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Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 47. Stuttgart/Tübingen, 23. November 1856.

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[Beginn Spaltensatz] sich die deutschen Genremaler über die Mißgunst dieser
Kritiker trösten; denn so viel wir erfahren, sind nicht
wenige ihrer Bilder auf dem Rundgang der Ausstellung
durch die Schweiz verkauft.

Um so viel mehr Lob erntete der Genfer Van Muy-
den, der mit seinem "Jnnern eines Refectoriums" auf
der Pariser Ausstellung einen Preis erhielt, unter an-
dern mit seinen Bildern " Benedicite," "les loisirs du
pere Capucin, "le repos sous les oliviers
," und " la
moisson en ltalie
." B. Vautier hat einen "böhmischen
Kirchweihtag," Humbert eine "Heerde am Brunnen,"
Bonnet in Lausanne eine "Ansicht des Capitols und
souvenirs du forum," Keller, ein junger Züricher Künst-
ler, "Kuh und Kalb, die sich während des Gewitters ver-
laufen haben," geliefert, Bilder, welche vielen Beifall
fanden. Unter den Aquarellen werden die "Ansichten von
Sicilien" von Graff besonders gelobt. Unter den Litho-
graphien und Kupferstichen sind besonders die des Eng-
länders Terry, der bereits vortheilhaft durch seine Stiche
Calamescher Bilder bekannt ist, hervorzuheben: "der
Brienzer See" und "der Rosenlauigletscher" nach Diday-
schen Gemälden.

Daß die Landschaften im eigentlichen Sinn in über-
wiegend großer Anzahl vorhanden waren, begreift sich
leicht in einem Lande, welches einen wahren Ueberfluß
an malerischen Gegenden, an den überraschendsten und
mannigfaltigsten An= und Aussichten hat. Auch ist die
Landschaft vorzugsweise von der Genfer Schule seit ihrem
Entstehen gepflegt worden, und man wird andererseits
von unsern Aesthetikern und Kunsthistorikern mit Vorliebe
den Satz aufstellen und vertheidigen hören: " J. J. Rousseau
est le pere du paysage moderne
," ein Satz, der, so
nackt hingestellt, allerdings barock erscheinen kann. Jn
erster Linie ist wohl Didays "Thal von Meyringen" zu
nennen. Man fühlt vor diesem Bilde in der That, daß
ein Künstler einen guten Theil seines Lebens inmitten dieser
erhabenen Natur verbracht haben muß, um sie mit so
viel Wahrheit darstellen zu können; die lokale Färbung,
diese kalten Töne, dieser blaue Horizont, die grauen Fel-
sen, welche die Sonne nur einen oder zwei Monate im
Jahr erwärmt, diese ewige Jugend der jungfräulichen
Gletscher -- das sind die unübertroffenen Schönheiten des
Didayschen Pinsels. Von Dubois, einem Schüler Cala-
mes, wird ein "Brand eines Dorfes in der savoyischen
Provinz Tarentaise," von Guigon ein "Souvenir du Lac
de Gen e ve" rühmlichst erwähnt. Zahlreich sind die ge-
lungenen Darstellungen der verschiedensten Alpenscenerien
und Gebirgslandschaften von andern jüngeren Künstlern
der Genfer Schule, unter denen besonders Bakof aus
Hamburg als einer der talentvollsten und treuesten Schü-
ler Calames zu nennen ist. Doch der Raum würde uns
fehlen, mehr als eben eine bloße Nomenclatur hier zu
geben, und wir erwähnen deßhalb nur noch von Mann:
"die Ufer der [unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]Aroe," ein "Bach," eine "italienische Land-
schaft " und "Schloß Blonay in Savoyen," von Dunand
[Spaltenumbruch] eine "Ziegelhütte in Savoyen" als Bilder, die sich eben
wieder ganz besonders durch ihre naturwahre, lokale Fär-
bung auszeichnen, welches letztere Verdienst unsere Kritik
ganz vorzüglich hervorzuheben pflegt.

Als eine Specialität unserer Gegenden, wenn auch
freilich mehr eine geschmackvolle Spielerei als Kunstgegen-
stände im strengeren Sinn, sind die auf Uferkiesel vom
Genfer See gemalten kleinen Landschaften von Nic. Pr e-
vost in Vevey zu nennen. Pr e vost hat ein Verfahren,
ähnlich dem beim Email angewandten, entdeckt, wodurch
diesen Bildern eine große Dauerhaftigkeit und ein schöner
Glanz gegeben wird. Solche Landschaftsbildchen, welche
auch von Tepping in Genf verfertigt werden, sind, da
ihr Preis mäßig ist, besonders den Touristen als ge-
schmackvolle Andenken an eine Leman = und Alpenreise zu
empfehlen.

