Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Klugheit angenommen hätte. Die latinischen Völker
wurden getheilt, einige, zu Römern erhoben, von ih-
ren alten Verbündeten getrennt, und ihren Wünschen
und Unternehmungen entgegengestellt: die vornehmsten
ihrer Städte wurden geschwächt und gedemüthigt ohne
daß die ganze Nation es als ihre Sache ansah.

Lanuvium, Aricia, Nomentum und Pedum erhiel-
ten, Tusculum blieb in dem Besitz des Bürgerrechts:
alle ohne Zweifel mit Stimmrecht. Den Antiaten wur-
den ihre bewaffneten Schiffe genommen, und ihre Stadt
zu einer Hafencolonie cäritisches Rechts gemacht, so
daß auch die alten Bürger darin aufgenommen wur-
den, folglich ein Theil des Grundeigenthums Antiatern
blieb, obgleich nicht so viel noch dasjenige welches je-
der früher besessen hatte. Denn auch für den Theil der
nicht an römische Colonisten kam, war die Theilung
und Assignation eine Separation durch das Loos. Ve-
liträ ward sehr hart behandelt: die Mauern der Stadt
wurden eingerissen, der Adel über die Tiber verbannt,
ihre Güter eingezogen, und an römische Colonisten ver-
theilt: wahrscheinlich die Domaine der Republik Veli-
trä, die nach altem Recht im Besitz ihrer Patricier
war. Tibur und Präneste verlohren einen Theil ihrer
Landschaft.

Allen latinischen Völkern wurden Landtage unter-
sagt, und das Recht gültiger Ehen und Landeigenthum
zu erwerben auf die Bürger jeder einzelnen Stadt be-
schränkt 17). So konnte sich nicht nur keine Vereini-

17) Das ganze Grundgesetz bey Livius VIII. c. 14.

Klugheit angenommen haͤtte. Die latiniſchen Voͤlker
wurden getheilt, einige, zu Roͤmern erhoben, von ih-
ren alten Verbuͤndeten getrennt, und ihren Wuͤnſchen
und Unternehmungen entgegengeſtellt: die vornehmſten
ihrer Staͤdte wurden geſchwaͤcht und gedemuͤthigt ohne
daß die ganze Nation es als ihre Sache anſah.

Lanuvium, Aricia, Nomentum und Pedum erhiel-
ten, Tusculum blieb in dem Beſitz des Buͤrgerrechts:
alle ohne Zweifel mit Stimmrecht. Den Antiaten wur-
den ihre bewaffneten Schiffe genommen, und ihre Stadt
zu einer Hafencolonie caͤritiſches Rechts gemacht, ſo
daß auch die alten Buͤrger darin aufgenommen wur-
den, folglich ein Theil des Grundeigenthums Antiatern
blieb, obgleich nicht ſo viel noch dasjenige welches je-
der fruͤher beſeſſen hatte. Denn auch fuͤr den Theil der
nicht an roͤmiſche Coloniſten kam, war die Theilung
und Aſſignation eine Separation durch das Loos. Ve-
litraͤ ward ſehr hart behandelt: die Mauern der Stadt
wurden eingeriſſen, der Adel uͤber die Tiber verbannt,
ihre Guͤter eingezogen, und an roͤmiſche Coloniſten ver-
theilt: wahrſcheinlich die Domaine der Republik Veli-
traͤ, die nach altem Recht im Beſitz ihrer Patricier
war. Tibur und Praͤneſte verlohren einen Theil ihrer
Landſchaft.

Allen latiniſchen Voͤlkern wurden Landtage unter-
ſagt, und das Recht guͤltiger Ehen und Landeigenthum
zu erwerben auf die Buͤrger jeder einzelnen Stadt be-
ſchraͤnkt 17). So konnte ſich nicht nur keine Vereini-

