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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

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ekekheiria auf. Diese enthielt Zweierley. Er-
stens, daß das ganze Gebiet der Eleer (als Agonothe-
ten nach Verdrängung der Pisaten) beständig von Ein-
fällen und Verwüstungen frei bleiben solle, so daß auch
gewaffnete Heere nur nach Abgabe der Waffen durch-
ziehen durften 1; zweitens, daß während der Festzeit
die Waffen auch im übrigen Peloponnes ruhen sollten.
Weil aber in den Kalendern der einzelnen Völkerschaf-
ten geringe Uebereinstimmung statt fand, und nur eben
die Eleer die Regel, nach der das vierjährige Fest
wiederkehren mußte, kannten, auch vielleicht, um das
Gebot des Gottes um desto eindrücklicher zu machen,
sandten die Eleer jedesmal Fetialen, "der Zeiten He-
rolde, des Zeus Kronides Eleische Friedensbringer
(spondophoroi)" 2, welche zuförderst ihnen selbst, dann
den übrigen Peloponnesiern die Olumpiakas spondas
ansagten, von welchem Zeitpunkte an kein Heer in
fremdes Land fallen durfte 3. Die Strafe, welche
im Peloponnesischen Kriege die Spartiaten treffen sollte,
weil sie nachher noch Krieger ausgesandt, war für jeden
Hopliten 2 Minen, gerade so viel, als nach Ueberein-
kunft der Peloponnesier für Auslösung von Kriegsge-
fangenen bezahlt wurde, woraus erhellt, daß eigentlich
die Uebertreter des Friedens dem Gotte als Knechte
zufielen und von ihm ausgelöst werden mußten. Den
Ausspruch that ein Eleisches Tempelgericht nach dem

1 sugkhorema Ellenon ieran kai aportheton einai Eleian.
Polyb. 4, 73., der das ruhige Leben der Eleer in früherer Zeit ei-
nen ieros bios nennt. Str. 8, 357. Diod. Exc. p. 547. Wes-
sel., wo den Lakedämoniern lächerliche Triebfedern untergelegt wer-
den.
2 Isthm. 2, 23. Böckh Expl. p. 494. Schneider Lexi-
kon und zu Xen. Hell. 4, 7, 2.
3 Die Bestimmung war etwas
zweideutig. S. Thuk. 5, 49. epaggellein ist das voc. proprium
davon.

ἐκεχειρία auf. Dieſe enthielt Zweierley. Er-
ſtens, daß das ganze Gebiet der Eleer (als Agonothe-
ten nach Verdraͤngung der Piſaten) beſtaͤndig von Ein-
faͤllen und Verwuͤſtungen frei bleiben ſolle, ſo daß auch
gewaffnete Heere nur nach Abgabe der Waffen durch-
ziehen durften 1; zweitens, daß waͤhrend der Feſtzeit
die Waffen auch im uͤbrigen Peloponnes ruhen ſollten.
Weil aber in den Kalendern der einzelnen Voͤlkerſchaf-
ten geringe Uebereinſtimmung ſtatt fand, und nur eben
die Eleer die Regel, nach der das vierjaͤhrige Feſt
wiederkehren mußte, kannten, auch vielleicht, um das
Gebot des Gottes um deſto eindruͤcklicher zu machen,
ſandten die Eleer jedesmal Fetialen, “der Zeiten He-
rolde, des Zeus Kronides Eleiſche Friedensbringer
(σπονδοφόροι)” 2, welche zufoͤrderſt ihnen ſelbſt, dann
den uͤbrigen Peloponneſiern die Ολυμπιακὰς σπονδὰς
anſagten, von welchem Zeitpunkte an kein Heer in
fremdes Land fallen durfte 3. Die Strafe, welche
im Peloponneſiſchen Kriege die Spartiaten treffen ſollte,
weil ſie nachher noch Krieger ausgeſandt, war fuͤr jeden
Hopliten 2 Minen, gerade ſo viel, als nach Ueberein-
kunft der Peloponneſier fuͤr Ausloͤſung von Kriegsge-
fangenen bezahlt wurde, woraus erhellt, daß eigentlich
die Uebertreter des Friedens dem Gotte als Knechte
zufielen und von ihm ausgeloͤst werden mußten. Den
Ausſpruch that ein Eleiſches Tempelgericht nach dem

1 συγχώϱημα Ἑλλήνων ἱεϱὰν καὶ ἀπόϱϑητον εἶναι Ἠλείαν.
Polyb. 4, 73., der das ruhige Leben der Eleer in fruͤherer Zeit ei-
nen ἱεϱὸς βίος nennt. Str. 8, 357. Diod. Exc. p. 547. Weſ-
ſel., wo den Lakedaͤmoniern laͤcherliche Triebfedern untergelegt wer-
den.
2 Iſthm. 2, 23. Boͤckh Expl. p. 494. Schneider Lexi-
kon und zu Xen. Hell. 4, 7, 2.
3 Die Beſtimmung war etwas
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[139/0169] ἐκεχειρία auf. Dieſe enthielt Zweierley. Er- ſtens, daß das ganze Gebiet der Eleer (als Agonothe- ten nach Verdraͤngung der Piſaten) beſtaͤndig von Ein- faͤllen und Verwuͤſtungen frei bleiben ſolle, ſo daß auch gewaffnete Heere nur nach Abgabe der Waffen durch- ziehen durften 1; zweitens, daß waͤhrend der Feſtzeit die Waffen auch im uͤbrigen Peloponnes ruhen ſollten. Weil aber in den Kalendern der einzelnen Voͤlkerſchaf- ten geringe Uebereinſtimmung ſtatt fand, und nur eben die Eleer die Regel, nach der das vierjaͤhrige Feſt wiederkehren mußte, kannten, auch vielleicht, um das Gebot des Gottes um deſto eindruͤcklicher zu machen, ſandten die Eleer jedesmal Fetialen, “der Zeiten He- rolde, des Zeus Kronides Eleiſche Friedensbringer (σπονδοφόροι)” 2, welche zufoͤrderſt ihnen ſelbſt, dann den uͤbrigen Peloponneſiern die Ολυμπιακὰς σπονδὰς anſagten, von welchem Zeitpunkte an kein Heer in fremdes Land fallen durfte 3. Die Strafe, welche im Peloponneſiſchen Kriege die Spartiaten treffen ſollte, weil ſie nachher noch Krieger ausgeſandt, war fuͤr jeden Hopliten 2 Minen, gerade ſo viel, als nach Ueberein- kunft der Peloponneſier fuͤr Ausloͤſung von Kriegsge- fangenen bezahlt wurde, woraus erhellt, daß eigentlich die Uebertreter des Friedens dem Gotte als Knechte zufielen und von ihm ausgeloͤst werden mußten. Den Ausſpruch that ein Eleiſches Tempelgericht nach dem 1 συγχώϱημα Ἑλλήνων ἱεϱὰν καὶ ἀπόϱϑητον εἶναι Ἠλείαν. Polyb. 4, 73., der das ruhige Leben der Eleer in fruͤherer Zeit ei- nen ἱεϱὸς βίος nennt. Str. 8, 357. Diod. Exc. p. 547. Weſ- ſel., wo den Lakedaͤmoniern laͤcherliche Triebfedern untergelegt wer- den. 2 Iſthm. 2, 23. Boͤckh Expl. p. 494. Schneider Lexi- kon und zu Xen. Hell. 4, 7, 2. 3 Die Beſtimmung war etwas zweideutig. S. Thuk. 5, 49. ἐπαγγέλλειν iſt das voc. proprium davon.

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/169>, abgerufen am 30.04.2024.