Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



aber wie werden sie dieses thun, wie werden sie ihre
Schwiegerältern nur im Hause leiden wollen, wenn
der Prediger diese schon vorher als die verächtlichsten,
verdrießlichsten, zänkischsten Geschöpfe abgeschil-
dert hatte, die zu den Hauptursachen der eheli-
chen Uneinigkeit
gehören, die bey den häus-
lichen Zwistigkeiten Oel ins Feuer gießen, die sie
vergrössern, an statt sie zu schlichten? Dieses un-
bedachtsame Epiphonema sieht dem stolzen Eras-
mus
sehr ähnlich, der wirklich mit seiner Schwie-
germutter anfänglich in Einem Hause gewohnt hat,
und hernach, als sie ihm sehr vernünftige Vorstel-
lungen darüber that, daß er das Vermögen ihrer
Tochter aus Eitelkeit verschwendete, mit ihr in be-
stäudiger Uneinigkeit lebte, und sie wohl oft mag
abgekanzelt haben.

Es ist höchst wahrscheinlich, daß Erasmus Noth-
anker
auch die folgende Predigt wider die Pro-
cesse
verfertigt habe. Man findet darinn, S. 18.
unter andern, folgende höchst anstößige Stelle: ,Der
"Advokat müßte ein allzuuneigennütziger Mann
"seyn, wenn er enren Rechtshandel nicht so
"lange auszudehnen suchte, als es möglich ist,

"um recht vieles von euch einzunehmen. Es hat zwar

"den
S 4



aber wie werden ſie dieſes thun, wie werden ſie ihre
Schwiegeraͤltern nur im Hauſe leiden wollen, wenn
der Prediger dieſe ſchon vorher als die veraͤchtlichſten,
verdrießlichſten, zaͤnkiſchſten Geſchoͤpfe abgeſchil-
dert hatte, die zu den Haupturſachen der eheli-
chen Uneinigkeit
gehoͤren, die bey den haͤus-
lichen Zwiſtigkeiten Oel ins Feuer gießen, die ſie
vergroͤſſern, an ſtatt ſie zu ſchlichten? Dieſes un-
bedachtſame Epiphonema ſieht dem ſtolzen Eraſ-
mus
ſehr aͤhnlich, der wirklich mit ſeiner Schwie-
germutter anfaͤnglich in Einem Hauſe gewohnt hat,
und hernach, als ſie ihm ſehr vernuͤnftige Vorſtel-
lungen daruͤber that, daß er das Vermoͤgen ihrer
Tochter aus Eitelkeit verſchwendete, mit ihr in be-
ſtaͤudiger Uneinigkeit lebte, und ſie wohl oft mag
abgekanzelt haben.

Es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß Eraſmus Noth-
anker
auch die folgende Predigt wider die Pro-
ceſſe
verfertigt habe. Man findet darinn, S. 18.
unter andern, folgende hoͤchſt anſtoͤßige Stelle: ‚Der
Advokat muͤßte ein allzuuneigennuͤtziger Mann
”ſeyn, wenn er enren Rechtshandel nicht ſo
”lange auszudehnen ſuchte, als es moͤglich iſt,

