Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

wegen Freylassung ihrer Einbehörigen.
verbrechen, mit Gefängniß auch wohl mit dem spanischen
Mantel bestrafen zu dürfen. Allein Leute, die nach der Will-
kühr eines Schutzherrn unter solchen Strafen stehen, sind
keine wahre Freyen, sondern Zwitter, die so wenig den Ton
als den Muth rechtlicher Leute bekommen werden; und wo
dieser Endzweck verfehlt wird, da ist es weit besser, die ganze
Leibeigenschaft in ihrer völligen Strenge beyzubehalten.
Meines Mannes Absicht ist den Seinigen ein richtiges Ge-
fühl der Ehre beyzubringen, und sie durch dieses zu guten
Haushältern und vermögenden Pächtern zu machen, die
ihm das Seinige mit dankbarer Freude geben sollen ...

Schreiberin dieses, meine älteste Tochter, welcher ich
den Anfang dieses Briefes in die Feder gab, und ihr her-
nach das übrige aus meines Mannes Papieren zusammen
zu schreiben befohlen, ist ...

Denken Sie doch, liebste Freundin! das närrische Mäd-
gen ist davon gelaufen, und wollte nicht schreiben, daß sie
die Braut wäre, ich muß es also wohl eigenhändig hinzu-
setzen, daß sie den Herrn von R .. heyrathet, und ich sie
zur Strafe, weil sie gestern das Jawort nicht aussprechen
wollte, dieses entsetzliche Paket habe schreiben lassen. Ich
wußte es aber auch nicht besser anzufangen, um ihnen die
verlangte Nachricht zu geben. In meinem Leben hatte ich
so viel nicht zusammen gebracht etc.



LIV.

wegen Freylaſſung ihrer Einbehoͤrigen.
verbrechen, mit Gefaͤngniß auch wohl mit dem ſpaniſchen
Mantel beſtrafen zu duͤrfen. Allein Leute, die nach der Will-
kuͤhr eines Schutzherrn unter ſolchen Strafen ſtehen, ſind
keine wahre Freyen, ſondern Zwitter, die ſo wenig den Ton
als den Muth rechtlicher Leute bekommen werden; und wo
dieſer Endzweck verfehlt wird, da iſt es weit beſſer, die ganze
Leibeigenſchaft in ihrer voͤlligen Strenge beyzubehalten.
Meines Mannes Abſicht iſt den Seinigen ein richtiges Ge-
fuͤhl der Ehre beyzubringen, und ſie durch dieſes zu guten
Haushaͤltern und vermoͤgenden Paͤchtern zu machen, die
ihm das Seinige mit dankbarer Freude geben ſollen …

Schreiberin dieſes, meine aͤlteſte Tochter, welcher ich
den Anfang dieſes Briefes in die Feder gab, und ihr her-
nach das uͤbrige aus meines Mannes Papieren zuſammen
zu ſchreiben befohlen, iſt …

Denken Sie doch, liebſte Freundin! das naͤrriſche Maͤd-
gen iſt davon gelaufen, und wollte nicht ſchreiben, daß ſie
die Braut waͤre, ich muß es alſo wohl eigenhaͤndig hinzu-
ſetzen, daß ſie den Herrn von R .. heyrathet, und ich ſie
zur Strafe, weil ſie geſtern das Jawort nicht ausſprechen
wollte, dieſes entſetzliche Paket habe ſchreiben laſſen. Ich
wußte es aber auch nicht beſſer anzufangen, um ihnen die
verlangte Nachricht zu geben. In meinem Leben hatte ich
ſo viel nicht zuſammen gebracht ꝛc.



