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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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nach meiner obigen Bezeichnung, Rechtsgeschichte
und Kriegesgeschichte zugleich studieren, und der
große Zwiespalt zwischen dem Gesetz und dem
ökonomischen Vortheile, den man auf den ersten
Anblick wahrgenommen hat, wird allmählich ver-
schwinden: das wahre Recht und der wahre Nutzen
werden Hand in Hand geh'n. --

Man denke sich den Ausbruch eines rechtmä-
ßigen Krieges: dem augenblicklichen Nutzen scheint
die Maßregel zu widersprechen; da aber die
Sicherheit aller andern nützlichen Bestrebungen
erstickt, und Sicherheit der Nutzen par ex-
cellence
ist: so kann der rechtmäßige Krieg, den
das Gesetz befiehlt, nicht weiter der Oekonomie
widersprechen; es ist ökonomisch, vieles Einzelne
hinzugeben, um das Ganze zu retten. --

Ferner. Uralte Gesetze einer Nation haben
unermeßliches Eigenthum in die Hände einzelner
Staatsbürger gebracht. Es ist keinem Zweifel
unterworfen, daß diese unverhältnißmäßig gro-
ßen Schollen, unter mehrere Eigenthümer ver-
theilt, besser bewirthschaftet seyn, und das reine,
reale Einkommen der Nation jährlich um vieles
vermehren würden. Die Oekonomie scheint hier
dem Gesetze zu widersprechen; und der gemeine
Staatsmann wird, von dem scheinbaren Wider-
spruch und von dem scheinbar evidenten Vor-

nach meiner obigen Bezeichnung, Rechtsgeſchichte
und Kriegesgeſchichte zugleich ſtudieren, und der
große Zwieſpalt zwiſchen dem Geſetz und dem
oͤkonomiſchen Vortheile, den man auf den erſten
Anblick wahrgenommen hat, wird allmaͤhlich ver-
ſchwinden: das wahre Recht und der wahre Nutzen
werden Hand in Hand geh’n. —

Man denke ſich den Ausbruch eines rechtmaͤ-
ßigen Krieges: dem augenblicklichen Nutzen ſcheint
die Maßregel zu widerſprechen; da aber die
Sicherheit aller andern nuͤtzlichen Beſtrebungen
erſtickt, und Sicherheit der Nutzen par ex-
cellence
iſt: ſo kann der rechtmaͤßige Krieg, den
das Geſetz befiehlt, nicht weiter der Oekonomie
widerſprechen; es iſt oͤkonomiſch, vieles Einzelne
hinzugeben, um das Ganze zu retten. —

Ferner. Uralte Geſetze einer Nation haben
unermeßliches Eigenthum in die Haͤnde einzelner
Staatsbuͤrger gebracht. Es iſt keinem Zweifel
unterworfen, daß dieſe unverhaͤltnißmaͤßig gro-
ßen Schollen, unter mehrere Eigenthuͤmer ver-
theilt, beſſer bewirthſchaftet ſeyn, und das reine,
reale Einkommen der Nation jaͤhrlich um vieles
vermehren wuͤrden. Die Oekonomie ſcheint hier
dem Geſetze zu widerſprechen; und der gemeine
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[88/0122] nach meiner obigen Bezeichnung, Rechtsgeſchichte und Kriegesgeſchichte zugleich ſtudieren, und der große Zwieſpalt zwiſchen dem Geſetz und dem oͤkonomiſchen Vortheile, den man auf den erſten Anblick wahrgenommen hat, wird allmaͤhlich ver- ſchwinden: das wahre Recht und der wahre Nutzen werden Hand in Hand geh’n. — Man denke ſich den Ausbruch eines rechtmaͤ- ßigen Krieges: dem augenblicklichen Nutzen ſcheint die Maßregel zu widerſprechen; da aber die Sicherheit aller andern nuͤtzlichen Beſtrebungen erſtickt, und Sicherheit der Nutzen par ex- cellence iſt: ſo kann der rechtmaͤßige Krieg, den das Geſetz befiehlt, nicht weiter der Oekonomie widerſprechen; es iſt oͤkonomiſch, vieles Einzelne hinzugeben, um das Ganze zu retten. — Ferner. Uralte Geſetze einer Nation haben unermeßliches Eigenthum in die Haͤnde einzelner Staatsbuͤrger gebracht. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß dieſe unverhaͤltnißmaͤßig gro- ßen Schollen, unter mehrere Eigenthuͤmer ver- theilt, beſſer bewirthſchaftet ſeyn, und das reine, reale Einkommen der Nation jaͤhrlich um vieles vermehren wuͤrden. Die Oekonomie ſcheint hier dem Geſetze zu widerſprechen; und der gemeine Staatsmann wird, von dem ſcheinbaren Wider- ſpruch und von dem ſcheinbar evidenten Vor-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/122>, abgerufen am 30.04.2024.