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Mainzer Journal. Nr. 253. Mainz, 24. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] digung und den Beifallsbezeugungen für diese Aufmerksamkeit
das Orchester den preußischen Volksgesang intonirte, da brach
ein nicht enden wollender Jubel aus, die ganze Versammlung er-
hob sich und sang, ohne Unterschied der Nationalität, auch diese
Hymne mit, die wiederholt werden mußte. Jetzt war es ein wah-
res Verbrüderungsfest, das die Anwesenden feierten, und als der
Abgeordnete der Görlitzer Zweigbahn, Lehmann, in sinnigen,
herzlichen Worten ein Lebehoch auf die in neu vereinter Freund-
schaft Hand in Hand gehenden erhabenen Herrscher Franz
Joseph
und Friedrich Wilhelm IV. in Antrag brachte und
auf den Segen für die Zukunft hinwies, den dieser Bund in Aussicht
stelle, da fielen in den nicht enden wollenden Hochs die letzten
Fesseln der Zurückhaltung, und ein Sinn und ein Gedanke, daß
hier nur Deutsche und treue Freunde zusammensäßen, belebte Alle.

Die Neugestaltung der österreichischen Armee ist nun definitiv
entschieden, und zwar wird dieselbe in bestimmte Armeekorps
und Armeeabtheilungen formirt werden. Es werden 14 Armee-
korps und 5 Armeen bestehen, nämlich eine italiänische unter Mar-
schall Radetzky mit 4 Armeekorps, eine österreichische und
böhmische unter Graf Wratislaw mit 3 Korps, eine ungari-
sche mit 3 Korps unter Haynau, eine galizische mit 2 Korps
unter Hammerstein, eine der Grenze mit 2 Korps unter
Jellachich. Die Korpscommandanten sind noch nicht alle er-
nannt, jedoch werden mehrere der jetzigen Commandirenden in
den Provinzen zu Gouverneuren ernannt und an deren Stelle
andere Generäle ein Korpscommando erhalten. Den Garden
steht ebenfalls eine neue Organisation bevor und sollen künftig
nur eine Nobelgarde, aus allen Nationalitäten und von gut ge-
dienten, halbinvaliden Offizieren zusammengesetzt, so wie die
Trabanten ( Feldwebel ) und die Hofburgwache ( Korporals )
bleiben.

Der "Lloyd" berührt in einer äußerst vorsichtig gehaltenen
Weise die Stellung der österreichischen Stifter zum
Staate. Dem Anscheine nach will er den Reigen eröffnen, und
die bisher in Oesterreich noch gänzlich offenen Fragen hinsichtlich
des Klerus, mit Allem was dahin gehört, allmälig etwas näher
umziehen. Die Schwierigkeit der hier einschlagenden Verhältnisse
und die gewaltige nachhaltige Opposition, die der Regierung aus
der Geistlichkeit erwachsen kann, eine Opposition, an welcher be-
kanntlich Kaiser Joseph trotz aller seiner Energie scheiterte, ma-
chen die geschickteste Behandlung nöthig. Wir wollen dem "Lloyd"
für den Anfang noch nicht auf dieses Feld folgen nur möchte man
ihm die Warnung zurufen, nicht durch zu frühzeitige Aufrührung
einer solchen Macht dem reformatorischen Wirken der Regierung
die größten Hindernisse in den Weg zu legen! Also die " Allge-
meine Zeitung!" -- Uebersetzt man diese Phrasen in ein ehrliches
Deutsch, so würden sie etwa so lauten: Bestehlet die Kirche nach
Kräften, nur fanget es fein pfiffig an!

München 21. October. Es bestätigt sich vollkommen, daß
die telegraphische Verbindung unserer Hauptstadt mit Wien schon
bis zum 1. December d. J. vollendet seyn und vom genannten
Tage an auch dem Publicum zur Benützung übergeben werden
wird. Hoffentlich wird auch die Herstellung der Telegraphenver-
bindung durch die Nordbahn mit Berlin in Bälde hergestellt.

München 21. October. ( N. C. ) Diesen Mittag hat eine
längere Sitzung des Staatsraths stattgefunden. Da heute
Sonntag ist, an welchem Tage sonst keine Sitzungen stattzufinden
pflegen, so muß wohl ein sehr dringender Gegenstand vorgelegen
haben. Man vermuthet, daß die Frage über den Beitritt zu der
österreichisch=preußischen Bundescommission Gegenstand der Be-
rathung gewesen sey, da, wie es heißt, in der nächsten Sitzung der
Kammer der Abgeordneten, am Dienstag, eine hierauf bezügliche
Regierungsmittheilung an die Kammer gelangen soll, inzwischen
aber noch das Resultat der Staatsrathssitzung an Se. Majestät
den König nach Eggern bei Tegernsee berichtet werden muß.

