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Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

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Der erste Theil deß Frewdenspiegels.
Venus Brüder/ in fleischlicher Lustseuche blindrauschen/
1. Corinth. 13.vnd nur allein nach cusserlicher Gestalt vnd nach eusserlicher
Schönheit sehen: Jm Himmel kennet Gott seine Himmel-
1. Corinth. 8.reichs Kinder inwendig vnnd außwendig/ vnd wirdt von jh-
nen hertzlich wider erkandt/ wie S. Paulus von solcher voll-
kommener Erkändtnuß öffentlich zeuget/ vnd spricht: Jch er-
kenne jtzt stück weise/ Denn aber werde ichs erkennen/ wie ich er-
kennet bin. Vnnd abermal/ So jemandt Gott liebet/ der ist
von jhm erkandt.

Die Erkänd-
nuß/ damit
Gott die seinen
im Himmel er-
kennet/ ist wun-
derbahrlich.

Wunder denck ich/ vnnd kan mich nicht gnugsam ver-
wundern vber diesem Geheimnuß/ dz ich höre/ wer Gott lie-
bet/ daß der von jm erkandt werde: Wie mag doch solche Er-
käntnuß im Himmel zugehen? Wo ehliche Liebe ist/ da ist
auch ehliche Erkändtnuß zwischen Mann vnd Frauwe: Wo
natürliche Liebe ist/ als zwischen Eltern vnd Kindern/ Brü-
dern vnnd Schwestern/ da regiert auch natürliche Erkändt-
nuß: Nun aber ist Gottes Liebe/ damit er vns liebet/ ein vber-
natürliche/ vbermenschliche vnnd vberenglische Liebe/ die
mit jhrer Krafft vnd Süssigkeit aller Menschen vnnd aller
Engeln Liebe vnnd Lieblichkeit vbersteiget: Wie viel tausent
mal höher/ wie viel tausentmal edler/ vnnd viel tausentmal
lieblicher muß denn auch seyn die Erkäntnuß/ damit er er-
kennet alle die jhn lieben?

Wie Gott im
Himmel die sei-
nen erkennet.

Höre Tochter (spricht Dauid) schaw drauff/ vnd neige
deine Ohren: Also sage ich auch zu meiner Seele: Merck
auff meine Seele/ vnnd neige deine Ohren: Es werden die
Außerwehlten in jener Welt vnd in jenem Freuwdensaal deß
ewigen Lebens/ sehr freundlich/ mit vnaußsprechlicher Liebe
vnd Leutseligkeit von Gott erkandt/ vnnd diese Erkändnuß
gebiert eitel himmlische Wollust/ himmlische Erquickung
vnd himmlische Freuwde/ sintemal sie gehet vber alle natür-
liche Erkändnuß/ vnnd ist viel hundert tausentmal süsser/

tröst-

Der erſte Theil deß Frewdenſpiegels.
Venus Brüder/ in fleiſchlicher Luſtſeuche blindrauſchen/
1. Corinth. 13.vnd nur allein nach cuſſerlicher Geſtalt vnd nach euſſerlicher
Schönheit ſehen: Jm Himmel kennet Gott ſeine Himmel-
1. Corinth. 8.reichs Kinder inwendig vnnd außwendig/ vnd wirdt von jh-
nen hertzlich wider erkandt/ wie S. Paulus von ſolcher voll-
kommeneꝛ Erkändtnuß öffentlich zeuget/ vnd ſpricht: Jch er-
kenne jtzt ſtück weiſe/ Deñ aber werde ichs erkennen/ wie ich er-
kennet bin. Vnnd abermal/ So jemandt Gott liebet/ der iſt
von jhm erkandt.

Die Erkänd-
nuß/ damit
Gott die ſeinen
im Himmel er-
kennet/ iſt wun-
derbahrlich.