Die Sculptur war, wie gewöhnlich in der Schweiz,
schwach auf der Ausstellung vertreten. "Wenn unsere
Bildhauer einige Marmorbüsten unserer Berühmtheiten
geliefert haben, so haben sie das Mögliche geleistet; nicht
daß sie nicht Größeres schaffen könnten, aber unsere klei-
nen Republiken können keine großen Denkmäler bestellen:"
mit solchen Worten sucht man sich einen Trost einzureden,
der gerade nicht sehr schmeichelhaft für diese kleinen Re-
publiken ist. Von den wenigen Sculpturen der Ausstel-
lung nennen wir nur die Büsten des Genfer Malers Con-
stantin und des Professors Jean Humbert von Dorci e re,
welche wegen ihrer außerordentlichen Aehnlichkeit allge-
meine Anerkennung fanden.

Jst uns noch eine Schlußbemerkung gestattet, so können
wir diese dahin zusammenfassen, daß die erste helvetische
Kunstausstellung, welche wir in den Lemanstädten sahen,
den Beweis liefert, wie auch in der Schweiz die Malerei
in neuerer Zeit erfreuliche Fortschritte macht. Hat sich auch
in den helvetischen Landen die Kunst schon wegen der politi-
schen Zustände nicht eines Schutzes zu erfreuen, wie in
solchen Staaten, wo ein kunstliebender Monarch seinen
Staatsangehörigen als Nachahmung forderndes Beispiel
voranleuchtet, so haben doch in neuerer Zeit besonders
Vereine und manche kunstliebende Städte, unter denen in
der That Genf und Lausanne eine ehrenvolle Erwähnung
verdienen, diesen Mangel zu ersetzen gesucht. Werden auch
in der Schweiz selbst Bilder, deren Preis die Summe von
dreitausend Francs übersteigt, nur selten gekauft, so fehlt
es doch jedenfalls jungen Künstlern nicht mehr an Ermun-
terung, und auch einzelne unserer reichen Privaten schei-
nen von Jahr zu Jahr ihr Budget für Kunstgegenstände
erhöhen zu wollen. So erfahren wir eben noch aus Zü-
rich, wo die Kunstausstellung gegenwärtig weilt, daß die
Gesammtsumme der theils für die Verloosung, theils von
Privaten angekauften Bilder sich auf dem Rundgang durch
die Schweiz auf 48,484 Francs beläuft. Stellen sich, wie
zu erwarten, auch in den nächsten Jahren die Resultate
gleich günstig heraus, so werden wir ohne Zweifel auch
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sich die deutschen Genremaler über die Mißgunst dieser
Kritiker trösten; denn so viel wir erfahren, sind nicht
wenige ihrer Bilder auf dem Rundgang der Ausstellung
durch die Schweiz verkauft.

Um so viel mehr Lob erntete der Genfer Van Muy-
den, der mit seinem „Jnnern eines Refectoriums“ auf
der Pariser Ausstellung einen Preis erhielt, unter an-
dern mit seinen Bildern » Benedicite,« »les loisirs du
père Capucin, »le repos sous les oliviers
,« und » la
moisson en ltalie
.« B. Vautier hat einen „böhmischen
Kirchweihtag,“ Humbert eine „Heerde am Brunnen,“
Bonnet in Lausanne eine „Ansicht des Capitols und
souvenirs du forum,« Keller, ein junger Züricher Künst-
ler, „Kuh und Kalb, die sich während des Gewitters ver-
laufen haben,“ geliefert, Bilder, welche vielen Beifall
fanden. Unter den Aquarellen werden die „Ansichten von
Sicilien“ von Graff besonders gelobt. Unter den Litho-
graphien und Kupferstichen sind besonders die des Eng-
länders Terry, der bereits vortheilhaft durch seine Stiche
Calamescher Bilder bekannt ist, hervorzuheben: „der
Brienzer See“ und „der Rosenlauigletscher“ nach Diday-
schen Gemälden.

