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Müller-Breslau, Heinrich: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. Leipzig, 1886.

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annähernd prismatische Theilchen zerlegen, welche durch der Stabachse
parallele Spannkräfte S auf Zug oder auf Druck beansprucht werden (Fig. 43).

Bedeutet

F die im Allgemeinen veränderliche Querschnittsfläche des Stabes,
d s die Länge des zwischen den unendlich nahen Querschnitten I und
II gelegenen Elementes der Stabachse,
d sv die dem Bogenelemente d s parallele Länge irgend eines der
zwischen I und II gedachten, unendlich kleinen Prismen,
s die Normalspannung für den Endquerschnitt d F dieses Prismas,
D d sv die Strecke, um welche sich d sv in Folge irgend einer geringen
Verbiegung des Stabes ändert,

so ist S = s d F,
und es ergiebt sich, mit Vernachlässigung der Aenderungen der
Querschnittsabmessungen,
die virtuelle Formänderungs-Arbeit
[Formel 1] , wobei
d V = d sv d F

den Inhalt des Stabtheilchens bedeutet. Bezeichnet nun, wie im Ab-
schnitte I auf Seite 7:

P eine Last,
C eine Auflagerkraft,
d die durch jene D d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes
von P im Sinne von P,
D c die durch jene D d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes
von C im Sinne von C,

und wird angenommen, dass die äusseren und inneren Kräfte mit-
einander im Gleichgewichte sind, so folgt, wenn die Gewichte der Stab-
theilchen zu den Lasten gerechnet werden, aus dem Satze von den vir-
tuellen Verschiebungen die Arbeitsgleichung:
[Formel 2] ,
welche für beliebige mögliche Verschiebungen d, D c und D d sv gilt,
sobald diese nur klein genug sind, um als verschwindende Grössen auf-
gefasst werden zu dürfen.

In den meisten Fällen der Anwendung handelt es sich um Stäbe,
deren Querschnittsabmessungen, verglichen mit den Krümmungshalb-
messern r, so gering sind, dass es zulässig ist, d sv = d s zu setzen und
die Spannungen s genau so zu berechnen, als sei an der betrachteten
Stelle r = infinity, d. h. der Stab gerade. Wir wollen auch (ausgenommen
sind die genaueren Entwickelungen im § 22) mit dieser vereinfachenden
Annahme rechnen, trotzdem aber die Bezeichnung d sv beibehalten, um

annähernd prismatische Theilchen zerlegen, welche durch der Stabachse
parallele Spannkräfte S auf Zug oder auf Druck beansprucht werden (Fig. 43).

Bedeutet

F die im Allgemeinen veränderliche Querschnittsfläche des Stabes,
d s die Länge des zwischen den unendlich nahen Querschnitten I und
II gelegenen Elementes der Stabachse,
d sv die dem Bogenelemente d s parallele Länge irgend eines der
zwischen I und II gedachten, unendlich kleinen Prismen,
σ die Normalspannung für den Endquerschnitt d F dieses Prismas,
Δ d sv die Strecke, um welche sich d sv in Folge irgend einer geringen
Verbiegung des Stabes ändert,

so ist S = σ d F,
und es ergiebt sich, mit Vernachlässigung der Aenderungen der
Querschnittsabmessungen,
die virtuelle Formänderungs-Arbeit
[Formel 1] , wobei
d V = d sv d F

den Inhalt des Stabtheilchens bedeutet. Bezeichnet nun, wie im Ab-
schnitte I auf Seite 7:

P eine Last,
C eine Auflagerkraft,
δ die durch jene Δ d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes
von P im Sinne von P,
Δ c die durch jene Δ d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes
von C im Sinne von C,

und wird angenommen, dass die äusseren und inneren Kräfte mit-
einander im Gleichgewichte sind, so folgt, wenn die Gewichte der Stab-
theilchen zu den Lasten gerechnet werden, aus dem Satze von den vir-
tuellen Verschiebungen die Arbeitsgleichung:
[Formel 2] ,
welche für beliebige mögliche Verschiebungen δ, Δ c und Δ d sv gilt,
sobald diese nur klein genug sind, um als verschwindende Grössen auf-
gefasst werden zu dürfen.

In den meisten Fällen der Anwendung handelt es sich um Stäbe,
deren Querschnittsabmessungen, verglichen mit den Krümmungshalb-
messern r, so gering sind, dass es zulässig ist, d sv = d s zu setzen und
die Spannungen σ genau so zu berechnen, als sei an der betrachteten
Stelle r = ∞, d. h. der Stab gerade. Wir wollen auch (ausgenommen
sind die genaueren Entwickelungen im § 22) mit dieser vereinfachenden
Annahme rechnen, trotzdem aber die Bezeichnung d sv beibehalten, um

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[58/0070] annähernd prismatische Theilchen zerlegen, welche durch der Stabachse parallele Spannkräfte S auf Zug oder auf Druck beansprucht werden (Fig. 43). Bedeutet F die im Allgemeinen veränderliche Querschnittsfläche des Stabes, d s die Länge des zwischen den unendlich nahen Querschnitten I und II gelegenen Elementes der Stabachse, d sv die dem Bogenelemente d s parallele Länge irgend eines der zwischen I und II gedachten, unendlich kleinen Prismen, σ die Normalspannung für den Endquerschnitt d F dieses Prismas, Δ d sv die Strecke, um welche sich d sv in Folge irgend einer geringen Verbiegung des Stabes ändert, so ist S = σ d F, und es ergiebt sich, mit Vernachlässigung der Aenderungen der Querschnittsabmessungen, die virtuelle Formänderungs-Arbeit [FORMEL], wobei d V = d sv d F den Inhalt des Stabtheilchens bedeutet. Bezeichnet nun, wie im Ab- schnitte I auf Seite 7: P eine Last, C eine Auflagerkraft, δ die durch jene Δ d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes von P im Sinne von P, Δ c die durch jene Δ d sv bedingte Verschiebung des Angriffspunktes von C im Sinne von C, und wird angenommen, dass die äusseren und inneren Kräfte mit- einander im Gleichgewichte sind, so folgt, wenn die Gewichte der Stab- theilchen zu den Lasten gerechnet werden, aus dem Satze von den vir- tuellen Verschiebungen die Arbeitsgleichung: [FORMEL], welche für beliebige mögliche Verschiebungen δ, Δ c und Δ d sv gilt, sobald diese nur klein genug sind, um als verschwindende Grössen auf- gefasst werden zu dürfen. In den meisten Fällen der Anwendung handelt es sich um Stäbe, deren Querschnittsabmessungen, verglichen mit den Krümmungshalb- messern r, so gering sind, dass es zulässig ist, d sv = d s zu setzen und die Spannungen σ genau so zu berechnen, als sei an der betrachteten Stelle r = ∞, d. h. der Stab gerade. Wir wollen auch (ausgenommen sind die genaueren Entwickelungen im § 22) mit dieser vereinfachenden Annahme rechnen, trotzdem aber die Bezeichnung d sv beibehalten, um

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Zitationshilfe: Müller-Breslau, Heinrich: Die neueren Methoden der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. Leipzig, 1886, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_festigkeitslehre_1886/70>, abgerufen am 27.04.2024.