So eben erfahre ich, daß der erste Ausschuß sich in seiner
gestrigen Sitzung dahin definitiv ausgesprochen hat, die Erlaub-
niß zur "provisorischen" Verhaftung ( Vorführung ) Schüler's
zu ertheilen. Der Ausschuß besteht aus lauter Juristen und dar-
unter zwei Pfälzern.

Es lohnt sich wohl der Mühe hier auf einen Vortrag hinzu-
weisen, welchen neulich der Abgeordnete Pfarrer Westermayer
bei der Berathung des Gesetzes über Ansässigmachung
und Verheirathung der Schullehrer
in der zweiten
Kammer hielt, da derselbe im Allgemeinen den Jdeen entspricht,
welche in diesen Blättern schon oft ausgesprochen worden sind.
"Zum ersten Male, bemerkte der Redner, sey die Kammer im Be-
griffe, ihre Aufmerksamkeit einem Stande zuzuwenden, dessen
Wünsche und Hoffnungen seit vielen Jahren in diesem Hause nicht
die gehörige Berücksichtigung fanden, sondern oft ihr Grab. Jetzt
solle die Lage der Lehrer aufgebessert werden; dringend nothwen-
[Spaltenumbruch] dig sey dies, die Ueberzeugung sey allgemein, daß das schon lange
hätte geschehen sollen. Die traurige Lage der Lehrer, besonders
der Schulgehilfen, sey bekannt, diese seyen besonders zu berücksich-
tigen. An mehreren Orten seyen die Lehrer fast zum Bettel ge-
zwungen. Sie müssen nicht selten die Gemeindeglieder, die Bauern
um ihre Gunst, um die Bestellung ihrer Felder, um Victualien
ersuchen für Erhaltung ihrer Familien. Das Ansehen und die
Unabhängigkeit der Schullehrer leidet darunter. Sie müssen auf
Nebendienste bedacht seyn, die ihrem Ansehen in hohem Grade
schaden. Er spreche nicht von Küster= und Meßnerdiensten,
die von manchen hochfahrenden Schullehrern über Bord ge-
worfen werden wollen. Dieser Dienst sey nicht herabwürdi-
gend; es sey nicht herabwürdigend, wenn der Lehrer den Geist-
lichen in der Sakristei und am Altare bediene; auch nicht,
wenn er Altäre und Kirchenwände vom Staube reinige. Der
Küsterdienst sey also nicht entwürdigend. Wenn der Lehrer
als Küster seine Schuldigkeit thut, wird er die Achtung der Ge-
meinde erwerben. Ebenso wenn er als Gemeindeschreiber, Rech-
nungsführer von Kirchen und Stiftungen, Privatlehrer fungirt,
das schade nicht; aber wenn die Lehrer gewisse andere Nebenver-
dienste suchen, welche zu nennen ihm die Achtung vor der Kammer
verbiete, wozu die Lehrer nur aus materieller Noth sich veranlaßt
sehen und die sie mit innerer tiefster Beschämung verrichten. Also
sey Abhilfe dringend nöthig. Die Lehrer müssen so gestellt werden,
daß ihnen der Gedanke solcher unerlaubten Mittel nicht komme.
Aber mit welchen Mitteln und auf welche Weise ihre Lage ver-
bessern? Der Gesetzentwurf lieferte nur ein Minimum von Mit-
teln, reiche nicht aus. Wer heirathet muß leben können. Also
müsse mehr geschehen, aber wie? Darüber seyen die Ansichten
sehr verschieden. Die Einen wollen die Lehrer als Staatsdiener
mit pragmatischen Rechten, die Anderen als blose Gemeindediener
betrachten. Die Staatsregierung hat sich auf einen Artikel der
Grundrechte berufen. Dadurch habe sie Anlaß gegeben, daß sie
sich auch Berufung auf andere Artikel der Grundrechte gefallen
lassen müsse. Dadurch sey der Principienstreit hervorgerufen.
Das ganze Verhältniß zwischen Schule und Kirche, die Schul-
gelder u. s. w. müssen zur Sprache kommen. Er glaubt, wenn
der Principienkampf mit Einsicht und Mäßigung, wie sie die
Kammer bisher bethätigte, durchgeführt werde, könne dies nur
nützen. Aber die Hauptfrage bleibe immer die Geld-
frage.
Mache man den Lehrer zum Staatsdiener, selbst zum
gnädigen Herrn, mit Borden und Tressen, ohne Mittel wird
er nicht sehr dafür danken. Also sey die materielle
Lage vor Allem zu bessern, das sey die Haupt-
sache.
Je mehr geschehe, desto besser, daher sey die Staats-
regierung zu ersuchen, nach Maßgabe der vorhandenen oder
möglicherweise zu erschwingenden Mittel die Lage der Schule
zu verbessern und einen umfassenden Gesetzentwurf in dieser
Beziehung noch dem gegenwärtigen Landtage vorzulegen. Dann
werde der Schullehrerstand sich beruhigen, und die Kam-
mer werde sich Glück wünschen, etwas dafür gethan zu haben.
Es gebe allerdings schlechte Subjecte unter den Lehrern wie über-
all, leider haben in den letzten Jahren vielfach die Lehrer der
Partei des Umsturzes sich angeschlossen. Der Grund liege darin,
daß ein großer Theil der Lehrer Bankerott an Glauben und Sit-
ten gemacht, weil eine unrichtige Bildung ihnen gegeben worden.
Ein Mensch, dem es an positiven Grundsätzen mangelt, sey zu
Allem fähig, besonders wenn die Bildung ihm halb im Halse
stecken geblieben sey. Das könne aber kein Grund seyn, den Schul-
lehrern nicht zu helfen; es muß dies vielmehr geschehen. Die
Zahl der Guten sey größer als die der Schlechten.

