Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

dorbenen Gebrauch der Welt, weil gut und
schwach nur allzuoft miteinander verwechselt
werden; weil man einen Fürsten lobt, wie man
eine einfältige Frau lobt, dass sie doch gut ge-
wachsen sey; weil es höflicher ist, von einem
Herrn zu sagen: Dass er ein gutes, ja wohl
das beste Herz von der Welt habe, als wenn
man von ihm bekennen muss: Dass er ein Schwach-
kopf sey, der alles glaubt, was man ihm vor-
schwäzt und vorlügt; der alles gehen lässt, wie
es geht, wann nur Er damit nicht beunruhiget
oder belästiget wird.

Vor dem in hohem und reinem Sinn würk-
lich guten
Fürsten möchte man stracks hin-
knien, und ihn, so sehr er auch noch Mensch
wäre, als einen Engel Gottes anbeten. O! möch-
ten es doch alle wissen, fühlen und glauben!
O! möchten sie doch die Vorzüge, wohl thun
zu können, zu ihrer höchsten Fürsten-Lust ma-
chen, und reichlich säen, um dereinst um so
frölicher zu erndten!


Von dieser Temperaments- oder sogenannten
Herzens-Güte ist aber die Mode-Tugend der
Artigkeit, Höflichkeit, so genannten Herablas-
sung, und wie diese Firniss-Küuste mehr heissen

dorbenen Gebrauch der Welt, weil gut und
schwach nur allzuoft miteinander verwechselt
werden; weil man einen Fürsten lobt, wie man
eine einfältige Frau lobt, daſs sie doch gut ge-
wachsen sey; weil es höflicher ist, von einem
Herrn zu sagen: Daſs er ein gutes, ja wohl
das beste Herz von der Welt habe, als wenn
man von ihm bekennen muſs: Daſs er ein Schwach-
kopf sey, der alles glaubt, was man ihm vor-
schwäzt und vorlügt; der alles gehen läſst, wie
es geht, wann nur Er damit nicht beunruhiget
oder belästiget wird.

Vor dem in hohem und reinem Sinn würk-
lich guten
Fürsten möchte man stracks hin-
knien, und ihn, so sehr er auch noch Mensch
wäre, als einen Engel Gottes anbeten. O! möch-
ten es doch alle wissen, fühlen und glauben!
O! möchten sie doch die Vorzüge, wohl thun
zu können, zu ihrer höchsten Fürsten-Lust ma-
chen, und reichlich säen, um dereinst um so
frölicher zu erndten!


Von dieser Temperaments- oder sogenannten
Herzens-Güte ist aber die Mode-Tugend der
Artigkeit, Höflichkeit, so genannten Herablas-
sung, und wie diese Firniſs-Küuste mehr heiſsen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0138" n="132"/>
dorbenen Gebrauch der Welt, weil <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">gut</hi></hi> und<lb/><hi rendition="#i"><hi rendition="#g">schwach</hi></hi> nur allzuoft miteinander verwechselt<lb/>
werden; weil man einen Fürsten lobt, wie man<lb/>
eine einfältige Frau lobt, da&#x017F;s sie doch gut ge-<lb/>
wachsen sey; weil es höflicher ist, von einem<lb/>
Herrn zu sagen: Da&#x017F;s er ein gutes, ja wohl<lb/>
das beste Herz von der Welt habe, als wenn<lb/>
man von ihm bekennen mu&#x017F;s: Da&#x017F;s er ein Schwach-<lb/>
kopf sey, der alles glaubt, was man ihm vor-<lb/>
schwäzt und vorlügt; der alles gehen lä&#x017F;st, wie<lb/>
es geht, wann nur Er damit nicht beunruhiget<lb/>
oder belästiget wird.</p><lb/>
          <p>Vor dem in hohem und reinem Sinn <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">würk-<lb/>
lich guten</hi></hi> Fürsten möchte man stracks hin-<lb/>
knien, und ihn, so sehr er auch noch Mensch<lb/>
wäre, als einen Engel Gottes anbeten. O! möch-<lb/>
ten es doch alle wissen, fühlen und glauben!<lb/>
O! möchten sie doch die Vorzüge, wohl thun<lb/>
zu <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">können</hi>,</hi> zu ihrer höchsten Fürsten-Lust ma-<lb/>
chen, und reichlich säen, um dereinst um so<lb/>
frölicher zu erndten!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Von dieser Temperaments- oder sogenannten<lb/>
Herzens-Güte ist aber die Mode-Tugend der<lb/>
Artigkeit, Höflichkeit, so genannten Herablas-<lb/>
sung, und wie diese Firni&#x017F;s-Küuste mehr hei&#x017F;sen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0138] dorbenen Gebrauch der Welt, weil gut und schwach nur allzuoft miteinander verwechselt werden; weil man einen Fürsten lobt, wie man eine einfältige Frau lobt, daſs sie doch gut ge- wachsen sey; weil es höflicher ist, von einem Herrn zu sagen: Daſs er ein gutes, ja wohl das beste Herz von der Welt habe, als wenn man von ihm bekennen muſs: Daſs er ein Schwach- kopf sey, der alles glaubt, was man ihm vor- schwäzt und vorlügt; der alles gehen läſst, wie es geht, wann nur Er damit nicht beunruhiget oder belästiget wird. Vor dem in hohem und reinem Sinn würk- lich guten Fürsten möchte man stracks hin- knien, und ihn, so sehr er auch noch Mensch wäre, als einen Engel Gottes anbeten. O! möch- ten es doch alle wissen, fühlen und glauben! O! möchten sie doch die Vorzüge, wohl thun zu können, zu ihrer höchsten Fürsten-Lust ma- chen, und reichlich säen, um dereinst um so frölicher zu erndten! Von dieser Temperaments- oder sogenannten Herzens-Güte ist aber die Mode-Tugend der Artigkeit, Höflichkeit, so genannten Herablas- sung, und wie diese Firniſs-Küuste mehr heiſsen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/138
Zitationshilfe: Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/138>, abgerufen am 30.04.2024.