LIV.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0253" n="239"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wegen Freyla&#x017F;&#x017F;ung ihrer Einbeho&#x0364;rigen.</hi></fw><lb/>
verbrechen, mit Gefa&#x0364;ngniß auch wohl mit dem &#x017F;pani&#x017F;chen<lb/>
Mantel be&#x017F;trafen zu du&#x0364;rfen. Allein Leute, die nach der Will-<lb/>
ku&#x0364;hr eines Schutzherrn unter &#x017F;olchen Strafen &#x017F;tehen, &#x017F;ind<lb/>
keine wahre Freyen, &#x017F;ondern Zwitter, die &#x017F;o wenig den Ton<lb/>
als den Muth rechtlicher Leute bekommen werden; und wo<lb/>
die&#x017F;er Endzweck verfehlt wird, da i&#x017F;t es weit be&#x017F;&#x017F;er, die ganze<lb/>
Leibeigen&#x017F;chaft in ihrer vo&#x0364;lligen Strenge beyzubehalten.<lb/>
Meines Mannes Ab&#x017F;icht i&#x017F;t den Seinigen ein richtiges Ge-<lb/>
fu&#x0364;hl der Ehre beyzubringen, und &#x017F;ie durch die&#x017F;es zu guten<lb/>
Hausha&#x0364;ltern und vermo&#x0364;genden Pa&#x0364;chtern zu machen, die<lb/>
ihm das Seinige mit dankbarer Freude geben &#x017F;ollen &#x2026;</p><lb/>
        <p>Schreiberin die&#x017F;es, meine a&#x0364;lte&#x017F;te Tochter, welcher ich<lb/>
den Anfang die&#x017F;es Briefes in die Feder gab, und ihr her-<lb/>
nach das u&#x0364;brige aus meines Mannes Papieren zu&#x017F;ammen<lb/>
zu &#x017F;chreiben befohlen, i&#x017F;t &#x2026;</p><lb/>
        <p>Denken Sie doch, lieb&#x017F;te Freundin! das na&#x0364;rri&#x017F;che Ma&#x0364;d-<lb/>
gen i&#x017F;t davon gelaufen, und wollte nicht &#x017F;chreiben, daß &#x017F;ie<lb/>
die Braut wa&#x0364;re, ich muß es al&#x017F;o wohl eigenha&#x0364;ndig hinzu-<lb/>
&#x017F;etzen, daß &#x017F;ie den Herrn von R .. heyrathet, und ich &#x017F;ie<lb/>
zur Strafe, weil &#x017F;ie ge&#x017F;tern das Jawort nicht aus&#x017F;prechen<lb/>
wollte, die&#x017F;es ent&#x017F;etzliche Paket habe &#x017F;chreiben la&#x017F;&#x017F;en. Ich<lb/>
wußte es aber auch nicht be&#x017F;&#x017F;er anzufangen, um ihnen die<lb/>
verlangte Nachricht zu geben. In meinem Leben hatte ich<lb/>
&#x017F;o viel nicht zu&#x017F;ammen gebracht &#xA75B;c.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">LIV.</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[239/0253] wegen Freylaſſung ihrer Einbehoͤrigen. verbrechen, mit Gefaͤngniß auch wohl mit dem ſpaniſchen Mantel beſtrafen zu duͤrfen. Allein Leute, die nach der Will- kuͤhr eines Schutzherrn unter ſolchen Strafen ſtehen, ſind keine wahre Freyen, ſondern Zwitter, die ſo wenig den Ton als den Muth rechtlicher Leute bekommen werden; und wo dieſer Endzweck verfehlt wird, da iſt es weit beſſer, die ganze Leibeigenſchaft in ihrer voͤlligen Strenge beyzubehalten. Meines Mannes Abſicht iſt den Seinigen ein richtiges Ge- fuͤhl der Ehre beyzubringen, und ſie durch dieſes zu guten Haushaͤltern und vermoͤgenden Paͤchtern zu machen, die ihm das Seinige mit dankbarer Freude geben ſollen … Schreiberin dieſes, meine aͤlteſte Tochter, welcher ich den Anfang dieſes Briefes in die Feder gab, und ihr her- nach das uͤbrige aus meines Mannes Papieren zuſammen zu ſchreiben befohlen, iſt … Denken Sie doch, liebſte Freundin! das naͤrriſche Maͤd- gen iſt davon gelaufen, und wollte nicht ſchreiben, daß ſie die Braut waͤre, ich muß es alſo wohl eigenhaͤndig hinzu- ſetzen, daß ſie den Herrn von R .. heyrathet, und ich ſie zur Strafe, weil ſie geſtern das Jawort nicht ausſprechen wollte, dieſes entſetzliche Paket habe ſchreiben laſſen. Ich wußte es aber auch nicht beſſer anzufangen, um ihnen die verlangte Nachricht zu geben. In meinem Leben hatte ich ſo viel nicht zuſammen gebracht ꝛc. LIV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/253
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/253>, abgerufen am 28.03.2024.