Gerade dadurch seyen Viele der Revolution und dem Umsturze in
die Arme geworfen worden, weil sie so schlecht stehen. Schlechter
kann es nicht kommen, dachten sie, und ergriffen daher auch die
Partei der Revolution. Jm Jnteresse der Monarchie müsse ihnen
aufgeholfen werden. Sie müsse dieselben so stellen, daß sie ihr
auch treu anzuhängen vermögen: thue sie dies nicht, so habe sie
die Gefahren, die daraus erwachsen, sich selbst zuzuschreiben."

Hauptquartier Speyer 18. October. Jeden Tag werden
ganze Haufen von Deserteurs und Freischärlern, welche
aus der Schweiz und Frankreich zurückkehren oder aufgegriffen
werden, eingebracht. Auch von den bei der Uebergabe Rastatts
gefangenen und unlängst von uns reclamirten Bayern langte
heute die erste Colonne hier an; es sind darunter Leute aus allen
Provinzen des jenseitigen Bayerns, welche sämmtlich in ihre
Heimath abgeliefert werden und höchlich erfreut sind.

Auf die am Appellationsgerichte der Pfalz erledigte erste Staatspro-
curatorstelle wurde der dortige zweite Staatsprocurator L. Schmitt,
und zum zweiten Staatsprocurator daselbst der Bezirksrichter K. Hof-
mann
in Zweibrücken befördert.

Leipzig 20. October. ( D. Ref. ) Die Wahlen zu dem bevor-
stehenden Landtage sind jetzt im vollen Gange und die Anfangs
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] digung und den Beifallsbezeugungen für diese Aufmerksamkeit
das Orchester den preußischen Volksgesang intonirte, da brach
ein nicht enden wollender Jubel aus, die ganze Versammlung er-
hob sich und sang, ohne Unterschied der Nationalität, auch diese
Hymne mit, die wiederholt werden mußte. Jetzt war es ein wah-
res Verbrüderungsfest, das die Anwesenden feierten, und als der
Abgeordnete der Görlitzer Zweigbahn, Lehmann, in sinnigen,
herzlichen Worten ein Lebehoch auf die in neu vereinter Freund-
schaft Hand in Hand gehenden erhabenen Herrscher Franz
Joseph
und Friedrich Wilhelm IV. in Antrag brachte und
auf den Segen für die Zukunft hinwies, den dieser Bund in Aussicht
stelle, da fielen in den nicht enden wollenden Hochs die letzten
Fesseln der Zurückhaltung, und ein Sinn und ein Gedanke, daß
hier nur Deutsche und treue Freunde zusammensäßen, belebte Alle.

