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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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THAPSUS.
Flotte bei der Insel Tauris (Torcola zwischen Lesina und Cur-
zola) ein Treffen, in dem die Tapferkeit des Anführers und der
Schiffssoldaten wie so oft ersetzte, was den Schiffen abging, und
die Caesarianer einen glänzenden Sieg erfochten. Marcus Octavius
verliess diese Gewässer und begab sich nach Africa (Frühjahr
707); die Delmater setzten zwar noch Jahre lang mit grosser
Hartnäckigkeit sich zur Wehre, allein es war dies nichts als ein
localer Gebirgskrieg. Als Caesar aus Aegypten zurückkam, hatte
sein entschlossener Adjutant die in Illyrien drohende Gefahr be-
reits beseitigt.

Um so ernster stand es in Africa, wo die Verfassungspartei
vom Anfang des Bürgerkrieges an unumschränkt geherrscht und
ihre Macht fortwährend gesteigert hatte. Bis zur pharsalischen
Schlacht hatte hier eigentlich König Juba das Regiment geführt;
er hatte Curio überwunden und die Kraft des Heeres waren seine
flüchtigen Reiter und seine zahllosen Schützen; der pompeiani-
sche Statthalter Varus spielte neben ihm eine so subalterne Rolle,
dass er sogar diejenigen Soldaten Curios, die sich ihm ergeben
hatten, dem König hatte ausliefern und deren Hinrichtung oder
Abführung in das innere Numidien mit hatte ansehen müssen.
Dies änderte sich nach der pharsalischen Schlacht. An eine Flucht
zu den Parthern dachte mit Ausnahme des Pompeius selbst kein
namhafter Mann der geschlagenen Partei. Ebenso wenig ver-
suchte man die See mit vereinten Kräften zu behaupten; Marcus
Octavius Kriegführung in den illyrischen Gewässern stand ver-
einzelt und war ohne dauernden Erfolg. Die grosse Majorität der
Republikaner wie der Pompeianer wandte sich nach Africa, wo
allein noch ein ehrenhafter und verfassungsmässiger Kampf gegen
den Usurpator möglich war. Dort fanden die Trümmer der bei
Pharsalos zersprengten Armee, die Besatzungstruppen von Dyr-
rhachion, Kerkyra und dem Peloponnes, die Reste der illyrischen
Flotte sich allmählich zusammen; es trafen dort ein der zweite
Oberfeldherr Metellus Scipio, die beiden Söhne des Pompeius
Gnaeus und Sextus, der politische Führer der Republikaner Mar-
cus Cato, die tüchtigen Offiziere Labienus, Afranius, Petreius,
Octavius und Andere. Die Emigration fand einen neuen Mittel-
punct und wenn sie mit verringerten Kräften zusammenkam, so
war dagegen ihr Fanatismus wo möglich noch gesteigert. Man
fuhr nicht bloss fort die Gefangenen und selbst die Parlamen-
täre Caesars zu ermorden, sondern König Juba, in dem die
Erbitterung des Parteimannes mit der Wuth des halbbarbari-
schen Africaners zusammenfloss, stellte die Maxime auf, dass in

THAPSUS.
Flotte bei der Insel Tauris (Torcola zwischen Lesina und Cur-
zola) ein Treffen, in dem die Tapferkeit des Anführers und der
Schiffssoldaten wie so oft ersetzte, was den Schiffen abging, und
die Caesarianer einen glänzenden Sieg erfochten. Marcus Octavius
verlieſs diese Gewässer und begab sich nach Africa (Frühjahr
707); die Delmater setzten zwar noch Jahre lang mit groſser
Hartnäckigkeit sich zur Wehre, allein es war dies nichts als ein
localer Gebirgskrieg. Als Caesar aus Aegypten zurückkam, hatte
sein entschlossener Adjutant die in Illyrien drohende Gefahr be-
reits beseitigt.

