlen Sie und
ich stehe persönlich Ihro Gnaden Rede über meinen
mir selbst unfaßlichen Frevel. Mit aufrichtiger Be¬
schämung

Hochdero
unterthänigster Diener
W. A. Mozart,
auf dem Wege nach Prag."

Er übergab das Billet, ziemlich ungeschickt zusam¬
mengefaltet, dem peinlich wartenden Diener mit der
nöthigen Weisung.

Der Unhold hatte sich nicht sobald entfernt, als
man an der hinteren Seite des Schlosses ein Gefährt
in den Hof rollen hörte. Es war der Graf, der eine
Nichte und ihren Bräutigam, einen jungen reichen
Baron, vom benachbarten Gut herüberbrachte. Da
die Mutter des letztern seit Jahren das Haus nicht
mehr verließ, war die Verlobung heute bei ihr ge¬
halten worden; nun sollte dieses Fest in einer fröh¬
lichen Nachfeier mit einigen Verwandten auch hier
begangen werden, wo Eugenie gleich einer eigenen
Tochter seit ihrer Kindheit eine zweite Heimath fand.
Die Gräfin war mit ihrem Sohne Max, dem Lieu¬
tenant, etwas früher nach Hause gefahren, um noch

unſchuldigſten Schlafes erfreut. Befehlen Sie und
ich ſtehe perſönlich Ihro Gnaden Rede über meinen
mir ſelbſt unfaßlichen Frevel. Mit aufrichtiger Be¬
ſchämung

Hochdero
unterthänigſter Diener
W. A. Mozart,
auf dem Wege nach Prag.“

Er übergab das Billet, ziemlich ungeſchickt zuſam¬
mengefaltet, dem peinlich wartenden Diener mit der
nöthigen Weiſung.

Der Unhold hatte ſich nicht ſobald entfernt, als
man an der hinteren Seite des Schloſſes ein Gefährt
in den Hof rollen hörte. Es war der Graf, der eine
Nichte und ihren Bräutigam, einen jungen reichen
Baron, vom benachbarten Gut herüberbrachte. Da
die Mutter des letztern ſeit Jahren das Haus nicht
mehr verließ, war die Verlobung heute bei ihr ge¬
halten worden; nun ſollte dieſes Feſt in einer fröh¬
lichen Nachfeier mit einigen Verwandten auch hier
begangen werden, wo Eugenie gleich einer eigenen
Tochter ſeit ihrer Kindheit eine zweite Heimath fand.
Die Gräfin war mit ihrem Sohne Max, dem Lieu¬
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[32/0044] unſchuldigſten Schlafes erfreut. Befehlen Sie und ich ſtehe perſönlich Ihro Gnaden Rede über meinen mir ſelbſt unfaßlichen Frevel. Mit aufrichtiger Be¬ ſchämung Hochdero unterthänigſter Diener W. A. Mozart, auf dem Wege nach Prag.“ Er übergab das Billet, ziemlich ungeſchickt zuſam¬ mengefaltet, dem peinlich wartenden Diener mit der nöthigen Weiſung. Der Unhold hatte ſich nicht ſobald entfernt, als man an der hinteren Seite des Schloſſes ein Gefährt in den Hof rollen hörte. Es war der Graf, der eine Nichte und ihren Bräutigam, einen jungen reichen Baron, vom benachbarten Gut herüberbrachte. Da die Mutter des letztern ſeit Jahren das Haus nicht mehr verließ, war die Verlobung heute bei ihr ge¬ halten worden; nun ſollte dieſes Feſt in einer fröh¬ lichen Nachfeier mit einigen Verwandten auch hier begangen werden, wo Eugenie gleich einer eigenen Tochter ſeit ihrer Kindheit eine zweite Heimath fand. Die Gräfin war mit ihrem Sohne Max, dem Lieu¬ tenant, etwas früher nach Hauſe gefahren, um noch

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/44>, abgerufen am 27.04.2024.