Die Neugestaltung der österreichischen Armee ist nun definitiv
entschieden, und zwar wird dieselbe in bestimmte Armeekorps
und Armeeabtheilungen formirt werden. Es werden 14 Armee-
korps und 5 Armeen bestehen, nämlich eine italiänische unter Mar-
schall Radetzky mit 4 Armeekorps, eine österreichische und
böhmische unter Graf Wratislaw mit 3 Korps, eine ungari-
sche mit 3 Korps unter Haynau, eine galizische mit 2 Korps
unter Hammerstein, eine der Grenze mit 2 Korps unter
Jellachich. Die Korpscommandanten sind noch nicht alle er-
nannt, jedoch werden mehrere der jetzigen Commandirenden in
den Provinzen zu Gouverneuren ernannt und an deren Stelle
andere Generäle ein Korpscommando erhalten. Den Garden
steht ebenfalls eine neue Organisation bevor und sollen künftig
nur eine Nobelgarde, aus allen Nationalitäten und von gut ge-
dienten, halbinvaliden Offizieren zusammengesetzt, so wie die
Trabanten ( Feldwebel ) und die Hofburgwache ( Korporals )
bleiben.

Der „Lloyd“ berührt in einer äußerst vorsichtig gehaltenen
Weise die Stellung der österreichischen Stifter zum
Staate. Dem Anscheine nach will er den Reigen eröffnen, und
die bisher in Oesterreich noch gänzlich offenen Fragen hinsichtlich
des Klerus, mit Allem was dahin gehört, allmälig etwas näher
umziehen. Die Schwierigkeit der hier einschlagenden Verhältnisse
und die gewaltige nachhaltige Opposition, die der Regierung aus
der Geistlichkeit erwachsen kann, eine Opposition, an welcher be-
kanntlich Kaiser Joseph trotz aller seiner Energie scheiterte, ma-
chen die geschickteste Behandlung nöthig. Wir wollen dem „Lloyd“
für den Anfang noch nicht auf dieses Feld folgen nur möchte man
ihm die Warnung zurufen, nicht durch zu frühzeitige Aufrührung
einer solchen Macht dem reformatorischen Wirken der Regierung
die größten Hindernisse in den Weg zu legen! Also die „ Allge-
meine Zeitung!“ — Uebersetzt man diese Phrasen in ein ehrliches
Deutsch, so würden sie etwa so lauten: Bestehlet die Kirche nach
Kräften, nur fanget es fein pfiffig an!

München 21. October. Es bestätigt sich vollkommen, daß
die telegraphische Verbindung unserer Hauptstadt mit Wien schon
bis zum 1. December d. J. vollendet seyn und vom genannten
Tage an auch dem Publicum zur Benützung übergeben werden
wird. Hoffentlich wird auch die Herstellung der Telegraphenver-
bindung durch die Nordbahn mit Berlin in Bälde hergestellt.

München 21. October. ( N. C. ) Diesen Mittag hat eine
längere Sitzung des Staatsraths stattgefunden. Da heute
Sonntag ist, an welchem Tage sonst keine Sitzungen stattzufinden
pflegen, so muß wohl ein sehr dringender Gegenstand vorgelegen
haben. Man vermuthet, daß die Frage über den Beitritt zu der
österreichisch=preußischen Bundescommission Gegenstand der Be-
rathung gewesen sey, da, wie es heißt, in der nächsten Sitzung der
Kammer der Abgeordneten, am Dienstag, eine hierauf bezügliche
Regierungsmittheilung an die Kammer gelangen soll, inzwischen
aber noch das Resultat der Staatsrathssitzung an Se. Majestät
den König nach Eggern bei Tegernsee berichtet werden muß.

So eben erfahre ich, daß der erste Ausschuß sich in seiner
gestrigen Sitzung dahin definitiv ausgesprochen hat, die Erlaub-
niß zur „provisorischen“ Verhaftung ( Vorführung ) Schüler's
zu ertheilen. Der Ausschuß besteht aus lauter Juristen und dar-
unter zwei Pfälzern.

