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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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dem die Rede sey: Christus hat für uns gelitten, und
uns dadurch von den Strafen der Sünde in der Ewigkeit
befreyt. Joh. 1, 29. Matth. 20, 28. Matth. 26, 28.
Röm. 3, 24. Röm. 4, 25. Röm. 8, 31-34. Col. 1, 14.
1 Tim. 2, 5-6. 1 Tim. 1, 15. 1 Petr. 1, 18. 1 Petr.
3, 18. 1 Joh. 1, 7. 1 Joh. 2, 12. Jch erinnerte zuletzt,
daß ich diese Stellen noch nicht als Beweise angeführt
hätte, sondern nur in der Absicht aus denselben den wah-
ren biblischen Sinn der Lehre von der Versöhnung durch
Christum herzuleiten.

Ehe ich nun von Jhnen verlangen kann, setzte
ich hinzu, daß Sie diese Lehre mit völliger Ueberzeugung
für Wahrheit erkennen und also an Christum glauben
sollen, ist es nöthig, daß wir vorher untersuchen, ob sie
mit den uns bekannten göttlichen Eigenschaften überein-
stimme, das ist, ob sie von Gott offenbahrt seyn könne.
Sollten wir durch diese Untersuchung finden, sie wider-
spräche etwa der Weisheit oder Güte Gottes, so wäre
ich verbunden sie fahren zu lassen, und Sie, sie nicht
anzunehmen. Fänden wir sie aber damit übereinstim-
mend, so sehe ich nicht, wie Sie sich vor Gott und Jh-
rem Gewissen rechtfertigen könnten, wenn Sie sie nicht
annehmen wollten. Denn sie wird durch den Character,
die Moral und die Wunder der Hauptperson bestätigt,
sie ist der einzige Trost, den ein bekümmertes Gewissen
finden kann, sie ist der mächtigste Antrieb zur Rechtschaf-
fenheit und zu aller Tugend. -- Der Graf gestand ein,
daß wenn in dieser Lehre kein Widerspruch gegen irgend
eine göttliche Eigenschaft läge, so könne man nicht anders
als sie für wahr erkennen.

Zu dieser Untersuchung, ob die Lehre von der
Versöhnung Gottes würdig sey, oder mit seinen Eigen-
schaften übereinstimme, sind wir berechtigt und verbunden:

aber
G 4



dem die Rede ſey: Chriſtus hat fuͤr uns gelitten, und
uns dadurch von den Strafen der Suͤnde in der Ewigkeit
befreyt. Joh. 1, 29. Matth. 20, 28. Matth. 26, 28.
Roͤm. 3, 24. Roͤm. 4, 25. Roͤm. 8, 31-34. Col. 1, 14.
1 Tim. 2, 5-6. 1 Tim. 1, 15. 1 Petr. 1, 18. 1 Petr.
3, 18. 1 Joh. 1, 7. 1 Joh. 2, 12. Jch erinnerte zuletzt,
daß ich dieſe Stellen noch nicht als Beweiſe angefuͤhrt
haͤtte, ſondern nur in der Abſicht aus denſelben den wah-
ren bibliſchen Sinn der Lehre von der Verſoͤhnung durch
Chriſtum herzuleiten.

