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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
fugnisse haben, Privilegien zu ertheilen oder einzuschränken;
sondern nach würklich ertheilten oder erlangten Privilegien
ihr Urtheil abmessen müssen. Aber wer von euch, wird eine
Sache zur richterlichen Erkenntniß bringen, die ihrer Natur
nach nicht dahin gehören kan?

Der Himmel behüte mich zu sagen, daß nun, so bald die
Post angelegt, keiner zu Fuße oder zu Pferde gehen solle,
ohne sich derselben zu bedienen; oder daß ein jeder durchaus
das Quellwasser kaufen solle, was durch die Wasserleitung in
die Stadt kommen wird. Ich zwinge niemand auf meine
Mühle zu kommen, und derjenige, der die Kirche anlegen
will, soll nicht fordern, daß ich durchaus hineinkommen, und
ihm die Miethe für den Platz bezahlen soll. Nein, meine
Freunde, diese sträfliche Absicht habe ich nicht. Jeder von
euch mag sich so gut behelfen, wie er sich beholfen hat, ehe
Mühle, Kirche und Wasserleitung angelegt worden; das
Wasser der Quelle am Berge mag unverkauft bleiben, wenn
uns der Himmel noch eine spätere Quelle mitten in der Stadt
beschert. Ich fordere nur das Recht, daß keiner nach mir
eine mit der meinigen ähnliche Anstalt ohne euer gemeine Be-
willigung anlegen soll; ich verlange nur, daß es nicht in ei-
nes jeden freyen Willkühr stehen soll, das zu thun, was ich
gethan habe. Diese einzige Einschränkung ist alles was ich
fordere, und mit Recht zu fordern glaube. Es ist das Recht
was die Natur in solchen Fällen dem Erstern gegeben hat;
es ist gleichsam das Recht der Erstgeburt.

Euer Urtheil ist allezeit frey. Wenn die Bevölkerung sich
vermehrt, wenn der Staat sich vergrößert, wenn der Handel
zunimmt, und die Umstände eine Erweiterung der vorhande-
nen Anstalten erfordern: so beruhet das Maaß der Erweite-
rung bey euch. Ihr könnt eine zweyte Mühle zulassen, noch

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eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh.
fugniſſe haben, Privilegien zu ertheilen oder einzuſchraͤnken;
ſondern nach wuͤrklich ertheilten oder erlangten Privilegien
ihr Urtheil abmeſſen muͤſſen. Aber wer von euch, wird eine
Sache zur richterlichen Erkenntniß bringen, die ihrer Natur
nach nicht dahin gehoͤren kan?

Der Himmel behuͤte mich zu ſagen, daß nun, ſo bald die
Poſt angelegt, keiner zu Fuße oder zu Pferde gehen ſolle,
ohne ſich derſelben zu bedienen; oder daß ein jeder durchaus
das Quellwaſſer kaufen ſolle, was durch die Waſſerleitung in
die Stadt kommen wird. Ich zwinge niemand auf meine
Muͤhle zu kommen, und derjenige, der die Kirche anlegen
will, ſoll nicht fordern, daß ich durchaus hineinkommen, und
ihm die Miethe fuͤr den Platz bezahlen ſoll. Nein, meine
Freunde, dieſe ſtraͤfliche Abſicht habe ich nicht. Jeder von
euch mag ſich ſo gut behelfen, wie er ſich beholfen hat, ehe
Muͤhle, Kirche und Waſſerleitung angelegt worden; das
Waſſer der Quelle am Berge mag unverkauft bleiben, wenn
uns der Himmel noch eine ſpaͤtere Quelle mitten in der Stadt
beſchert. Ich fordere nur das Recht, daß keiner nach mir
eine mit der meinigen aͤhnliche Anſtalt ohne euer gemeine Be-
willigung anlegen ſoll; ich verlange nur, daß es nicht in ei-
nes jeden freyen Willkuͤhr ſtehen ſoll, das zu thun, was ich
gethan habe. Dieſe einzige Einſchraͤnkung iſt alles was ich
fordere, und mit Recht zu fordern glaube. Es iſt das Recht
was die Natur in ſolchen Faͤllen dem Erſtern gegeben hat;
es iſt gleichſam das Recht der Erſtgeburt.

Euer Urtheil iſt allezeit frey. Wenn die Bevoͤlkerung ſich
vermehrt, wenn der Staat ſich vergroͤßert, wenn der Handel
zunimmt, und die Umſtaͤnde eine Erweiterung der vorhande-
nen Anſtalten erfordern: ſo beruhet das Maaß der Erweite-
rung bey euch. Ihr koͤnnt eine zweyte Muͤhle zulaſſen, noch

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[407/0425] eine Rede auf ein. neuen Dorfe in Jamaica geh. fugniſſe haben, Privilegien zu ertheilen oder einzuſchraͤnken; ſondern nach wuͤrklich ertheilten oder erlangten Privilegien ihr Urtheil abmeſſen muͤſſen. Aber wer von euch, wird eine Sache zur richterlichen Erkenntniß bringen, die ihrer Natur nach nicht dahin gehoͤren kan? Der Himmel behuͤte mich zu ſagen, daß nun, ſo bald die Poſt angelegt, keiner zu Fuße oder zu Pferde gehen ſolle, ohne ſich derſelben zu bedienen; oder daß ein jeder durchaus das Quellwaſſer kaufen ſolle, was durch die Waſſerleitung in die Stadt kommen wird. Ich zwinge niemand auf meine Muͤhle zu kommen, und derjenige, der die Kirche anlegen will, ſoll nicht fordern, daß ich durchaus hineinkommen, und ihm die Miethe fuͤr den Platz bezahlen ſoll. Nein, meine Freunde, dieſe ſtraͤfliche Abſicht habe ich nicht. Jeder von euch mag ſich ſo gut behelfen, wie er ſich beholfen hat, ehe Muͤhle, Kirche und Waſſerleitung angelegt worden; das Waſſer der Quelle am Berge mag unverkauft bleiben, wenn uns der Himmel noch eine ſpaͤtere Quelle mitten in der Stadt beſchert. Ich fordere nur das Recht, daß keiner nach mir eine mit der meinigen aͤhnliche Anſtalt ohne euer gemeine Be- willigung anlegen ſoll; ich verlange nur, daß es nicht in ei- nes jeden freyen Willkuͤhr ſtehen ſoll, das zu thun, was ich gethan habe. Dieſe einzige Einſchraͤnkung iſt alles was ich fordere, und mit Recht zu fordern glaube. Es iſt das Recht was die Natur in ſolchen Faͤllen dem Erſtern gegeben hat; es iſt gleichſam das Recht der Erſtgeburt. Euer Urtheil iſt allezeit frey. Wenn die Bevoͤlkerung ſich vermehrt, wenn der Staat ſich vergroͤßert, wenn der Handel zunimmt, und die Umſtaͤnde eine Erweiterung der vorhande- nen Anſtalten erfordern: ſo beruhet das Maaß der Erweite- rung bey euch. Ihr koͤnnt eine zweyte Muͤhle zulaſſen, noch ein C c 4

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/425>, abgerufen am 15.05.2024.