Es lohnt sich wohl der Mühe hier auf einen Vortrag hinzu-
weisen, welchen neulich der Abgeordnete Pfarrer Westermayer
bei der Berathung des Gesetzes über Ansässigmachung
und Verheirathung der Schullehrer
in der zweiten
Kammer hielt, da derselbe im Allgemeinen den Jdeen entspricht,
welche in diesen Blättern schon oft ausgesprochen worden sind.
„Zum ersten Male, bemerkte der Redner, sey die Kammer im Be-
griffe, ihre Aufmerksamkeit einem Stande zuzuwenden, dessen
Wünsche und Hoffnungen seit vielen Jahren in diesem Hause nicht
die gehörige Berücksichtigung fanden, sondern oft ihr Grab. Jetzt
solle die Lage der Lehrer aufgebessert werden; dringend nothwen-
[Spaltenumbruch] dig sey dies, die Ueberzeugung sey allgemein, daß das schon lange
hätte geschehen sollen. Die traurige Lage der Lehrer, besonders
der Schulgehilfen, sey bekannt, diese seyen besonders zu berücksich-
tigen. An mehreren Orten seyen die Lehrer fast zum Bettel ge-
zwungen. Sie müssen nicht selten die Gemeindeglieder, die Bauern
um ihre Gunst, um die Bestellung ihrer Felder, um Victualien
ersuchen für Erhaltung ihrer Familien. Das Ansehen und die
Unabhängigkeit der Schullehrer leidet darunter. Sie müssen auf
Nebendienste bedacht seyn, die ihrem Ansehen in hohem Grade
schaden. Er spreche nicht von Küster= und Meßnerdiensten,
die von manchen hochfahrenden Schullehrern über Bord ge-
worfen werden wollen. Dieser Dienst sey nicht herabwürdi-
gend; es sey nicht herabwürdigend, wenn der Lehrer den Geist-
lichen in der Sakristei und am Altare bediene; auch nicht,
wenn er Altäre und Kirchenwände vom Staube reinige. Der
Küsterdienst sey also nicht entwürdigend. Wenn der Lehrer
als Küster seine Schuldigkeit thut, wird er die Achtung der Ge-
meinde erwerben. Ebenso wenn er als Gemeindeschreiber, Rech-
nungsführer von Kirchen und Stiftungen, Privatlehrer fungirt,
das schade nicht; aber wenn die Lehrer gewisse andere Nebenver-
dienste suchen, welche zu nennen ihm die Achtung vor der Kammer
verbiete, wozu die Lehrer nur aus materieller Noth sich veranlaßt
sehen und die sie mit innerer tiefster Beschämung verrichten. Also
sey Abhilfe dringend nöthig. Die Lehrer müssen so gestellt werden,
daß ihnen der Gedanke solcher unerlaubten Mittel nicht komme.
Aber mit welchen Mitteln und auf welche Weise ihre Lage ver-
bessern? Der Gesetzentwurf lieferte nur ein Minimum von Mit-
teln, reiche nicht aus. Wer heirathet muß leben können. Also
müsse mehr geschehen, aber wie? Darüber seyen die Ansichten
sehr verschieden. Die Einen wollen die Lehrer als Staatsdiener
mit pragmatischen Rechten, die Anderen als blose Gemeindediener
betrachten. Die Staatsregierung hat sich auf einen Artikel der
Grundrechte berufen. Dadurch habe sie Anlaß gegeben, daß sie
sich auch Berufung auf andere Artikel der Grundrechte gefallen
lassen müsse. Dadurch sey der Principienstreit hervorgerufen.
Das ganze Verhältniß zwischen Schule und Kirche, die Schul-
gelder u. s. w. müssen zur Sprache kommen. Er glaubt, wenn
der Principienkampf mit Einsicht und Mäßigung, wie sie die
Kammer bisher bethätigte, durchgeführt werde, könne dies nur
nützen. Aber die Hauptfrage bleibe immer die Geld-
frage.
Mache man den Lehrer zum Staatsdiener, selbst zum
gnädigen Herrn, mit Borden und Tressen, ohne Mittel wird
er nicht sehr dafür danken. Also sey die materielle
Lage vor Allem zu bessern, das sey die Haupt-
sache.
Je mehr geschehe, desto besser, daher sey die Staats-
regierung zu ersuchen, nach Maßgabe der vorhandenen oder
möglicherweise zu erschwingenden Mittel die Lage der Schule
zu verbessern und einen umfassenden Gesetzentwurf in dieser
Beziehung noch dem gegenwärtigen Landtage vorzulegen. Dann
werde der Schullehrerstand sich beruhigen, und die Kam-
mer werde sich Glück wünschen, etwas dafür gethan zu haben.
Es gebe allerdings schlechte Subjecte unter den Lehrern wie über-
all, leider haben in den letzten Jahren vielfach die Lehrer der
Partei des Umsturzes sich angeschlossen. Der Grund liege darin,
daß ein großer Theil der Lehrer Bankerott an Glauben und Sit-
ten gemacht, weil eine unrichtige Bildung ihnen gegeben worden.
Ein Mensch, dem es an positiven Grundsätzen mangelt, sey zu
Allem fähig, besonders wenn die Bildung ihm halb im Halse
stecken geblieben sey. Das könne aber kein Grund seyn, den Schul-
lehrern nicht zu helfen; es muß dies vielmehr geschehen. Die
Zahl der Guten sey größer als die der Schlechten.

