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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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sorgnissen bewaffneten sich die verschiedenen Gegenden
der Stadt die damals noch größtentheils abgesondert
von den drey Ständen bewohnt wurden: man rüstete
sich zur einzelnen Vertheidigung in den Straßen und
von den Dächern; aber weder die Consuln wagten das
Volk zu den Waffen zu rufen, noch vertraute das Volk
seine Wohnungen zu verlassen. Als es Licht geworden,
entdeckte man den Feind, der sich zu schwach gefühlt
hatte den ersten Schrecken seiner Erscheinung zu be-
nutzen. Römische Verbannte, und Sklaven, zusammen
viertausend Mann, unter dem Befehl eines Appius Her-
donius welcher ein Sabiner genannt wird, -- von Dio-
nysius ein vornehmer Sabiner welcher eine große Anzahl
Clienten zu diesem Wagestück aufgeboten hatte 59) --, wa-
ren es, die in der Stille der Nacht durch das stets offne
Karmentalische Thor den Capitolinischen Hügel über-
rascht hatten. Von der Höhe riefen sie die Sklaven
auf zur Empörung. Gelang dies nicht, und ihr Auf-
ruf hatte keinen Erfolg, so hofften sie sich so lange zu
behaupten bis eins der benachbarten Völker die Gele-
genheit ergreifen würde die Stadt von der Burg her
einzunehmen. Kein Heer stand gegen Rom im Felde,
auch bewog der unerwartete Vortheil weder die Vejen-
ter ihren Waffenstillstand zu brechen, noch die Volsker
in das Feld zu ziehen; so daß dieser Ueberfall offenbar ein
bloß von den Verbannten gewagtes Unternehmen war,
bey dem auf fremde Hülfe nur als auf das äußerste
Hülfsmittel der Noth gerechnet ward. Aber die Zahl der

59) Dionysius X. c. 14. sunethroize tou`s pelatas.

ſorgniſſen bewaffneten ſich die verſchiedenen Gegenden
der Stadt die damals noch groͤßtentheils abgeſondert
von den drey Staͤnden bewohnt wurden: man ruͤſtete
ſich zur einzelnen Vertheidigung in den Straßen und
von den Daͤchern; aber weder die Conſuln wagten das
Volk zu den Waffen zu rufen, noch vertraute das Volk
ſeine Wohnungen zu verlaſſen. Als es Licht geworden,
entdeckte man den Feind, der ſich zu ſchwach gefuͤhlt
hatte den erſten Schrecken ſeiner Erſcheinung zu be-
nutzen. Roͤmiſche Verbannte, und Sklaven, zuſammen
viertauſend Mann, unter dem Befehl eines Appius Her-
donius welcher ein Sabiner genannt wird, — von Dio-
nyſius ein vornehmer Sabiner welcher eine große Anzahl
Clienten zu dieſem Wageſtuͤck aufgeboten hatte 59) —, wa-
ren es, die in der Stille der Nacht durch das ſtets offne
Karmentaliſche Thor den Capitoliniſchen Huͤgel uͤber-
raſcht hatten. Von der Hoͤhe riefen ſie die Sklaven
auf zur Empoͤrung. Gelang dies nicht, und ihr Auf-
ruf hatte keinen Erfolg, ſo hofften ſie ſich ſo lange zu
behaupten bis eins der benachbarten Voͤlker die Gele-
genheit ergreifen wuͤrde die Stadt von der Burg her
einzunehmen. Kein Heer ſtand gegen Rom im Felde,
auch bewog der unerwartete Vortheil weder die Vejen-
ter ihren Waffenſtillſtand zu brechen, noch die Volsker
in das Feld zu ziehen; ſo daß dieſer Ueberfall offenbar ein
bloß von den Verbannten gewagtes Unternehmen war,
bey dem auf fremde Huͤlfe nur als auf das aͤußerſte
Huͤlfsmittel der Noth gerechnet ward. Aber die Zahl der

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[56/0072] ſorgniſſen bewaffneten ſich die verſchiedenen Gegenden der Stadt die damals noch groͤßtentheils abgeſondert von den drey Staͤnden bewohnt wurden: man ruͤſtete ſich zur einzelnen Vertheidigung in den Straßen und von den Daͤchern; aber weder die Conſuln wagten das Volk zu den Waffen zu rufen, noch vertraute das Volk ſeine Wohnungen zu verlaſſen. Als es Licht geworden, entdeckte man den Feind, der ſich zu ſchwach gefuͤhlt hatte den erſten Schrecken ſeiner Erſcheinung zu be- nutzen. Roͤmiſche Verbannte, und Sklaven, zuſammen viertauſend Mann, unter dem Befehl eines Appius Her- donius welcher ein Sabiner genannt wird, — von Dio- nyſius ein vornehmer Sabiner welcher eine große Anzahl Clienten zu dieſem Wageſtuͤck aufgeboten hatte 59) —, wa- ren es, die in der Stille der Nacht durch das ſtets offne Karmentaliſche Thor den Capitoliniſchen Huͤgel uͤber- raſcht hatten. Von der Hoͤhe riefen ſie die Sklaven auf zur Empoͤrung. Gelang dies nicht, und ihr Auf- ruf hatte keinen Erfolg, ſo hofften ſie ſich ſo lange zu behaupten bis eins der benachbarten Voͤlker die Gele- genheit ergreifen wuͤrde die Stadt von der Burg her einzunehmen. Kein Heer ſtand gegen Rom im Felde, auch bewog der unerwartete Vortheil weder die Vejen- ter ihren Waffenſtillſtand zu brechen, noch die Volsker in das Feld zu ziehen; ſo daß dieſer Ueberfall offenbar ein bloß von den Verbannten gewagtes Unternehmen war, bey dem auf fremde Huͤlfe nur als auf das aͤußerſte Huͤlfsmittel der Noth gerechnet ward. Aber die Zahl der 59) Dionyſius X. c. 14. συνήϑροιζε τȣ`ς πελάτας.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/72>, abgerufen am 30.04.2024.