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Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. Februar 1850.

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[Spaltenumbruch] Oesterreich während dreißig langer Jahre von dem übrigen Deutschland
zu erhalten wußte einerseits, und bei der verworrenen, durch keine Be-
trachtung der internationalen oder ökonomischgeographischen Verhältnisse
abgeklärten idealen Gefühlspolitik andrerseits, konnte es nicht ausbleiben
daß der Einigungsgedanke des deutschen Volks, sobald man auf dem Wege
der Evolution zu verharren gesonnen war, an Preußen eine Stütze zu
erlangen suchte. Denn eben wegen dieser Weise Politik zu treiben
tauchte damals bei den Liberalen die Frage gar nicht auf, ob Preußen
überhaupt im Stande seyn werde als constitutionelle Monarchie an die
Spitze von Deutschland zu treten, ohne sich selbst dabei aufgeben zu müssen?
Desto besser aber hatten sich die sogenannten Absolutisten dieselbe schon
seit langem beantwortet. Preußen, d. h. die zusammenhängende, nach
der Ostsee abdachende Ländermasse im Osten Deutschlands, ist noch ein
fast ungebrochener Agriculturstaat, der nur durch eine Beamtenhierarchie
und jenes bekannte Wehrsystem sich als ein bedeutenderer politischer Or-
ganismus erhalten kann. Die Zähigkeit des auf diesem Areal wohnenden
specifisch preußischen Volks in seinem Conservativismus beruht auf diesen
ökonomischen Verhältnissen; denn das Gefühl schlägt in ihm, zwar bloß
dunkel aber allgemein durch daß, wenn einmal das kosmische Güterleben
sich in Deutschland mit der ihm innewohnenden Souveränetät geltend
macht, in diesen von der Natur so sehr vernachlässigten Strecken sich nirgends
mehr ein Schwerpunkt findet. Nur solange der Beamtenstaat, von keinem
Selfgovernment des Bürgerthums gestört, in alter Blüthe fortdauern
kann, währt auch die preußische Macht. Darum durfte dieses Preußen
den Zollverein sich nicht weiter entwickeln lassen, darum wäre sein Schritt an
die Nordseeküste ein Selbstvernichtungsact(?) gewesen; darum konnte die
Frage des jusqu'a la mer nicht gelöst werden! Das Rheinland ward ab-
sichtlich an dem freien Ausströmen seiner Kräfte in die offene See ver-
hindert; statt einer Befreiung wurde durch den 1837 mit so großer Bereit-
willigkeit gewährten holländischen Riegel dieses reiche Thal nur noch un-
natürlicher nach Berlin hinübergebogen. Man macht mit Recht dem Fürsten
Metternich den Vorwurf die Donau für Oesterreich versperrt zu haben; aber
das preußische System hat um nichts besser gehandelt. Man entgegne mir
hier nicht daß ich Absichten in die preußische Politik hineininterpretire die
nicht darin lagen. Wer gewisse "politische Gespräche" gelesen hat, kann
darüber keinen weitern Zweifel hegen daß das "System" selbstbewußt die
Kräftigung des Bürgerthums im Interesse des alten pietistisch militärisch-
hierarchisch-romantischen Junkerstaats zu hintertreiben suchte. In diesem
eben genannten Buche ist das Wort Mephisto's in Lenau's Faust:
"Beschränke stets, doch nie zu scharf,
Dem Volk den sinnlichen Bedarf."
völlig nur etwas umhüllt variirt. Das Bürgerthum soll zwischen den
Adel und ein königliches Proletariat eingekeilt und auf solche Weise para-
lysirt werden -- das sind die offen ausgesprochenen Gedanken jenes Staats-
manns; und auf seinem Standpunkte hatte er sehr klug calculirt; denn so
allein konnte es gelingen jene Macht von der politischen Bühne noch eine
Zeitlang fernzuhalten, von deren endlichem Siege die langsame aber sichere
Vernichtung Preußens datirt.

Unter solchen Constellationen erhielten wir von außen den revolu-
tionären Anstoß.



Wien.