Gerade dadurch seyen Viele der Revolution und dem Umsturze in
die Arme geworfen worden, weil sie so schlecht stehen. Schlechter
kann es nicht kommen, dachten sie, und ergriffen daher auch die
Partei der Revolution. Jm Jnteresse der Monarchie müsse ihnen
aufgeholfen werden. Sie müsse dieselben so stellen, daß sie ihr
auch treu anzuhängen vermögen: thue sie dies nicht, so habe sie
die Gefahren, die daraus erwachsen, sich selbst zuzuschreiben.“

Hauptquartier Speyer 18. October. Jeden Tag werden
ganze Haufen von Deserteurs und Freischärlern, welche
aus der Schweiz und Frankreich zurückkehren oder aufgegriffen
werden, eingebracht. Auch von den bei der Uebergabe Rastatts
gefangenen und unlängst von uns reclamirten Bayern langte
heute die erste Colonne hier an; es sind darunter Leute aus allen
Provinzen des jenseitigen Bayerns, welche sämmtlich in ihre
Heimath abgeliefert werden und höchlich erfreut sind.

Auf die am Appellationsgerichte der Pfalz erledigte erste Staatspro-
curatorstelle wurde der dortige zweite Staatsprocurator L. Schmitt,
und zum zweiten Staatsprocurator daselbst der Bezirksrichter K. Hof-
mann
in Zweibrücken befördert.

