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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Schaar, nach ihrem Anführer Lucius sich Lucaner nen-
nend 2), eroberte und benannte Lucanien 3).

Man darf annehmen, da dieses Volk sein neues Land
zuerst im Nordwesten bey Posidonia betrat, daß ihre Aus-
wanderung eine Verfolgung der Samnitischen Eroberung
des campanischen Etruriens bis an den Silarus, über
diesen Strohm gegen Süden, war, ohne daß es anfäng-
lich die Absicht gewesen wäre, ein neues selbstständiges
Volk zu bilden. Entlegenheit und die Größe der Erobe-
rungen trennten die Lucaner vom alten Bunde. Die voll-
endete Einnahme Campaniens gehört der ersten Hälfte des
vierten Jahrhunderts, und in der zweyten erscheinen auch
erst die Lucaner in der großgriechischen Geschichte. Aber
nach der Schlacht bei Laos verbreiten sich ihre Eroberun-
gen reißend, begünstigt durch die Zerstörung, welche die
Syrakusanischen Dionyse über die griechischen Städte
brachten. Als Skylax von Karyanda schrieb, beherrsch-
ten sie die ganze Halbinsel vom Silarus bis an die Gränze
des Gebiets von Thurii und Heraklea: jenes wird schon
zu Lucanien gezählt: dieses, weil vom alten Italien die
Rede nicht mehr war, freylich uneigentlich, zu Japy-
gien 4). Das Alter dieses Geographen kann nicht früher
als gegen 390 angenommen werden. In dem Kriege,
den Dionysius der jüngere gegen sie führte (Ol. 105. 2.

2) Plinius H. N. III. c. 10. Etym. magn. s. v. Leukanoi.
3) Im Altlateinischen, (in der Grabschrift des L. Cornelius
Scipio Barbatus) Lucanaa.
4) Skylax Peripl. p. 3. 5.

Schaar, nach ihrem Anfuͤhrer Lucius ſich Lucaner nen-
nend 2), eroberte und benannte Lucanien 3).

Man darf annehmen, da dieſes Volk ſein neues Land
zuerſt im Nordweſten bey Poſidonia betrat, daß ihre Aus-
wanderung eine Verfolgung der Samnitiſchen Eroberung
des campaniſchen Etruriens bis an den Silarus, uͤber
dieſen Strohm gegen Suͤden, war, ohne daß es anfaͤng-
lich die Abſicht geweſen waͤre, ein neues ſelbſtſtaͤndiges
Volk zu bilden. Entlegenheit und die Groͤße der Erobe-
rungen trennten die Lucaner vom alten Bunde. Die voll-
endete Einnahme Campaniens gehoͤrt der erſten Haͤlfte des
vierten Jahrhunderts, und in der zweyten erſcheinen auch
erſt die Lucaner in der großgriechiſchen Geſchichte. Aber
nach der Schlacht bei Laos verbreiten ſich ihre Eroberun-
gen reißend, beguͤnſtigt durch die Zerſtoͤrung, welche die
Syrakuſaniſchen Dionyſe uͤber die griechiſchen Staͤdte
brachten. Als Skylax von Karyanda ſchrieb, beherrſch-
ten ſie die ganze Halbinſel vom Silarus bis an die Graͤnze
des Gebiets von Thurii und Heraklea: jenes wird ſchon
zu Lucanien gezaͤhlt: dieſes, weil vom alten Italien die
Rede nicht mehr war, freylich uneigentlich, zu Japy-
gien 4). Das Alter dieſes Geographen kann nicht fruͤher
als gegen 390 angenommen werden. In dem Kriege,
den Dionyſius der juͤngere gegen ſie fuͤhrte (Ol. 105. 2.

2) Plinius H. N. III. c. 10. Etym. magn. s. v. Λευκανοὶ.
3) Im Altlateiniſchen, (in der Grabſchrift des L. Cornelius
Scipio Barbatus) Lucanaa.
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[57/0079] Schaar, nach ihrem Anfuͤhrer Lucius ſich Lucaner nen- nend 2), eroberte und benannte Lucanien 3). Man darf annehmen, da dieſes Volk ſein neues Land zuerſt im Nordweſten bey Poſidonia betrat, daß ihre Aus- wanderung eine Verfolgung der Samnitiſchen Eroberung des campaniſchen Etruriens bis an den Silarus, uͤber dieſen Strohm gegen Suͤden, war, ohne daß es anfaͤng- lich die Abſicht geweſen waͤre, ein neues ſelbſtſtaͤndiges Volk zu bilden. Entlegenheit und die Groͤße der Erobe- rungen trennten die Lucaner vom alten Bunde. Die voll- endete Einnahme Campaniens gehoͤrt der erſten Haͤlfte des vierten Jahrhunderts, und in der zweyten erſcheinen auch erſt die Lucaner in der großgriechiſchen Geſchichte. Aber nach der Schlacht bei Laos verbreiten ſich ihre Eroberun- gen reißend, beguͤnſtigt durch die Zerſtoͤrung, welche die Syrakuſaniſchen Dionyſe uͤber die griechiſchen Staͤdte brachten. Als Skylax von Karyanda ſchrieb, beherrſch- ten ſie die ganze Halbinſel vom Silarus bis an die Graͤnze des Gebiets von Thurii und Heraklea: jenes wird ſchon zu Lucanien gezaͤhlt: dieſes, weil vom alten Italien die Rede nicht mehr war, freylich uneigentlich, zu Japy- gien 4). Das Alter dieſes Geographen kann nicht fruͤher als gegen 390 angenommen werden. In dem Kriege, den Dionyſius der juͤngere gegen ſie fuͤhrte (Ol. 105. 2. 2) Plinius H. N. III. c. 10. Etym. magn. s. v. Λευκανοὶ. 3) Im Altlateiniſchen, (in der Grabſchrift des L. Cornelius Scipio Barbatus) Lucanaa. 4) Skylax Peripl. p. 3. 5.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/79>, abgerufen am 29.04.2024.