Die "Austria" veröffentlicht heute eine Zu-
schrift des Reichenberger Gewerbevereins an das Handelsministerium, in
welcher er sich als durchaus beruhigt über die Grundsätze ausspricht die
letzteres bei der Aufstellung des Tarifentwurfs leiten. Er verspricht beim
Erscheinen der Zollrolle ihr seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. In
Prag haben die Industriellen Böhmens einen Congreß aus Anlaß der Zoll-
vereinsfrage gehalten, über dessen Ergebniß jedoch bis jetzt noch nichts ver-
lautet. Daß übrigens die allgemeine Stimmung in Oesterreich sich neuer-
dings sehr zu Gunsten des Vereinigungsplans gedreht hat, läßt sich nicht
verkennen, trotzdem daß, wie die "Ostdeutsche Post" schreibt, die pr ußische
ministerielle Presse und die Organe der czechischen Partei, die Radicalen
in Prag und Agram und die Stockconservativen in Wien, die unverbesser-
lichen Feinde Oesterreichs in Deutsch and und die blinden oder besser: nach
Osten gekehrten Freunde eines starken Oesterreichs, die Schmuggler im
Erzgebirge und Prioilegirten in den großen Fabrikstädten -- alle dagegen
Chorus machen. Erzherzog Johann sagt in einem vom 18 d. M. datirten
Briefe an den Generallieutenant Jochmus in Frankfurt: es freue ihn daß
der Prinz Hohenlohe, der Präsident des Vereins zum Schutz der vater-
ländischen Arbeit, zufrieden von Wien zurückgekehrt sey, er hoffe daß in
sehr kurzer Zeit noch befriedigenderes (die Denkschrift des Handels-
ministeriums und die Uebergabe der Angelegenheit an die Bundes-
commission) erfolgen werde. Unsere Staatsmänner in den höheren
[Spaltenumbruch] Sphären fangen an Talleyrands Befürchtungen wahr zu machen und --
"Handelsconsuln" zu werden.

Das Gendarmerie-Gesetz, das die vorgestrige
Wiener Zeitung brachte, ist in diesem Augenblick Gegenstand besondern
Interesses. Die Gendarmerie ist eine von allen Einsichtsvollen schon
längst als ein dringendes Bedürfniß erkannte Einrichtung, besonders im
gegenwärtigen Zeitpunkt wo in Folge des Uebergangszustandes die Bande
der Ordnung nicht nur in Ungarn und in den südslavischen Ländern, sondern
sogar in unsern nächsten Kronländern sich mit jedem Tage mehr zu lösen
drohen, und nur eine energische, mit ausreichender Macht ausgestattete Ge-
walt einen äußerlich legalen Zustand vor argen Störungen zu bewahren
geeignet ist. Ich habe diesen schlimmen Uebergangszustand vor einigen Ta-
gen etwas ausführlicher zu schildern gesucht, und mag heute nicht darauf
zurückkommen. Das Gendarmerie-Institut, das auf 16 Regimenter mit
einem Stande von wenigstens 16,000 Mann berechnet ist, wurde von der
Regierung, wie das Gesetz zeigt, ganz ausschließlich als ein militärisches
aufgefaßt; es bildet die Gendarmerie einen Bestandtheil der Armee, un-
tersteht in allen Fällen nur der Militärgerichtsbarkeit und empfängt alle
Befehle in letzter Ordnung nur vom Kriegsministerium. Der unmittel-
bare Einfluß des Ministeriums des Innern auf die Leitung und den Geist
in der Gendarmerie besteht eigentlich nur darin daß rücksichtlich der Com-
mandanten der einzelnen Regimenter vor Erstattung des Besetzungsvor-
schlags, über welchen der Kaiser entscheidet, das Kriegsministerium sich
früher mit dem Ministerium des Innern zu benehmen hat, eine entscheidende
Aenderung der bereits allerhöchst proclamirten Grundsätze vom 8 Jun. 1849,
nach welchen bei Besetzung aller Officiersstellen ein Einvernehmen der Mi-
nisterien des Kriegs und des Innern voranzugehen hätte. Es mag dieses
als eine Andeutung für den Grad gelten in welchem seit einem halben
Jahr der Militärbarometer gestiegen ist. Allerdings scheint hiebei die
Absicht unnöthige Geschäftsvermehrung zu vermeiden, den Ausschlag ge-
geben zu haben; dann aber muß man sich doch ein wenig über die im §. 40
dieses Statuts ausgesprochene Grundregel wundern, daß, sobald die Gen-