Leipzig 20. October. ( D. Ref. ) Die Wahlen zu dem bevor-
stehenden Landtage sind jetzt im vollen Gange und die Anfangs
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[0002] digung und den Beifallsbezeugungen für diese Aufmerksamkeit das Orchester den preußischen Volksgesang intonirte, da brach ein nicht enden wollender Jubel aus, die ganze Versammlung er- hob sich und sang, ohne Unterschied der Nationalität, auch diese Hymne mit, die wiederholt werden mußte. Jetzt war es ein wah- res Verbrüderungsfest, das die Anwesenden feierten, und als der Abgeordnete der Görlitzer Zweigbahn, Lehmann, in sinnigen, herzlichen Worten ein Lebehoch auf die in neu vereinter Freund- schaft Hand in Hand gehenden erhabenen Herrscher Franz Joseph und Friedrich Wilhelm IV. in Antrag brachte und auf den Segen für die Zukunft hinwies, den dieser Bund in Aussicht stelle, da fielen in den nicht enden wollenden Hochs die letzten Fesseln der Zurückhaltung, und ein Sinn und ein Gedanke, daß hier nur Deutsche und treue Freunde zusammensäßen, belebte Alle. Die Neugestaltung der österreichischen Armee ist nun definitiv entschieden, und zwar wird dieselbe in bestimmte Armeekorps und Armeeabtheilungen formirt werden. Es werden 14 Armee- korps und 5 Armeen bestehen, nämlich eine italiänische unter Mar- schall Radetzky mit 4 Armeekorps, eine österreichische und böhmische unter Graf Wratislaw mit 3 Korps, eine ungari- sche mit 3 Korps unter Haynau, eine galizische mit 2 Korps unter Hammerstein, eine der Grenze mit 2 Korps unter Jellachich. Die Korpscommandanten sind noch nicht alle er- nannt, jedoch werden mehrere der jetzigen Commandirenden in den Provinzen zu Gouverneuren ernannt und an deren Stelle andere Generäle ein Korpscommando erhalten. Den Garden steht ebenfalls eine neue Organisation bevor und sollen künftig nur eine Nobelgarde, aus allen Nationalitäten und von gut ge- dienten, halbinvaliden Offizieren zusammengesetzt, so wie die Trabanten ( Feldwebel ) und die Hofburgwache ( Korporals ) bleiben. Der „Lloyd“ berührt in einer äußerst vorsichtig gehaltenen Weise die Stellung der österreichischen Stifter zum Staate. Dem Anscheine nach will er den Reigen eröffnen, und die bisher in Oesterreich noch gänzlich offenen Fragen hinsichtlich des Klerus, mit Allem was dahin gehört, allmälig etwas näher umziehen. Die Schwierigkeit der hier einschlagenden Verhältnisse und die gewaltige nachhaltige Opposition, die der Regierung aus der Geistlichkeit erwachsen kann, eine Opposition, an welcher be- kanntlich Kaiser Joseph trotz aller seiner Energie scheiterte, ma- chen die geschickteste Behandlung nöthig. Wir wollen dem „Lloyd“ für den Anfang noch nicht auf dieses Feld folgen nur möchte man ihm die Warnung zurufen, nicht durch zu frühzeitige Aufrührung einer solchen Macht dem reformatorischen Wirken der Regierung die größten Hindernisse in den Weg zu legen! Also die „ Allge- meine Zeitung!“ — Uebersetzt man diese Phrasen in ein ehrliches Deutsch, so würden sie etwa so lauten: Bestehlet die Kirche nach Kräften, nur fanget es fein pfiffig an! München 21. October. Es bestätigt sich vollkommen, daß die telegraphische Verbindung unserer Hauptstadt mit Wien schon bis zum 1. December d. J. vollendet seyn und vom genannten Tage an auch dem Publicum zur Benützung übergeben werden wird. Hoffentlich wird auch die Herstellung der Telegraphenver- bindung durch die Nordbahn mit Berlin in Bälde hergestellt. München 21. October. ( N. C. ) Diesen Mittag hat eine längere Sitzung des Staatsraths stattgefunden. Da heute Sonntag ist, an welchem Tage sonst keine Sitzungen stattzufinden pflegen, so muß wohl ein sehr dringender Gegenstand vorgelegen haben. Man vermuthet, daß die Frage über den Beitritt zu der österreichisch=preußischen Bundescommission Gegenstand der Be- rathung gewesen sey, da, wie es heißt, in der nächsten Sitzung der Kammer der Abgeordneten, am Dienstag, eine hierauf bezügliche Regierungsmittheilung an die Kammer gelangen soll, inzwischen aber noch das Resultat der Staatsrathssitzung an Se. Majestät den König nach Eggern bei Tegernsee berichtet werden muß. So eben erfahre ich, daß der erste Ausschuß sich in seiner gestrigen Sitzung dahin definitiv ausgesprochen hat, die Erlaub- niß zur „provisorischen“ Verhaftung ( Vorführung ) Schüler's zu ertheilen. Der Ausschuß besteht aus lauter Juristen und dar- unter zwei Pfälzern. Es lohnt sich wohl der Mühe hier auf einen Vortrag hinzu- weisen, welchen neulich der Abgeordnete Pfarrer Westermayer bei der Berathung des Gesetzes über Ansässigmachung und Verheirathung der Schullehrer in der zweiten Kammer hielt, da derselbe im Allgemeinen den Jdeen entspricht, welche in diesen Blättern schon oft ausgesprochen worden sind. „Zum ersten Male, bemerkte der Redner, sey die Kammer im Be- griffe, ihre Aufmerksamkeit einem Stande zuzuwenden, dessen Wünsche und Hoffnungen seit vielen Jahren in diesem Hause nicht die gehörige Berücksichtigung fanden, sondern oft ihr Grab. Jetzt solle die Lage der Lehrer aufgebessert werden; dringend nothwen- dig sey dies, die Ueberzeugung sey allgemein, daß das