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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Vejenter verlohren hätten, und worin die dreyhundert
Fabier gefallen wären 81); eine Erzählung welche [o]f-
fenbar in ihrer Wurzel von der verschieden ist, der un-
sre Geschichtschreiber folgen.

Der Consul Menenius brach sogleich nach dem Un-
glück am Cremera (277) nach Etrurien auf. Ihm be-
gegneten die siegsstolzen Etrusker, schlugen ihn völlig,
erbeuteten sein Lager, die Adler, und die Verwundeten.
Das geschlagne Heer konnte auch nicht das Janiculum,
Roms Vormauer, behaupten: es ward fliehend über die
Brücke in die Stadt getrieben. Die Ankunft des an-
dern Consuls C. Horatius der sich schleunig von der
Volskischen Gränze zurückzog, rettete die Stadt. Als die
Hoffnung sie stürmend einzunehmen verschwunden war,
gingen die Etrusker oberhalb über den Strohm, um sie
einzuschließen. Zwey Gefechte, das letzte am Collini-
schen Thor, richteten den tiefgesunknen Muth der römi-
schen Soldaten auf. Aber Hungersnoth wüthete in der
Stadt, da ein verheerender Krieg unerwartet die Mauern
umgeben hatte, ehe Vorräthe auch nur für das drin-
gendste Bedürfniß geborgen werden konnten: was das
Land enthielt ward des Feindes Raub, und der Strohm
war in seiner Gewalt. Die Noth trieb das äußerste zu
wagen (278). Die Etrusker waren, nach einem neuen
nachtheiligen Gefecht im Lauf ihrer Plünderungen, mit
der ganzen Macht auf Flössen über die Tiber gegangen,
und hatten das Heer des Consuls Sp. Servilius ange-

griffen.
81) Diodor XI. c. 53.

Vejenter verlohren haͤtten, und worin die dreyhundert
Fabier gefallen waͤren 81); eine Erzaͤhlung welche [o]f-
fenbar in ihrer Wurzel von der verſchieden iſt, der un-
ſre Geſchichtſchreiber folgen.

Der Conſul Menenius brach ſogleich nach dem Un-
gluͤck am Cremera (277) nach Etrurien auf. Ihm be-
gegneten die ſiegsſtolzen Etrusker, ſchlugen ihn voͤllig,
erbeuteten ſein Lager, die Adler, und die Verwundeten.
Das geſchlagne Heer konnte auch nicht das Janiculum,
Roms Vormauer, behaupten: es ward fliehend uͤber die
Bruͤcke in die Stadt getrieben. Die Ankunft des an-
dern Conſuls C. Horatius der ſich ſchleunig von der
Volskiſchen Graͤnze zuruͤckzog, rettete die Stadt. Als die
Hoffnung ſie ſtuͤrmend einzunehmen verſchwunden war,
gingen die Etrusker oberhalb uͤber den Strohm, um ſie
einzuſchließen. Zwey Gefechte, das letzte am Collini-
ſchen Thor, richteten den tiefgeſunknen Muth der roͤmi-
ſchen Soldaten auf. Aber Hungersnoth wuͤthete in der
Stadt, da ein verheerender Krieg unerwartet die Mauern
umgeben hatte, ehe Vorraͤthe auch nur fuͤr das drin-
gendſte Beduͤrfniß geborgen werden konnten: was das
Land enthielt ward des Feindes Raub, und der Strohm
war in ſeiner Gewalt. Die Noth trieb das aͤußerſte zu
wagen (278). Die Etrusker waren, nach einem neuen
nachtheiligen Gefecht im Lauf ihrer Pluͤnderungen, mit
der ganzen Macht auf Floͤſſen uͤber die Tiber gegangen,
und hatten das Heer des Conſuls Sp. Servilius ange-

griffen.
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[80/0096] Vejenter verlohren haͤtten, und worin die dreyhundert Fabier gefallen waͤren 81); eine Erzaͤhlung welche of- fenbar in ihrer Wurzel von der verſchieden iſt, der un- ſre Geſchichtſchreiber folgen. Der Conſul Menenius brach ſogleich nach dem Un- gluͤck am Cremera (277) nach Etrurien auf. Ihm be- gegneten die ſiegsſtolzen Etrusker, ſchlugen ihn voͤllig, erbeuteten ſein Lager, die Adler, und die Verwundeten. Das geſchlagne Heer konnte auch nicht das Janiculum, Roms Vormauer, behaupten: es ward fliehend uͤber die Bruͤcke in die Stadt getrieben. Die Ankunft des an- dern Conſuls C. Horatius der ſich ſchleunig von der Volskiſchen Graͤnze zuruͤckzog, rettete die Stadt. Als die Hoffnung ſie ſtuͤrmend einzunehmen verſchwunden war, gingen die Etrusker oberhalb uͤber den Strohm, um ſie einzuſchließen. Zwey Gefechte, das letzte am Collini- ſchen Thor, richteten den tiefgeſunknen Muth der roͤmi- ſchen Soldaten auf. Aber Hungersnoth wuͤthete in der Stadt, da ein verheerender Krieg unerwartet die Mauern umgeben hatte, ehe Vorraͤthe auch nur fuͤr das drin- gendſte Beduͤrfniß geborgen werden konnten: was das Land enthielt ward des Feindes Raub, und der Strohm war in ſeiner Gewalt. Die Noth trieb das aͤußerſte zu wagen (278). Die Etrusker waren, nach einem neuen nachtheiligen Gefecht im Lauf ihrer Pluͤnderungen, mit der ganzen Macht auf Floͤſſen uͤber die Tiber gegangen, und hatten das Heer des Conſuls Sp. Servilius ange- griffen. 81) Diodor XI. c. 53.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/96>, abgerufen am 30.04.2024.