darmerie nicht aus eigener Dienstpflicht, folglich nicht ausschließend auf
eigene Verantwortung handelt, dieselbe keinem ihr zugekommenen Befehle
einer Militär- oder Civilbehörde folgen dürfe, wenn derselbe nicht schrift-
lich abgefaßt ist -- eine Verfügung, deren gute Absicht ich nicht bezweifle,
die aber doch in der praktischen Ausführung zu einer argen Papierregie-
rung führen muß. Sonst dient dem ganzen Statut das deßfalls bisher
in der Lombardei bestandene Gesetz, wodurch die frühere, aus der Zeit der
französischen Regierung herrührende Einrichtung bedeutend abgeschwächt
wurde, zur Grundlage. Es ist beinahe ausschließend von Militärs
verfaßt worden. Neben diesem neuen Ereigniß gibt auch noch der durch
die Zeitungen bekannt gewordene Erlaß, welchen der Statthalter für
Böhmen an das Prager Stadtverordnetencollegium aus Anlaß der be-
kannten Danksagungs- beziehendlich Petitionsadresse an den Kaiser, in der
um baldige Einberufung des böhmischen Landtags gebeten ward, erließ,
und in welchem dieser Körperschaft das Petitionsrecht in politischen Fra-
gen rundweg abgesprochen wird, zu bedeutendem Achselzucken Anlaß, weil
einem jeden das "heute mir, morgen dir" doch gar zu nahe liegt. Eine
mit advocatischer Schärfe (wie man hört von Dr. Pinkas) ausgearbeitete
Rechtsdedution, welche die Prager "Union" mittheilt, führt den Beweis
daß dieser Schritt mit Hinblick auf die octroyirten Grundrechte einen Ein-
griff in das verfassungsmäßig garantirte freie Petitionsrecht enthält. Am
umpassendsten ist dieser Schritt, von dem, wie man annehmen darf, der
Minister des Innern Kenntniß hatte, gegenüber der tschechischen Partei,
von der diese Adresse zunächst ausging, die ja doch bisher seine treueste
Stütze war, und, wie der Ton der "Union" bezeigt, vom ersten Tage bis
jetzt den Hrn. Dr. Alexander Bach jederzeit als den Repräsentanten der
reinsten Bürgertugend, als den vor allen constitutionell gesinnten Mini-
ster gepriesen hat. Oder sollte seine Sympathie für die tschechische Par-
tei wirklich nur der von ihr vertretenen nationalen Sache und nicht der
politischen Idee, deren Träger sie bisher waren, gelten? Wer Dr. Bachs
früheres Leben, seine Stellung und rein deutsche Bildung kennt, wird dieß
nimmermehr glauben. Allerdings hat er vor allen übrigen Ministern,
ja selbst vor Graf Leo Thun, bisweilen am meisten den slavischen Sprach-
tendenzen Vorschub gethan, in allen slavischen Gegenden, selbst in Ober-
ungarn, wo das Volk den slowakischen Dialekt spricht, tschechische officielle
Blätter gegründet, und bei jeder Gelegenheit den Männern dieser Partei
ein besonders vertrauenvolles Entgegenkommen bewiesen. Aber ob er das
gethan, um die in ihren Folgen gewiß an Keimen für Verlegenheiten
und Conflicte überreiche künstliche Propagation des tschechischen Idioms
zum Ausgangspunkte für weitere politische Zwecke zu benützen, oder
aber, ob seine Absicht nicht vielmehr dahin zielt den Propagationsgelüsten
der tschechischen Partei das Unfruchtbare all dieser Bestrebungen auf empi-
rischem Wege zu beweisen, ist wohl eine andere Frage. Daß letzteres der

[Spaltenumbruch] Oeſterreich während dreißig langer Jahre von dem übrigen Deutſchland
zu erhalten wußte einerſeits, und bei der verworrenen, durch keine Be-
trachtung der internationalen oder ökonomiſchgeographiſchen Verhältniſſe
abgeklärten idealen Gefühlspolitik andrerſeits, konnte es nicht ausbleiben
daß der Einigungsgedanke des deutſchen Volks, ſobald man auf dem Wege
der Evolution zu verharren geſonnen war, an Preußen eine Stütze zu
erlangen ſuchte. Denn eben wegen dieſer Weiſe Politik zu treiben
tauchte damals bei den Liberalen die Frage gar nicht auf, ob Preußen
überhaupt im Stande ſeyn werde als conſtitutionelle Monarchie an die
Spitze von Deutſchland zu treten, ohne ſich ſelbſt dabei aufgeben zu müſſen?