schon lange hätte geschehen sollen. Die traurige Lage der Lehrer, besonders der Schulgehilfen, sey bekannt, diese seyen besonders zu berücksich- tigen. An mehreren Orten seyen die Lehrer fast zum Bettel ge- zwungen. Sie müssen nicht selten die Gemeindeglieder, die Bauern um ihre Gunst, um die Bestellung ihrer Felder, um Victualien ersuchen für Erhaltung ihrer Familien. Das Ansehen und die Unabhängigkeit der Schullehrer leidet darunter. Sie müssen auf Nebendienste bedacht seyn, die ihrem Ansehen in hohem Grade schaden. Er spreche nicht von Küster= und Meßnerdiensten, die von manchen hochfahrenden Schullehrern über Bord ge- worfen werden wollen. Dieser Dienst sey nicht herabwürdi- gend; es sey nicht herabwürdigend, wenn der Lehrer den Geist- lichen in der Sakristei und am Altare bediene; auch nicht, wenn er Altäre und Kirchenwände vom Staube reinige. Der Küsterdienst sey also nicht entwürdigend. Wenn der Lehrer als Küster seine Schuldigkeit thut, wird er die Achtung der Ge- meinde erwerben. Ebenso wenn er als Gemeindeschreiber, Rech- nungsführer von Kirchen und Stiftungen, Privatlehrer fungirt, das schade nicht; aber wenn die Lehrer gewisse andere Nebenver- dienste suchen, welche zu nennen ihm die Achtung vor der Kammer verbiete, wozu die Lehrer nur aus materieller Noth sich veranlaßt sehen und die sie mit innerer tiefster Beschämung verrichten. Also sey Abhilfe dringend nöthig. Die Lehrer müssen so gestellt werden, daß ihnen der Gedanke solcher unerlaubten Mittel nicht komme. Aber mit welchen Mitteln und auf welche Weise ihre Lage ver- bessern? Der Gesetzentwurf lieferte nur ein Minimum von Mit- teln, reiche nicht aus. Wer heirathet muß leben können. Also müsse mehr geschehen, aber wie? Darüber seyen die Ansichten sehr verschieden. Die Einen wollen die Lehrer als Staatsdiener mit pragmatischen Rechten, die Anderen als blose Gemeindediener betrachten. Die Staatsregierung hat sich auf einen Artikel der Grundrechte berufen. Dadurch habe sie Anlaß gegeben, daß sie sich auch Berufung auf andere Artikel der Grundrechte gefallen lassen müsse. Dadurch sey der Principienstreit hervorgerufen. Das ganze Verhältniß zwischen Schule und Kirche, die Schul- gelder u. s. w. müssen zur Sprache kommen. Er glaubt, wenn der Principienkampf mit Einsicht und Mäßigung, wie sie die Kammer bisher bethätigte, durchgeführt werde, könne dies nur nützen. Aber die Hauptfrage bleibe immer die Geld- frage. Mache man den Lehrer zum Staatsdiener, selbst zum gnädigen Herrn, mit Borden und Tressen, ohne Mittel wird er nicht sehr dafür danken. Also sey die materielle Lage vor Allem zu bessern, das sey die Haupt- sache. Je mehr geschehe, desto besser, daher sey die Staats- regierung zu ersuchen, nach Maßgabe der vorhandenen oder möglicherweise zu erschwingenden Mittel die Lage der Schule zu verbessern und einen umfassenden Gesetzentwurf in dieser Beziehung noch dem gegenwärtigen Landtage vorzulegen. Dann werde der Schullehrerstand sich beruhigen, und die Kam- mer werde sich Glück wünschen, etwas dafür gethan zu haben. Es gebe allerdings schlechte Subjecte unter den Lehrern wie über- all, leider haben in den letzten Jahren vielfach die Lehrer der Partei des Umsturzes sich angeschlossen. Der Grund liege darin, daß ein großer Theil der Lehrer Bankerott an Glauben und Sit- ten gemacht, weil eine unrichtige Bildung ihnen gegeben worden. Ein Mensch, dem es an positiven Grundsätzen mangelt, sey zu Allem fähig, besonders wenn die Bildung ihm halb im Halse stecken geblieben sey. Das könne aber kein Grund seyn, den Schul- lehrern nicht zu helfen; es muß dies vielmehr geschehen. Die Zahl der Guten sey größer als die der Schlechten. Gerade dadurch seyen Viele der Revolution und dem Umsturze in die Arme geworfen worden, weil sie so schlecht stehen. Schlechter kann es nicht kommen, dachten sie, und ergriffen daher auch die Partei der Revolution. Jm Jnteresse der Monarchie müsse ihnen aufgeholfen werden. Sie müsse dieselben so stellen, daß sie ihr auch treu anzuhängen vermögen: thue sie dies nicht, so habe sie die Gefahren, die daraus erwachsen, sich selbst zuzuschreiben.“ Hauptquartier Speyer 18. October. Jeden Tag werden ganze Haufen von Deserteurs und Freischärlern, welche aus der Schweiz und Frankreich zurückkehren oder aufgegriffen werden, eingebracht. Auch von den bei der Uebergabe Rastatts gefangenen und unlängst von uns reclamirten Bayern langte heute die erste Colonne hier an; es sind darunter Leute aus allen Provinzen des jenseitigen Bayerns, welche sämmtlich in ihre Heimath abgeliefert werden und höchlich erfreut sind. Auf die am Appellationsgerichte der Pfalz erledigte erste Staatspro- curatorstelle wurde der dortige zweite Staatsprocurator L. Schmitt, und zum zweiten Staatsprocurator daselbst der Bezirksrichter K. Hof- mann in Zweibrücken befördert. Leipzig 20. October. ( D. Ref. ) Die Wahlen zu dem bevor- stehenden Landtage sind jetzt im vollen Gange und die Anfangs

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 253. Mainz, 24. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal253_1849/2>, abgerufen am 20.05.2024.