Ehe ich nun von Jhnen verlangen kann, ſetzte
ich hinzu, daß Sie dieſe Lehre mit voͤlliger Ueberzeugung
fuͤr Wahrheit erkennen und alſo an Chriſtum glauben
ſollen, iſt es noͤthig, daß wir vorher unterſuchen, ob ſie
mit den uns bekannten goͤttlichen Eigenſchaften uͤberein-
ſtimme, das iſt, ob ſie von Gott offenbahrt ſeyn koͤnne.
Sollten wir durch dieſe Unterſuchung finden, ſie wider-
ſpraͤche etwa der Weisheit oder Guͤte Gottes, ſo waͤre
ich verbunden ſie fahren zu laſſen, und Sie, ſie nicht
anzunehmen. Faͤnden wir ſie aber damit uͤbereinſtim-
mend, ſo ſehe ich nicht, wie Sie ſich vor Gott und Jh-
rem Gewiſſen rechtfertigen koͤnnten, wenn Sie ſie nicht
annehmen wollten. Denn ſie wird durch den Character,
die Moral und die Wunder der Hauptperſon beſtaͤtigt,
ſie iſt der einzige Troſt, den ein bekuͤmmertes Gewiſſen
finden kann, ſie iſt der maͤchtigſte Antrieb zur Rechtſchaf-
fenheit und zu aller Tugend. — Der Graf geſtand ein,
daß wenn in dieſer Lehre kein Widerſpruch gegen irgend
eine goͤttliche Eigenſchaft laͤge, ſo koͤnne man nicht anders
als ſie fuͤr wahr erkennen.

Zu dieſer Unterſuchung, ob die Lehre von der
Verſoͤhnung Gottes wuͤrdig ſey, oder mit ſeinen Eigen-
ſchaften uͤbereinſtimme, ſind wir berechtigt und verbunden:

aber
G 4
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[103/0115] dem die Rede ſey: Chriſtus hat fuͤr uns gelitten, und uns dadurch von den Strafen der Suͤnde in der Ewigkeit befreyt. Joh. 1, 29. Matth. 20, 28. Matth. 26, 28. Roͤm. 3, 24. Roͤm. 4, 25. Roͤm. 8, 31-34. Col. 1, 14. 1 Tim. 2, 5-6. 1 Tim. 1, 15. 1 Petr. 1, 18. 1 Petr. 3, 18. 1 Joh. 1, 7. 1 Joh. 2, 12. Jch erinnerte zuletzt, daß ich dieſe Stellen noch nicht als Beweiſe angefuͤhrt haͤtte, ſondern nur in der Abſicht aus denſelben den wah- ren bibliſchen Sinn der Lehre von der Verſoͤhnung durch Chriſtum herzuleiten. Ehe ich nun von Jhnen verlangen kann, ſetzte ich hinzu, daß Sie dieſe Lehre mit voͤlliger Ueberzeugung fuͤr Wahrheit erkennen und alſo an Chriſtum glauben ſollen, iſt es noͤthig, daß wir vorher unterſuchen, ob ſie mit den uns bekannten goͤttlichen Eigenſchaften uͤberein- ſtimme, das iſt, ob ſie von Gott offenbahrt ſeyn koͤnne. Sollten wir durch dieſe Unterſuchung finden, ſie wider- ſpraͤche etwa der Weisheit oder Guͤte Gottes, ſo waͤre ich verbunden ſie fahren zu laſſen, und Sie, ſie nicht anzunehmen. Faͤnden wir ſie aber damit uͤbereinſtim- mend, ſo ſehe ich nicht, wie Sie ſich vor Gott und Jh- rem Gewiſſen rechtfertigen koͤnnten, wenn Sie ſie nicht annehmen wollten. Denn ſie wird durch den Character, die Moral und die Wunder der Hauptperſon beſtaͤtigt, ſie iſt der einzige Troſt, den ein bekuͤmmertes Gewiſſen finden kann, ſie iſt der maͤchtigſte Antrieb zur Rechtſchaf- fenheit und zu aller Tugend. — Der Graf geſtand ein, daß wenn in dieſer Lehre kein Widerſpruch gegen irgend eine goͤttliche Eigenſchaft laͤge, ſo koͤnne man nicht anders als ſie fuͤr wahr erkennen. Zu dieſer Unterſuchung, ob die Lehre von der Verſoͤhnung Gottes wuͤrdig ſey, oder mit ſeinen Eigen- ſchaften uͤbereinſtimme, ſind wir berechtigt und verbunden: aber G 4

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/115>, abgerufen am 28.04.2024.