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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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Damit mich deine fluchenswerthe Gunst
Gefesselt hält in seligem Erkranken,
Mich sättigend mit schwülem Zauberdunst,
Mir zeigend aller Liebesreize Kunst,
Indeß du dich in stillem Gram verzehrst
Um den Genuß, den du dir selbst verwehrst?
Denn dieser Leib, trotz deinen Mitteln allen,
Ist noch dem Blut, das ihn gezeugt, verfallen;
Umsonst, daß ich den deinen an mich drücke,
Vergebens diese durstig schöne Brust,
So bleiben unsre Küsse, unsre Blicke
Fruchtlose Boten unbegränzter Lust!

(für sich.)
Weh! muß ich eitle Liebesklage heucheln,
Mir Mitleid und Erlösung zu erschmeicheln? --

Darum, unsterblich Weib, ich bitte sehr,
Verkenne dich und mich nicht länger mehr!
Verbanne mich aus deinem Angesicht,
So endigst du dieß jammervolle Schwanken,
Mein unwerth Bildniß trage länger nicht
Im goldnen Netze liebender Gedanken!
Thereile.
Ganz recht! was ungleich ist, wer kann es paaren?
Wann wäre Hochzeit zwischen Hund und Katze?
Und doch, sie sind sich gleich bis auf die Tatze.
Wie soll, obwohl er Flossen hat, der Pfeil
Alsbald, dem Fische gleich, den See befahren?
Hat ja ein edes Ding sein zugemessen Theil;
Damit mich deine fluchenswerthe Gunſt
Gefeſſelt hält in ſeligem Erkranken,
Mich ſättigend mit ſchwülem Zauberdunſt,
Mir zeigend aller Liebesreize Kunſt,
Indeß du dich in ſtillem Gram verzehrſt
Um den Genuß, den du dir ſelbſt verwehrſt?
Denn dieſer Leib, trotz deinen Mitteln allen,
Iſt noch dem Blut, das ihn gezeugt, verfallen;
Umſonſt, daß ich den deinen an mich drücke,
Vergebens dieſe durſtig ſchöne Bruſt,
So bleiben unſre Küſſe, unſre Blicke
Fruchtloſe Boten unbegränzter Luſt!

(für ſich.)
Weh! muß ich eitle Liebesklage heucheln,
Mir Mitleid und Erlöſung zu erſchmeicheln? —

Darum, unſterblich Weib, ich bitte ſehr,
Verkenne dich und mich nicht länger mehr!
Verbanne mich aus deinem Angeſicht,
So endigſt du dieß jammervolle Schwanken,
Mein unwerth Bildniß trage länger nicht
Im goldnen Netze liebender Gedanken!
Thereile.
Ganz recht! was ungleich iſt, wer kann es paaren?
Wann wäre Hochzeit zwiſchen Hund und Katze?
Und doch, ſie ſind ſich gleich bis auf die Tatze.
Wie ſoll, obwohl er Floſſen hat, der Pfeil
Alsbald, dem Fiſche gleich, den See befahren?
Hat ja ein edes Ding ſein zugemeſſen Theil;
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[168/0176] Damit mich deine fluchenswerthe Gunſt Gefeſſelt hält in ſeligem Erkranken, Mich ſättigend mit ſchwülem Zauberdunſt, Mir zeigend aller Liebesreize Kunſt, Indeß du dich in ſtillem Gram verzehrſt Um den Genuß, den du dir ſelbſt verwehrſt? Denn dieſer Leib, trotz deinen Mitteln allen, Iſt noch dem Blut, das ihn gezeugt, verfallen; Umſonſt, daß ich den deinen an mich drücke, Vergebens dieſe durſtig ſchöne Bruſt, So bleiben unſre Küſſe, unſre Blicke Fruchtloſe Boten unbegränzter Luſt! (für ſich.) Weh! muß ich eitle Liebesklage heucheln, Mir Mitleid und Erlöſung zu erſchmeicheln? — Darum, unſterblich Weib, ich bitte ſehr, Verkenne dich und mich nicht länger mehr! Verbanne mich aus deinem Angeſicht, So endigſt du dieß jammervolle Schwanken, Mein unwerth Bildniß trage länger nicht Im goldnen Netze liebender Gedanken! Thereile. Ganz recht! was ungleich iſt, wer kann es paaren? Wann wäre Hochzeit zwiſchen Hund und Katze? Und doch, ſie ſind ſich gleich bis auf die Tatze. Wie ſoll, obwohl er Floſſen hat, der Pfeil Alsbald, dem Fiſche gleich, den See befahren? Hat ja ein edes Ding ſein zugemeſſen Theil;

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/176>, abgerufen am 01.05.2024.