nes Volk an. So was thut man nur einem Ti- berius, vor dem man sich fürchtet, aber ihm nicht traut.
Wenn ein Richter gar lobt, wo er nur tadeln, ahnden und bestrafen sollte, so ist es allemahl widersinnig und unrecht, nach Beschaffenheit der Umstände aber bald ärgerlich, bald lächerlich, zuweilen beydes zugleich.
Ein sonderbarer Fall dieser Art ereignete sich in einer bey dem Kayserlichen Reichs-Hof-Rath erhobenen gerichtlichen Klage. In dem den 16. Nov. 1782. ergangenen Concluso wurde diesem Fürsten sein verübtes Unrecht und Undank mit allem Ernst und Nachdruck des Reichs-Obrist- Richterlichen Amts vorgehalten und bemerkt: "Dass samtliche oberzählte, mit Umgehung eines "rechtlichen Verfahrens erlassene Verfügungen "aber sich eben desswegen in keine Weise "rechtfertigen liessen etc." Das heisst dann doch wohl mit Einem Wort: Weil sie ungerecht seyen. Ganz unmittelbar nach dieser Straf-Pre- digt folgt weiter: "Als versähen sich Ihro Kayser- "liche Majestät zu des Herren Fürsten bekannten "Gemüths-Billigkeit und Gerechtigkeits- "Liebe, es werde derselbe keinen Anstand neh-
nes Volk an. So was thut man nur einem Ti- berius, vor dem man sich fürchtet, aber ihm nicht traut.
Wenn ein Richter gar lobt, wo er nur tadeln, ahnden und bestrafen sollte, so ist es allemahl widersinnig und unrecht, nach Beschaffenheit der Umstände aber bald ärgerlich, bald lächerlich, zuweilen beydes zugleich.
Ein sonderbarer Fall dieser Art ereignete sich in einer bey dem Kayserlichen Reichs-Hof-Rath erhobenen gerichtlichen Klage. In dem den 16. Nov. 1782. ergangenen Concluso wurde diesem Fürsten sein verübtes Unrecht und Undank mit allem Ernst und Nachdruck des Reichs-Obrist- Richterlichen Amts vorgehalten und bemerkt: „Daſs samtliche oberzählte, mit Umgehung eines „rechtlichen Verfahrens erlassene Verfügungen „aber sich eben deſswegen in keine Weise „rechtfertigen lieſsen etc.„ Das heiſst dann doch wohl mit Einem Wort: Weil sie ungerecht seyen. Ganz unmittelbar nach dieser Straf-Pre- digt folgt weiter: „Als versähen sich Ihro Kayser- „liche Majestät zu des Herren Fürsten bekannten „Gemüths-Billigkeit und Gerechtigkeits- „Liebe, es werde derselbe keinen Anstand neh-
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nes Volk an. So was thut man nur einem Ti-
berius, vor dem man sich fürchtet, aber ihm
nicht traut.
Wenn ein Richter gar lobt, wo er nur tadeln,
ahnden und bestrafen sollte, so ist es allemahl
widersinnig und unrecht, nach Beschaffenheit der
Umstände aber bald ärgerlich, bald lächerlich,
zuweilen beydes zugleich.
Ein sonderbarer Fall dieser Art ereignete sich
in einer bey dem Kayserlichen Reichs-Hof-Rath
erhobenen gerichtlichen Klage. In dem den 16.
Nov. 1782. ergangenen Concluso wurde diesem
Fürsten sein verübtes Unrecht und Undank mit
allem Ernst und Nachdruck des Reichs-Obrist-
Richterlichen Amts vorgehalten und bemerkt:
„Daſs samtliche oberzählte, mit Umgehung eines
„rechtlichen Verfahrens erlassene Verfügungen
„aber sich eben deſswegen in keine Weise
„rechtfertigen lieſsen etc.„ Das heiſst dann
doch wohl mit Einem Wort: Weil sie ungerecht
seyen. Ganz unmittelbar nach dieser Straf-Pre-
digt folgt weiter: „Als versähen sich Ihro Kayser-
„liche Majestät zu des Herren Fürsten bekannten
„Gemüths-Billigkeit und Gerechtigkeits-
„Liebe, es werde derselbe keinen Anstand neh-
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/90>, abgerufen am 28.04.2024.
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