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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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wir nun demnächst auf einige Wochen nach Wien
gehen werden, so war ihr eine Einladung beim Für¬
sten Gallizin, wo man Sie öfter findet, von den
Verwandten versprochen. Jetzt aber reisen Sie nach
Prag, werden sobald nicht wiederkehren, und Gott
weiß, ob Sie der Rückweg zu uns führt. Machen
Sie heute und morgen Rasttag! Das Fuhrwerk
schicken wir sogleich nach Hause und mir erlauben
Sie die Sorge für Ihr Weiterkommen."

Der Componist, welcher in solchen Fällen der
Freundschaft oder dem Vergnügen leicht zehnmal mehr,
als hier gefordert war, zum Opfer brachte, besann
sich nicht lange; er sagte diesen einen halben Tag
mit Freuden zu, dagegen sollte morgen mit dem
Frühesten die Reise fortgesetzt werden. Graf Max
erbat sich das Vergnügen, Madame Mozart abzuho¬
len und alles Nöthige im Wirthshaus abzumachen.
Er ging, ein Wagen sollte ihm gleich auf dem Fuße
nachfolgen.

Von diesem jungen Mann bemerken wir bei¬
läufig, daß er mit einem, von Vater und Mutter
angeerbten, heitern Sinn Talent und Liebe für schöne
Wissenschaften verband, und ohne wahre Neigung zum
Soldatenstand sich doch als Offizier durch Kenntnisse

wir nun demnächſt auf einige Wochen nach Wien
gehen werden, ſo war ihr eine Einladung beim Für¬
ſten Gallizin, wo man Sie öfter findet, von den
Verwandten verſprochen. Jetzt aber reiſen Sie nach
Prag, werden ſobald nicht wiederkehren, und Gott
weiß, ob Sie der Rückweg zu uns führt. Machen
Sie heute und morgen Raſttag! Das Fuhrwerk
ſchicken wir ſogleich nach Hauſe und mir erlauben
Sie die Sorge für Ihr Weiterkommen.“

Der Componiſt, welcher in ſolchen Fällen der
Freundſchaft oder dem Vergnügen leicht zehnmal mehr,
als hier gefordert war, zum Opfer brachte, beſann
ſich nicht lange; er ſagte dieſen einen halben Tag
mit Freuden zu, dagegen ſollte morgen mit dem
Früheſten die Reiſe fortgeſetzt werden. Graf Max
erbat ſich das Vergnügen, Madame Mozart abzuho¬
len und alles Nöthige im Wirthshaus abzumachen.
Er ging, ein Wagen ſollte ihm gleich auf dem Fuße
nachfolgen.

Von dieſem jungen Mann bemerken wir bei¬
läufig, daß er mit einem, von Vater und Mutter
angeerbten, heitern Sinn Talent und Liebe für ſchöne
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[37/0049] wir nun demnächſt auf einige Wochen nach Wien gehen werden, ſo war ihr eine Einladung beim Für¬ ſten Gallizin, wo man Sie öfter findet, von den Verwandten verſprochen. Jetzt aber reiſen Sie nach Prag, werden ſobald nicht wiederkehren, und Gott weiß, ob Sie der Rückweg zu uns führt. Machen Sie heute und morgen Raſttag! Das Fuhrwerk ſchicken wir ſogleich nach Hauſe und mir erlauben Sie die Sorge für Ihr Weiterkommen.“ Der Componiſt, welcher in ſolchen Fällen der Freundſchaft oder dem Vergnügen leicht zehnmal mehr, als hier gefordert war, zum Opfer brachte, beſann ſich nicht lange; er ſagte dieſen einen halben Tag mit Freuden zu, dagegen ſollte morgen mit dem Früheſten die Reiſe fortgeſetzt werden. Graf Max erbat ſich das Vergnügen, Madame Mozart abzuho¬ len und alles Nöthige im Wirthshaus abzumachen. Er ging, ein Wagen ſollte ihm gleich auf dem Fuße nachfolgen. Von dieſem jungen Mann bemerken wir bei¬ läufig, daß er mit einem, von Vater und Mutter angeerbten, heitern Sinn Talent und Liebe für ſchöne Wiſſenſchaften verband, und ohne wahre Neigung zum Soldatenſtand ſich doch als Offizier durch Kenntniſſe

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/49>, abgerufen am 28.04.2024.