Deſto beſſer aber hatten ſich die ſogenannten Abſolutiſten dieſelbe ſchon
ſeit langem beantwortet. Preußen, d. h. die zuſammenhängende, nach
der Oſtſee abdachende Ländermaſſe im Oſten Deutſchlands, iſt noch ein
faſt ungebrochener Agriculturſtaat, der nur durch eine Beamtenhierarchie
und jenes bekannte Wehrſyſtem ſich als ein bedeutenderer politiſcher Or-
ganismus erhalten kann. Die Zähigkeit des auf dieſem Areal wohnenden
ſpecifiſch preußiſchen Volks in ſeinem Conſervativismus beruht auf dieſen
ökonomiſchen Verhältniſſen; denn das Gefühl ſchlägt in ihm, zwar bloß
dunkel aber allgemein durch daß, wenn einmal das kosmiſche Güterleben
ſich in Deutſchland mit der ihm innewohnenden Souveränetät geltend
macht, in dieſen von der Natur ſo ſehr vernachläſſigten Strecken ſich nirgends
mehr ein Schwerpunkt findet. Nur ſolange der Beamtenſtaat, von keinem
Selfgovernment des Bürgerthums geſtört, in alter Blüthe fortdauern
kann, währt auch die preußiſche Macht. Darum durfte dieſes Preußen
den Zollverein ſich nicht weiter entwickeln laſſen, darum wäre ſein Schritt an
die Nordſeeküſte ein Selbſtvernichtungsact(?) geweſen; darum konnte die
Frage des jusqu’à la mer nicht gelöst werden! Das Rheinland ward ab-
ſichtlich an dem freien Ausſtrömen ſeiner Kräfte in die offene See ver-
hindert; ſtatt einer Befreiung wurde durch den 1837 mit ſo großer Bereit-
willigkeit gewährten holländiſchen Riegel dieſes reiche Thal nur noch un-
natürlicher nach Berlin hinübergebogen. Man macht mit Recht dem Fürſten
Metternich den Vorwurf die Donau für Oeſterreich verſperrt zu haben; aber
das preußiſche Syſtem hat um nichts beſſer gehandelt. Man entgegne mir
hier nicht daß ich Abſichten in die preußiſche Politik hineininterpretire die
nicht darin lagen. Wer gewiſſe „politiſche Geſpräche“ geleſen hat, kann
darüber keinen weitern Zweifel hegen daß das „Syſtem“ ſelbſtbewußt die
Kräftigung des Bürgerthums im Intereſſe des alten pietiſtiſch militäriſch-
hierarchiſch-romantiſchen Junkerſtaats zu hintertreiben ſuchte. In dieſem
eben genannten Buche iſt das Wort Mephiſto’s in Lenau’s Fauſt:
„Beſchränke ſtets, doch nie zu ſcharf,
Dem Volk den ſinnlichen Bedarf.“
völlig nur etwas umhüllt variirt. Das Bürgerthum ſoll zwiſchen den
Adel und ein königliches Proletariat eingekeilt und auf ſolche Weiſe para-
lyſirt werden — das ſind die offen ausgeſprochenen Gedanken jenes Staats-
manns; und auf ſeinem Standpunkte hatte er ſehr klug calculirt; denn ſo
allein konnte es gelingen jene Macht von der politiſchen Bühne noch eine
Zeitlang fernzuhalten, von deren endlichem Siege die langſame aber ſichere
Vernichtung Preußens datirt.

Unter ſolchen Conſtellationen erhielten wir von außen den revolu-
tionären Anſtoß.



Wien.

Die „Auſtria“ veröffentlicht heute eine Zu-
ſchrift des Reichenberger Gewerbevereins an das Handelsminiſterium, in
welcher er ſich als durchaus beruhigt über die Grundſätze ausſpricht die
letzteres bei der Aufſtellung des Tarifentwurfs leiten. Er verſpricht beim
Erſcheinen der Zollrolle ihr ſeine ganze Aufmerkſamkeit zu widmen. In
Prag haben die Induſtriellen Böhmens einen Congreß aus Anlaß der Zoll-
vereinsfrage gehalten, über deſſen Ergebniß jedoch bis jetzt noch nichts ver-
lautet. Daß übrigens die allgemeine Stimmung in Oeſterreich ſich neuer-
dings ſehr zu Gunſten des Vereinigungsplans gedreht hat, läßt ſich nicht
verkennen, trotzdem daß, wie die „Oſtdeutſche Poſt“ ſchreibt, die pr ußiſche
miniſterielle Preſſe und die Organe der czechiſchen Partei, die Radicalen
in Prag und Agram und die Stockconſervativen in Wien, die unverbeſſer-
lichen Feinde Oeſterreichs in Deutſch and und die blinden oder beſſer: nach
Oſten gekehrten Freunde eines ſtarken Oeſterreichs, die Schmuggler im
Erzgebirge und Prioilegirten in den großen Fabrikſtädten — alle dagegen
Chorus machen. Erzherzog Johann ſagt in einem vom 18 d. M. datirten
Briefe an den Generallieutenant Jochmus in Frankfurt: es freue ihn daß
der Prinz Hohenlohe, der Präſident des Vereins zum Schutz der vater-
ländiſchen Arbeit, zufrieden von Wien zurückgekehrt ſey, er hoffe daß in
ſehr kurzer Zeit noch befriedigenderes (die Denkſchrift des Handels-
miniſteriums und die Uebergabe der Angelegenheit an die Bundes-
commiſſion) erfolgen werde. Unſere Staatsmänner in den höheren
[Spaltenumbruch] Sphären fangen an Talleyrands Befürchtungen wahr zu machen und —
„Handelsconſuln“ zu werden.