17) Das ganze Grundgeſetz bey Livius VIII. c. 14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0536" n="520"/>
Klugheit angenommen ha&#x0364;tte. Die latini&#x017F;chen Vo&#x0364;lker<lb/>
wurden getheilt, einige, zu Ro&#x0364;mern erhoben, von ih-<lb/>
ren alten Verbu&#x0364;ndeten getrennt, und ihren Wu&#x0364;n&#x017F;chen<lb/>
und Unternehmungen entgegenge&#x017F;tellt: die vornehm&#x017F;ten<lb/>
ihrer Sta&#x0364;dte wurden ge&#x017F;chwa&#x0364;cht und gedemu&#x0364;thigt ohne<lb/>
daß die ganze Nation es als ihre Sache an&#x017F;ah.</p><lb/>
        <p>Lanuvium, Aricia, Nomentum und Pedum erhiel-<lb/>
ten, Tusculum blieb in dem Be&#x017F;itz des Bu&#x0364;rgerrechts:<lb/>
alle ohne Zweifel mit Stimmrecht. Den Antiaten wur-<lb/>
den ihre bewaffneten Schiffe genommen, und ihre Stadt<lb/>
zu einer Hafencolonie ca&#x0364;riti&#x017F;ches Rechts gemacht, &#x017F;o<lb/>
daß auch die alten Bu&#x0364;rger darin aufgenommen wur-<lb/>
den, folglich ein Theil des Grundeigenthums Antiatern<lb/>
blieb, obgleich nicht &#x017F;o viel noch dasjenige welches je-<lb/>
der fru&#x0364;her be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en hatte. Denn auch fu&#x0364;r den Theil der<lb/>
nicht an ro&#x0364;mi&#x017F;che Coloni&#x017F;ten kam, war die Theilung<lb/>
und A&#x017F;&#x017F;ignation eine Separation durch das Loos. Ve-<lb/>
litra&#x0364; ward &#x017F;ehr hart behandelt: die Mauern der Stadt<lb/>
wurden eingeri&#x017F;&#x017F;en, der Adel u&#x0364;ber die Tiber verbannt,<lb/>
ihre Gu&#x0364;ter eingezogen, und an ro&#x0364;mi&#x017F;che Coloni&#x017F;ten ver-<lb/>
theilt: wahr&#x017F;cheinlich die Domaine der Republik Veli-<lb/>
tra&#x0364;, die nach altem Recht im Be&#x017F;itz ihrer Patricier<lb/>
war. Tibur und Pra&#x0364;ne&#x017F;te verlohren einen Theil ihrer<lb/>
Land&#x017F;chaft.</p><lb/>
        <p>Allen latini&#x017F;chen Vo&#x0364;lkern wurden Landtage unter-<lb/>
&#x017F;agt, und das Recht gu&#x0364;ltiger Ehen und Landeigenthum<lb/>
zu erwerben auf die Bu&#x0364;rger jeder einzelnen Stadt be-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nkt <note place="foot" n="17)">Das ganze Grundge&#x017F;etz bey Livius <hi rendition="#aq">VIII. c.</hi> 14.</note>. So konnte &#x017F;ich nicht nur keine Vereini-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0536] Klugheit angenommen haͤtte. Die latiniſchen Voͤlker wurden getheilt, einige, zu Roͤmern erhoben, von ih- ren alten Verbuͤndeten getrennt, und ihren Wuͤnſchen und Unternehmungen entgegengeſtellt: die vornehmſten ihrer Staͤdte wurden geſchwaͤcht und gedemuͤthigt ohne daß die ganze Nation es als ihre Sache anſah. Lanuvium, Aricia, Nomentum und Pedum erhiel- ten, Tusculum blieb in dem Beſitz des Buͤrgerrechts: alle ohne Zweifel mit Stimmrecht. Den Antiaten wur- den ihre bewaffneten Schiffe genommen, und ihre Stadt zu einer Hafencolonie caͤritiſches Rechts gemacht, ſo daß auch die alten Buͤrger darin aufgenommen wur- den, folglich ein Theil des Grundeigenthums Antiatern blieb, obgleich nicht ſo viel noch dasjenige welches je- der fruͤher beſeſſen hatte. Denn auch fuͤr den Theil der nicht an roͤmiſche Coloniſten kam, war die Theilung und Aſſignation eine Separation durch das Loos. Ve- litraͤ ward ſehr hart behandelt: die Mauern der Stadt wurden eingeriſſen, der Adel uͤber die Tiber verbannt, ihre Guͤter eingezogen, und an roͤmiſche Coloniſten ver- theilt: wahrſcheinlich die Domaine der Republik Veli- traͤ, die nach altem Recht im Beſitz ihrer Patricier war. Tibur und Praͤneſte verlohren einen Theil ihrer Landſchaft. Allen latiniſchen Voͤlkern wurden Landtage unter- ſagt, und das Recht guͤltiger Ehen und Landeigenthum zu erwerben auf die Buͤrger jeder einzelnen Stadt be- ſchraͤnkt 17). So konnte ſich nicht nur keine Vereini- 17) Das ganze Grundgeſetz bey Livius VIII. c. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/536
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/536>, abgerufen am 06.05.2024.