”um recht vieles von euch einzunehmen. Es hat zwar

”den
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0289" n="275"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
aber wie werden &#x017F;ie die&#x017F;es thun, wie werden &#x017F;ie ihre<lb/>
Schwiegera&#x0364;ltern nur im Hau&#x017F;e leiden wollen, wenn<lb/>
der Prediger die&#x017F;e &#x017F;chon vorher als die vera&#x0364;chtlich&#x017F;ten,<lb/>
verdrießlich&#x017F;ten, za&#x0364;nki&#x017F;ch&#x017F;ten Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe abge&#x017F;chil-<lb/>
dert hatte, die zu den <hi rendition="#fr">Hauptur&#x017F;achen der eheli-<lb/>
chen Uneinigkeit</hi> geho&#x0364;ren, die bey den ha&#x0364;us-<lb/>
lichen Zwi&#x017F;tigkeiten <hi rendition="#fr">Oel ins Feuer gießen,</hi> die &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern, an &#x017F;tatt &#x017F;ie zu &#x017F;chlichten?</hi> Die&#x017F;es un-<lb/>
bedacht&#x017F;ame Epiphonema &#x017F;ieht dem &#x017F;tolzen <hi rendition="#fr">Era&#x017F;-<lb/>
mus</hi> &#x017F;ehr a&#x0364;hnlich, der wirklich mit &#x017F;einer Schwie-<lb/>
germutter anfa&#x0364;nglich in Einem Hau&#x017F;e gewohnt hat,<lb/>
und hernach, als &#x017F;ie ihm &#x017F;ehr vernu&#x0364;nftige Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungen daru&#x0364;ber that, daß er das Vermo&#x0364;gen ihrer<lb/>
Tochter aus Eitelkeit ver&#x017F;chwendete, mit ihr in be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;udiger Uneinigkeit lebte, und &#x017F;ie wohl oft mag<lb/>
abgekanzelt haben.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, daß <hi rendition="#fr">Era&#x017F;mus Noth-<lb/>
anker</hi> auch die folgende Predigt <hi rendition="#fr">wider die Pro-<lb/>
ce&#x017F;&#x017F;e</hi> verfertigt habe. Man findet darinn, S. 18.<lb/>
unter andern, folgende ho&#x0364;ch&#x017F;t an&#x017F;to&#x0364;ßige Stelle: &#x201A;Der<lb/>
&#x201D;<hi rendition="#fr">Advokat</hi> mu&#x0364;ßte ein <hi rendition="#fr">allzuuneigennu&#x0364;tziger</hi> Mann<lb/>
&#x201D;&#x017F;eyn, <hi rendition="#fr">wenn er enren Rechtshandel nicht &#x017F;o<lb/>
&#x201D;lange auszudehnen &#x017F;uchte, als es mo&#x0364;glich i&#x017F;t,</hi><lb/>
&#x201D;um recht vieles von euch einzunehmen. Es hat zwar<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201D;den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0289] aber wie werden ſie dieſes thun, wie werden ſie ihre Schwiegeraͤltern nur im Hauſe leiden wollen, wenn der Prediger dieſe ſchon vorher als die veraͤchtlichſten, verdrießlichſten, zaͤnkiſchſten Geſchoͤpfe abgeſchil- dert hatte, die zu den Haupturſachen der eheli- chen Uneinigkeit gehoͤren, die bey den haͤus- lichen Zwiſtigkeiten Oel ins Feuer gießen, die ſie vergroͤſſern, an ſtatt ſie zu ſchlichten? Dieſes un- bedachtſame Epiphonema ſieht dem ſtolzen Eraſ- mus ſehr aͤhnlich, der wirklich mit ſeiner Schwie- germutter anfaͤnglich in Einem Hauſe gewohnt hat, und hernach, als ſie ihm ſehr vernuͤnftige Vorſtel- lungen daruͤber that, daß er das Vermoͤgen ihrer Tochter aus Eitelkeit verſchwendete, mit ihr in be- ſtaͤudiger Uneinigkeit lebte, und ſie wohl oft mag abgekanzelt haben. Es iſt hoͤchſt wahrſcheinlich, daß Eraſmus Noth- anker auch die folgende Predigt wider die Pro- ceſſe verfertigt habe. Man findet darinn, S. 18. unter andern, folgende hoͤchſt anſtoͤßige Stelle: ‚Der ”Advokat muͤßte ein allzuuneigennuͤtziger Mann ”ſeyn, wenn er enren Rechtshandel nicht ſo ”lange auszudehnen ſuchte, als es moͤglich iſt, ”um recht vieles von euch einzunehmen. Es hat zwar ”den S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/289
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/289>, abgerufen am 21.05.2024.