Das Gendarmerie-Geſetz, das die vorgeſtrige
Wiener Zeitung brachte, iſt in dieſem Augenblick Gegenſtand beſondern
Intereſſes. Die Gendarmerie iſt eine von allen Einſichtsvollen ſchon
längſt als ein dringendes Bedürfniß erkannte Einrichtung, beſonders im
gegenwärtigen Zeitpunkt wo in Folge des Uebergangszuſtandes die Bande
der Ordnung nicht nur in Ungarn und in den ſüdſlaviſchen Ländern, ſondern
ſogar in unſern nächſten Kronländern ſich mit jedem Tage mehr zu löſen
drohen, und nur eine energiſche, mit ausreichender Macht ausgeſtattete Ge-
walt einen äußerlich legalen Zuſtand vor argen Störungen zu bewahren
geeignet iſt. Ich habe dieſen ſchlimmen Uebergangszuſtand vor einigen Ta-
gen etwas ausführlicher zu ſchildern geſucht, und mag heute nicht darauf
zurückkommen. Das Gendarmerie-Inſtitut, das auf 16 Regimenter mit
einem Stande von wenigſtens 16,000 Mann berechnet iſt, wurde von der
Regierung, wie das Geſetz zeigt, ganz ausſchließlich als ein militäriſches
aufgefaßt; es bildet die Gendarmerie einen Beſtandtheil der Armee, un-
terſteht in allen Fällen nur der Militärgerichtsbarkeit und empfängt alle
Befehle in letzter Ordnung nur vom Kriegsminiſterium. Der unmittel-
bare Einfluß des Miniſteriums des Innern auf die Leitung und den Geiſt
in der Gendarmerie beſteht eigentlich nur darin daß rückſichtlich der Com-
mandanten der einzelnen Regimenter vor Erſtattung des Beſetzungsvor-
ſchlags, über welchen der Kaiſer entſcheidet, das Kriegsminiſterium ſich
früher mit dem Miniſterium des Innern zu benehmen hat, eine entſcheidende
Aenderung der bereits allerhöchſt proclamirten Grundſätze vom 8 Jun. 1849,
nach welchen bei Beſetzung aller Officiersſtellen ein Einvernehmen der Mi-
niſterien des Kriegs und des Innern voranzugehen hätte. Es mag dieſes
als eine Andeutung für den Grad gelten in welchem ſeit einem halben
Jahr der Militärbarometer geſtiegen iſt. Allerdings ſcheint hiebei die
Abſicht unnöthige Geſchäftsvermehrung zu vermeiden, den Ausſchlag ge-
geben zu haben; dann aber muß man ſich doch ein wenig über die im §. 40
dieſes Statuts ausgeſprochene Grundregel wundern, daß, ſobald die Gen-
darmerie nicht aus eigener Dienſtpflicht, folglich nicht ausſchließend auf
eigene Verantwortung handelt, dieſelbe keinem ihr zugekommenen Befehle
einer Militär- oder Civilbehörde folgen dürfe, wenn derſelbe nicht ſchrift-
lich abgefaßt iſt — eine Verfügung, deren gute Abſicht ich nicht bezweifle,
die aber doch in der praktiſchen Ausführung zu einer argen Papierregie-
rung führen muß. Sonſt dient dem ganzen Statut das deßfalls bisher
in der Lombardei beſtandene Geſetz, wodurch die frühere, aus der Zeit der
franzöſiſchen Regierung herrührende Einrichtung bedeutend abgeſchwächt
wurde, zur Grundlage. Es iſt beinahe ausſchließend von Militärs
verfaßt worden. Neben dieſem neuen Ereigniß gibt auch noch der durch
die Zeitungen bekannt gewordene Erlaß, welchen der Statthalter für
Böhmen an das Prager Stadtverordnetencollegium aus Anlaß der be-
kannten Dankſagungs- beziehendlich Petitionsadreſſe an den Kaiſer, in der
um baldige Einberufung des böhmiſchen Landtags gebeten ward, erließ,
und in welchem dieſer Körperſchaft das Petitionsrecht in politiſchen Fra-
gen rundweg abgeſprochen wird, zu bedeutendem Achſelzucken Anlaß, weil
einem jeden das „heute mir, morgen dir“ doch gar zu nahe liegt. Eine
mit advocatiſcher Schärfe (wie man hört von Dr. Pinkas) ausgearbeitete
Rechtsdedution, welche die Prager „Union“ mittheilt, führt den Beweis
daß dieſer Schritt mit Hinblick auf die octroyirten Grundrechte einen Ein-
griff in das verfaſſungsmäßig garantirte freie Petitionsrecht enthält. Am
umpaſſendſten iſt dieſer Schritt, von dem, wie man annehmen darf, der
Miniſter des Innern Kenntniß hatte, gegenüber der tſchechiſchen Partei,
von der dieſe Adreſſe zunächſt ausging, die ja doch bisher ſeine treueſte
Stütze war, und, wie der Ton der „Union“ bezeigt, vom erſten Tage bis