Wunder denck ich/ vnnd kan mich nicht gnugſam ver-
wundern vber dieſem Geheimnuß/ dz ich höre/ wer Gott lie-
bet/ daß der von jm erkandt werde: Wie mag doch ſolche Er-
käntnuß im Himmel zugehen? Wo ehliche Liebe iſt/ da iſt
auch ehliche Erkändtnuß zwiſchen Mann vnd Frauwe: Wo
natürliche Liebe iſt/ als zwiſchen Eltern vnd Kindern/ Brü-
dern vnnd Schweſtern/ da regiert auch natürliche Erkändt-
nuß: Nun aber iſt Gottes Liebe/ damit er vns liebet/ ein vber-
natürliche/ vbermenſchliche vnnd vberengliſche Liebe/ die
mit jhrer Krafft vnd Süſſigkeit aller Menſchen vnnd aller
Engeln Liebe vnnd Lieblichkeit vberſteiget: Wie viel tauſent
mal höher/ wie viel tauſentmal edler/ vnnd viel tauſentmal
lieblicher muß denn auch ſeyn die Erkäntnuß/ damit er er-
kennet alle die jhn lieben?

Wie Gott im
Himmel die ſei-
nen erkennet.

Höre Tochter (ſpricht Dauid) ſchaw drauff/ vnd neige
deine Ohren: Alſo ſage ich auch zu meiner Seele: Merck
auff meine Seele/ vnnd neige deine Ohren: Es werden die
Außerwehlten in jener Welt vnd in jenem Freuwdenſaal deß
ewigen Lebens/ ſehr freundlich/ mit vnaußſprechlicher Liebe
vnd Leutſeligkeit von Gott erkandt/ vnnd dieſe Erkändnuß
gebiert eitel himmliſche Wolluſt/ himmliſche Erquickung
vnd himmliſche Freuwde/ ſintemal ſie gehet vber alle natür-
liche Erkändnuß/ vnnd iſt viel hundert tauſentmal ſüſſer/

tröſt-
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[32/0050] Der erſte Theil deß Frewdenſpiegels. Venus Brüder/ in fleiſchlicher Luſtſeuche blindrauſchen/ vnd nur allein nach cuſſerlicher Geſtalt vnd nach euſſerlicher Schönheit ſehen: Jm Himmel kennet Gott ſeine Himmel- reichs Kinder inwendig vnnd außwendig/ vnd wirdt von jh- nen hertzlich wider erkandt/ wie S. Paulus von ſolcher voll- kommeneꝛ Erkändtnuß öffentlich zeuget/ vnd ſpricht: Jch er- kenne jtzt ſtück weiſe/ Deñ aber werde ichs erkennen/ wie ich er- kennet bin. Vnnd abermal/ So jemandt Gott liebet/ der iſt von jhm erkandt. 1. Corinth. 13. 1. Corinth. 8. Wunder denck ich/ vnnd kan mich nicht gnugſam ver- wundern vber dieſem Geheimnuß/ dz ich höre/ wer Gott lie- bet/ daß der von jm erkandt werde: Wie mag doch ſolche Er- käntnuß im Himmel zugehen? Wo ehliche Liebe iſt/ da iſt auch ehliche Erkändtnuß zwiſchen Mann vnd Frauwe: Wo natürliche Liebe iſt/ als zwiſchen Eltern vnd Kindern/ Brü- dern vnnd Schweſtern/ da regiert auch natürliche Erkändt- nuß: Nun aber iſt Gottes Liebe/ damit er vns liebet/ ein vber- natürliche/ vbermenſchliche vnnd vberengliſche Liebe/ die mit jhrer Krafft vnd Süſſigkeit aller Menſchen vnnd aller Engeln Liebe vnnd Lieblichkeit vberſteiget: Wie viel tauſent mal höher/ wie viel tauſentmal edler/ vnnd viel tauſentmal lieblicher muß denn auch ſeyn die Erkäntnuß/ damit er er- kennet alle die jhn lieben? Höre Tochter (ſpricht Dauid) ſchaw drauff/ vnd neige deine Ohren: Alſo ſage ich auch zu meiner Seele: Merck auff meine Seele/ vnnd neige deine Ohren: Es werden die Außerwehlten in jener Welt vnd in jenem Freuwdenſaal deß ewigen Lebens/ ſehr freundlich/ mit vnaußſprechlicher Liebe vnd Leutſeligkeit von Gott erkandt/ vnnd dieſe Erkändnuß gebiert eitel himmliſche Wolluſt/ himmliſche Erquickung vnd himmliſche Freuwde/ ſintemal ſie gehet vber alle natür- liche Erkändnuß/ vnnd iſt viel hundert tauſentmal ſüſſer/ tröſt-

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Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/50>, abgerufen am 06.06.2024.