Um so ernster stand es in Africa, wo die Verfassungspartei
vom Anfang des Bürgerkrieges an unumschränkt geherrscht und
ihre Macht fortwährend gesteigert hatte. Bis zur pharsalischen
Schlacht hatte hier eigentlich König Juba das Regiment geführt;
er hatte Curio überwunden und die Kraft des Heeres waren seine
flüchtigen Reiter und seine zahllosen Schützen; der pompeiani-
sche Statthalter Varus spielte neben ihm eine so subalterne Rolle,
daſs er sogar diejenigen Soldaten Curios, die sich ihm ergeben
hatten, dem König hatte ausliefern und deren Hinrichtung oder
Abführung in das innere Numidien mit hatte ansehen müssen.
Dies änderte sich nach der pharsalischen Schlacht. An eine Flucht
zu den Parthern dachte mit Ausnahme des Pompeius selbst kein
namhafter Mann der geschlagenen Partei. Ebenso wenig ver-
suchte man die See mit vereinten Kräften zu behaupten; Marcus
Octavius Kriegführung in den illyrischen Gewässern stand ver-
einzelt und war ohne dauernden Erfolg. Die groſse Majorität der
Republikaner wie der Pompeianer wandte sich nach Africa, wo
allein noch ein ehrenhafter und verfassungsmäſsiger Kampf gegen
den Usurpator möglich war. Dort fanden die Trümmer der bei
Pharsalos zersprengten Armee, die Besatzungstruppen von Dyr-
rhachion, Kerkyra und dem Peloponnes, die Reste der illyrischen
Flotte sich allmählich zusammen; es trafen dort ein der zweite
Oberfeldherr Metellus Scipio, die beiden Söhne des Pompeius
Gnaeus und Sextus, der politische Führer der Republikaner Mar-
cus Cato, die tüchtigen Offiziere Labienus, Afranius, Petreius,
Octavius und Andere. Die Emigration fand einen neuen Mittel-
punct und wenn sie mit verringerten Kräften zusammenkam, so
war dagegen ihr Fanatismus wo möglich noch gesteigert. Man
fuhr nicht bloſs fort die Gefangenen und selbst die Parlamen-
täre Caesars zu ermorden, sondern König Juba, in dem die
Erbitterung des Parteimannes mit der Wuth des halbbarbari-
schen Africaners zusammenfloſs, stellte die Maxime auf, daſs in

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[413/0423] THAPSUS. Flotte bei der Insel Tauris (Torcola zwischen Lesina und Cur- zola) ein Treffen, in dem die Tapferkeit des Anführers und der Schiffssoldaten wie so oft ersetzte, was den Schiffen abging, und die Caesarianer einen glänzenden Sieg erfochten. Marcus Octavius verlieſs diese Gewässer und begab sich nach Africa (Frühjahr 707); die Delmater setzten zwar noch Jahre lang mit groſser Hartnäckigkeit sich zur Wehre, allein es war dies nichts als ein localer Gebirgskrieg. Als Caesar aus Aegypten zurückkam, hatte sein entschlossener Adjutant die in Illyrien drohende Gefahr be- reits beseitigt. Um so ernster stand es in Africa, wo die Verfassungspartei vom Anfang des Bürgerkrieges an unumschränkt geherrscht und ihre Macht fortwährend gesteigert hatte. Bis zur pharsalischen Schlacht hatte hier eigentlich König Juba das Regiment geführt; er hatte Curio überwunden und die Kraft des Heeres waren seine flüchtigen Reiter und seine zahllosen Schützen; der pompeiani- sche Statthalter Varus spielte neben ihm eine so subalterne Rolle, daſs er sogar diejenigen Soldaten Curios, die sich ihm ergeben hatten, dem König hatte ausliefern und deren Hinrichtung oder Abführung in das innere Numidien mit hatte ansehen müssen. Dies änderte sich nach der pharsalischen Schlacht. An eine Flucht zu den Parthern dachte mit Ausnahme des Pompeius selbst kein namhafter Mann der geschlagenen Partei. Ebenso wenig ver- suchte man die See mit vereinten Kräften zu behaupten; Marcus Octavius Kriegführung in den illyrischen Gewässern stand ver- einzelt und war ohne dauernden Erfolg. Die groſse Majorität der Republikaner wie der Pompeianer wandte sich nach Africa, wo allein noch ein ehrenhafter und verfassungsmäſsiger Kampf gegen den Usurpator möglich war. Dort fanden die Trümmer der bei Pharsalos zersprengten Armee, die Besatzungstruppen von Dyr- rhachion, Kerkyra und dem Peloponnes, die Reste der illyrischen Flotte sich allmählich zusammen; es trafen dort ein der zweite Oberfeldherr Metellus Scipio, die beiden Söhne des Pompeius Gnaeus und Sextus, der politische Führer der Republikaner Mar- cus Cato, die tüchtigen Offiziere Labienus, Afranius, Petreius, Octavius und Andere. Die Emigration fand einen neuen Mittel- punct und wenn sie mit verringerten Kräften zusammenkam, so war dagegen ihr Fanatismus wo möglich noch gesteigert. Man fuhr nicht bloſs fort die Gefangenen und selbst die Parlamen- täre Caesars zu ermorden, sondern König Juba, in dem die Erbitterung des Parteimannes mit der Wuth des halbbarbari- schen Africaners zusammenfloſs, stellte die Maxime auf, daſs in

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/423>, abgerufen am 22.05.2024.