jetzt den Hrn. Dr. Alexander Bach jederzeit als den Repräſentanten der
reinſten Bürgertugend, als den vor allen conſtitutionell geſinnten Mini-
ſter geprieſen hat. Oder ſollte ſeine Sympathie für die tſchechiſche Par-
tei wirklich nur der von ihr vertretenen nationalen Sache und nicht der
politiſchen Idee, deren Träger ſie bisher waren, gelten? Wer Dr. Bachs
früheres Leben, ſeine Stellung und rein deutſche Bildung kennt, wird dieß
nimmermehr glauben. Allerdings hat er vor allen übrigen Miniſtern,
ja ſelbſt vor Graf Leo Thun, bisweilen am meiſten den ſlaviſchen Sprach-
tendenzen Vorſchub gethan, in allen ſlaviſchen Gegenden, ſelbſt in Ober-
ungarn, wo das Volk den ſlowakiſchen Dialekt ſpricht, tſchechiſche officielle
Blätter gegründet, und bei jeder Gelegenheit den Männern dieſer Partei
ein beſonders vertrauenvolles Entgegenkommen bewieſen. Aber ob er das
gethan, um die in ihren Folgen gewiß an Keimen für Verlegenheiten
und Conflicte überreiche künſtliche Propagation des tſchechiſchen Idioms
zum Ausgangspunkte für weitere politiſche Zwecke zu benützen, oder
aber, ob ſeine Abſicht nicht vielmehr dahin zielt den Propagationsgelüſten
der tſchechiſchen Partei das Unfruchtbare all dieſer Beſtrebungen auf empi-
riſchem Wege zu beweiſen, iſt wohl eine andere Frage. Daß letzteres der

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[573/0013] Oeſterreich während dreißig langer Jahre von dem übrigen Deutſchland zu erhalten wußte einerſeits, und bei der verworrenen, durch keine Be- trachtung der internationalen oder ökonomiſchgeographiſchen Verhältniſſe abgeklärten idealen Gefühlspolitik andrerſeits, konnte es nicht ausbleiben daß der Einigungsgedanke des deutſchen Volks, ſobald man auf dem Wege der Evolution zu verharren geſonnen war, an Preußen eine Stütze zu erlangen ſuchte. Denn eben wegen dieſer Weiſe Politik zu treiben tauchte damals bei den Liberalen die Frage gar nicht auf, ob Preußen überhaupt im Stande ſeyn werde als conſtitutionelle Monarchie an die Spitze von Deutſchland zu treten, ohne ſich ſelbſt dabei aufgeben zu müſſen? Deſto beſſer aber hatten ſich die ſogenannten Abſolutiſten dieſelbe ſchon ſeit langem beantwortet. Preußen, d. h. die zuſammenhängende, nach der Oſtſee abdachende Ländermaſſe im Oſten Deutſchlands, iſt noch ein faſt ungebrochener Agriculturſtaat, der nur durch eine Beamtenhierarchie und jenes bekannte Wehrſyſtem ſich als ein bedeutenderer politiſcher Or- ganismus erhalten kann. Die Zähigkeit des auf dieſem Areal wohnenden ſpecifiſch preußiſchen Volks in ſeinem Conſervativismus beruht auf dieſen ökonomiſchen Verhältniſſen; denn das Gefühl ſchlägt in ihm, zwar bloß dunkel aber allgemein durch daß, wenn einmal das kosmiſche Güterleben ſich in Deutſchland mit der ihm innewohnenden Souveränetät geltend macht, in dieſen von der Natur ſo ſehr vernachläſſigten Strecken ſich nirgends mehr ein Schwerpunkt findet. Nur ſolange der Beamtenſtaat, von keinem Selfgovernment des Bürgerthums geſtört, in alter Blüthe fortdauern kann, währt auch die preußiſche Macht. Darum durfte dieſes Preußen den Zollverein ſich nicht weiter entwickeln laſſen, darum wäre ſein Schritt an die Nordſeeküſte ein Selbſtvernichtungsact(?) geweſen; darum konnte die Frage des jusqu’à la mer nicht gelöst werden! Das Rheinland ward ab- ſichtlich an dem freien Ausſtrömen ſeiner Kräfte in die offene See ver- hindert; ſtatt einer Befreiung wurde durch den 1837 mit ſo großer Bereit- willigkeit gewährten holländiſchen Riegel dieſes reiche Thal nur noch un- natürlicher nach Berlin hinübergebogen. Man macht mit Recht dem Fürſten Metternich den Vorwurf die Donau für Oeſterreich verſperrt zu haben; aber das preußiſche Syſtem hat um nichts beſſer gehandelt. Man entgegne mir hier nicht daß ich Abſichten in die preußiſche Politik hineininterpretire die nicht darin lagen. Wer gewiſſe „politiſche Geſpräche“ geleſen hat, kann darüber keinen weitern Zweifel hegen daß das „Syſtem“ ſelbſtbewußt die Kräftigung des Bürgerthums im Intereſſe des alten pietiſtiſch militäriſch- hierarchiſch-romantiſchen Junkerſtaats zu hintertreiben ſuchte. In dieſem eben genannten Buche iſt das Wort Mephiſto’s in Lenau’s Fauſt: „Beſchränke ſtets, doch nie zu ſcharf, Dem Volk den ſinnlichen Bedarf.“ völlig nur etwas umhüllt variirt. Das Bürgerthum ſoll zwiſchen den Adel und ein königliches Proletariat eingekeilt und auf ſolche Weiſe para- lyſirt werden — das ſind die offen ausgeſprochenen Gedanken jenes Staats- manns; und auf ſeinem Standpunkte hatte er ſehr klug calculirt; denn ſo allein konnte es gelingen jene Macht von der politiſchen Bühne noch eine Zeitlang fernzuhalten, von deren endlichem Siege die langſame aber ſichere Vernichtung Preußens datirt. Unter ſolchen Conſtellationen erhielten wir von außen den revolu- tionären Anſtoß. Wien. — Wien, 31 Jan. Die „Auſtria“ veröffentlicht heute eine Zu- ſchrift des Reichenberger Gewerbevereins an das Handelsminiſterium, in welcher er ſich als durchaus beruhigt über die Grundſätze ausſpricht die letzteres bei der Aufſtellung des Tarifentwurfs leiten. Er verſpricht beim Erſcheinen der Zollrolle ihr ſeine ganze Aufmerkſamkeit zu widmen. In Prag haben die Induſtriellen Böhmens einen Congreß aus Anlaß der Zoll- vereinsfrage gehalten, über deſſen Ergebniß jedoch bis jetzt noch nichts ver- lautet. Daß übrigens die allgemeine Stimmung in Oeſterreich ſich neuer- dings ſehr zu Gunſten des Vereinigungsplans gedreht hat, läßt ſich nicht verkennen, trotzdem daß, wie die „Oſtdeutſche Poſt“ ſchreibt, die pr ußiſche miniſterielle Preſſe und die Organe der czechiſchen Partei, die Radicalen in Prag und Agram und die Stockconſervativen in Wien, die unverbeſſer- lichen Feinde Oeſterreichs in Deutſch and und die blinden oder beſſer: nach Oſten gekehrten Freunde eines ſtarken Oeſterreichs, die Schmuggler im Erzgebirge und Prioilegirten in den großen Fabrikſtädten — alle dagegen Chorus machen. Erzherzog Johann ſagt in einem vom 18 d. M. datirten Briefe an den Generallieutenant Jochmus in Frankfurt: es freue ihn daß der Prinz Hohenlohe, der Präſident des Vereins zum Schutz der vater- ländiſchen Arbeit, zufrieden von Wien zurückgekehrt ſey, er hoffe daß in ſehr kurzer Zeit noch befriedigenderes (die Denkſchrift des Handels- miniſteriums und die Uebergabe der Angelegenheit an die Bundes- commiſſion) erfolgen werde. Unſere Staatsmänner in den höheren Sphären fangen an Talleyrands Befürchtungen wahr zu machen und — „Handelsconſuln“ zu werden. # Wien, 28 Jan. Das Gendarmerie-Geſetz, das die vorgeſtrige Wiener Zeitung brachte, iſt in dieſem Augenblick Gegenſtand beſondern Intereſſes. Die Gendarmerie iſt eine von allen Einſichtsvollen ſchon längſt als ein dringendes Bedürfniß erkannte Einrichtung, beſonders im gegenwärtigen Zeitpunkt wo in Folge des Uebergangszuſtandes die Bande der Ordnung nicht nur in Ungarn und in den ſüdſlaviſchen Ländern, ſondern ſogar in unſern nächſten Kronländern ſich mit jedem Tage mehr zu löſen drohen, und nur eine energiſche, mit ausreichender Macht ausgeſtattete Ge- walt einen äußerlich legalen Zuſtand vor argen Störungen zu bewahren geeignet iſt. Ich habe dieſen ſchlimmen Uebergangszuſtand vor einigen Ta- gen etwas ausführlicher zu ſchildern geſucht, und mag heute nicht darauf zurückkommen. Das Gendarmerie-Inſtitut, das auf 16 Regimenter mit einem Stande von wenigſtens 16,000 Mann berechnet iſt, wurde von der Regierung, wie das Geſetz zeigt, ganz ausſchließlich als ein militäriſches aufgefaßt; es bildet die Gendarmerie einen Beſtandtheil der Armee, un- terſteht in allen Fällen nur der Militärgerichtsbarkeit und empfängt alle Befehle in letzter Ordnung nur vom Kriegsminiſterium. Der unmittel- bare Einfluß des Miniſteriums des Innern auf die Leitung und den Geiſt in der Gendarmerie beſteht eigentlich nur darin daß rückſichtlich der Com- mandanten der einzelnen Regimenter vor Erſtattung des Beſetzungsvor- ſchlags, über welchen der Kaiſer entſcheidet, das Kriegsminiſterium ſich früher mit dem Miniſterium des Innern zu benehmen hat, eine entſcheidende Aenderung der bereits allerhöchſt proclamirten Grundſätze vom 8 Jun. 1849, nach welchen bei Beſetzung aller Officiersſtellen ein Einvernehmen der Mi- niſterien des Kriegs und des Innern voranzugehen hätte. Es mag dieſes als eine Andeutung für den Grad gelten in welchem ſeit einem halben Jahr der Militärbarometer geſtiegen iſt. Allerdings ſcheint hiebei die Abſicht unnöthige Geſchäftsvermehrung zu vermeiden, den Ausſchlag ge- geben zu haben; dann aber muß man ſich doch ein wenig über die im §. 40 dieſes Statuts ausgeſprochene Grundregel wundern, daß, ſobald die Gen- darmerie nicht aus eigener Dienſtpflicht, folglich nicht ausſchließend auf eigene Verantwortung handelt, dieſelbe keinem ihr zugekommenen Befehle einer Militär- oder Civilbehörde folgen dürfe, wenn derſelbe nicht ſchrift- lich abgefaßt iſt — eine Verfügung, deren gute Abſicht ich nicht bezweifle, die aber doch in der praktiſchen Ausführung zu einer argen Papierregie- rung führen muß. Sonſt dient dem ganzen Statut das deßfalls bisher in der Lombardei beſtandene Geſetz, wodurch die frühere, aus der Zeit der franzöſiſchen Regierung herrührende Einrichtung bedeutend abgeſchwächt wurde, zur Grundlage. Es iſt beinahe ausſchließend von Militärs verfaßt worden. Neben dieſem neuen Ereigniß gibt auch noch der durch die Zeitungen bekannt gewordene Erlaß, welchen der Statthalter für Böhmen an das Prager Stadtverordnetencollegium aus Anlaß der be- kannten Dankſagungs- beziehendlich Petitionsadreſſe an den Kaiſer, in der um baldige Einberufung des böhmiſchen Landtags gebeten ward, erließ, und in welchem dieſer Körperſchaft das Petitionsrecht in politiſchen Fra- gen rundweg abgeſprochen wird, zu bedeutendem Achſelzucken Anlaß, weil einem jeden das „heute mir, morgen dir“ doch gar zu nahe liegt. Eine mit advocatiſcher Schärfe (wie man hört von Dr. Pinkas) ausgearbeitete Rechtsdedution, welche die Prager „Union“ mittheilt, führt den Beweis daß dieſer Schritt mit Hinblick auf die octroyirten Grundrechte einen Ein- griff in das verfaſſungsmäßig garantirte freie Petitionsrecht enthält. Am umpaſſendſten iſt dieſer Schritt, von dem, wie man annehmen darf, der Miniſter des Innern Kenntniß hatte, gegenüber der tſchechiſchen Partei, von der dieſe Adreſſe zunächſt ausging, die ja doch bisher ſeine treueſte Stütze war, und, wie der Ton der „Union“ bezeigt, vom erſten Tage bis jetzt den Hrn. Dr. Alexander Bach jederzeit als den Repräſentanten der reinſten Bürgertugend, als den vor allen conſtitutionell geſinnten Mini- ſter geprieſen hat. Oder ſollte ſeine Sympathie für die tſchechiſche Par- tei wirklich nur der von ihr vertretenen nationalen Sache und nicht der politiſchen Idee, deren Träger ſie bisher waren, gelten? Wer Dr. Bachs früheres Leben, ſeine Stellung und rein deutſche Bildung kennt, wird dieß nimmermehr glauben. Allerdings hat er vor allen übrigen Miniſtern, ja ſelbſt vor Graf Leo Thun, bisweilen am meiſten den ſlaviſchen Sprach- tendenzen Vorſchub gethan, in allen ſlaviſchen Gegenden, ſelbſt in Ober- ungarn, wo das Volk den ſlowakiſchen Dialekt ſpricht, tſchechiſche officielle Blätter gegründet, und bei jeder Gelegenheit den Männern dieſer Partei ein beſonders vertrauenvolles Entgegenkommen bewieſen. Aber ob er das gethan, um die in ihren Folgen gewiß an Keimen für Verlegenheiten und Conflicte überreiche künſtliche Propagation des tſchechiſchen Idioms zum Ausgangspunkte für weitere politiſche Zwecke zu benützen, oder aber, ob ſeine Abſicht nicht vielmehr dahin zielt den Propagationsgelüſten der tſchechiſchen Partei das Unfruchtbare all dieſer Beſtrebungen auf empi- riſchem Wege zu beweiſen, iſt wohl eine andere Frage. Daß letzteres der

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 36, 5. Februar 1850, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine36_1850/13>, abgerufen am 17.06.2024.