Daß die Landschaften im eigentlichen Sinn in über-
wiegend großer Anzahl vorhanden waren, begreift sich
leicht in einem Lande, welches einen wahren Ueberfluß
an malerischen Gegenden, an den überraschendsten und
mannigfaltigsten An= und Aussichten hat. Auch ist die
Landschaft vorzugsweise von der Genfer Schule seit ihrem
Entstehen gepflegt worden, und man wird andererseits
von unsern Aesthetikern und Kunsthistorikern mit Vorliebe
den Satz aufstellen und vertheidigen hören: » J. J. Rousseau
est le père du paysage moderne
,« ein Satz, der, so
nackt hingestellt, allerdings barock erscheinen kann. Jn
erster Linie ist wohl Didays „Thal von Meyringen“ zu
nennen. Man fühlt vor diesem Bilde in der That, daß
ein Künstler einen guten Theil seines Lebens inmitten dieser
erhabenen Natur verbracht haben muß, um sie mit so
viel Wahrheit darstellen zu können; die lokale Färbung,
diese kalten Töne, dieser blaue Horizont, die grauen Fel-
sen, welche die Sonne nur einen oder zwei Monate im
Jahr erwärmt, diese ewige Jugend der jungfräulichen
Gletscher — das sind die unübertroffenen Schönheiten des
Didayschen Pinsels. Von Dubois, einem Schüler Cala-
mes, wird ein „Brand eines Dorfes in der savoyischen
Provinz Tarentaise,“ von Guigon ein „Souvenir du Lac
de Gen è ve“ rühmlichst erwähnt. Zahlreich sind die ge-
lungenen Darstellungen der verschiedensten Alpenscenerien
und Gebirgslandschaften von andern jüngeren Künstlern
der Genfer Schule, unter denen besonders Bakof aus
Hamburg als einer der talentvollsten und treuesten Schü-
ler Calames zu nennen ist. Doch der Raum würde uns
fehlen, mehr als eben eine bloße Nomenclatur hier zu
geben, und wir erwähnen deßhalb nur noch von Mann:
„die Ufer der [unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]Aroe,“ ein „Bach,“ eine „italienische Land-
schaft “ und „Schloß Blonay in Savoyen,“ von Dunand
[Spaltenumbruch] eine „Ziegelhütte in Savoyen“ als Bilder, die sich eben
wieder ganz besonders durch ihre naturwahre, lokale Fär-
bung auszeichnen, welches letztere Verdienst unsere Kritik
ganz vorzüglich hervorzuheben pflegt.

Als eine Specialität unserer Gegenden, wenn auch
freilich mehr eine geschmackvolle Spielerei als Kunstgegen-
stände im strengeren Sinn, sind die auf Uferkiesel vom
Genfer See gemalten kleinen Landschaften von Nic. Pr é-
vost in Vevey zu nennen. Pr é vost hat ein Verfahren,
ähnlich dem beim Email angewandten, entdeckt, wodurch
diesen Bildern eine große Dauerhaftigkeit und ein schöner
Glanz gegeben wird. Solche Landschaftsbildchen, welche
auch von Tepping in Genf verfertigt werden, sind, da
ihr Preis mäßig ist, besonders den Touristen als ge-
schmackvolle Andenken an eine Leman = und Alpenreise zu
empfehlen.

Die Sculptur war, wie gewöhnlich in der Schweiz,
schwach auf der Ausstellung vertreten. „Wenn unsere
Bildhauer einige Marmorbüsten unserer Berühmtheiten
geliefert haben, so haben sie das Mögliche geleistet; nicht
daß sie nicht Größeres schaffen könnten, aber unsere klei-
nen Republiken können keine großen Denkmäler bestellen:“
mit solchen Worten sucht man sich einen Trost einzureden,
der gerade nicht sehr schmeichelhaft für diese kleinen Re-
publiken ist. Von den wenigen Sculpturen der Ausstel-
lung nennen wir nur die Büsten des Genfer Malers Con-
stantin und des Professors Jean Humbert von Dorci è re,
welche wegen ihrer außerordentlichen Aehnlichkeit allge-
meine Anerkennung fanden.

Jst uns noch eine Schlußbemerkung gestattet, so können
wir diese dahin zusammenfassen, daß die erste helvetische
Kunstausstellung, welche wir in den Lemanstädten sahen,
den Beweis liefert, wie auch in der Schweiz die Malerei
in neuerer Zeit erfreuliche Fortschritte macht. Hat sich auch
in den helvetischen Landen die Kunst schon wegen der politi-
schen Zustände nicht eines Schutzes zu erfreuen, wie in
solchen Staaten, wo ein kunstliebender Monarch seinen
Staatsangehörigen als Nachahmung forderndes Beispiel
voranleuchtet, so haben doch in neuerer Zeit besonders
Vereine und manche kunstliebende Städte, unter denen in
der That Genf und Lausanne eine ehrenvolle Erwähnung
verdienen, diesen Mangel zu ersetzen gesucht. Werden auch
in der Schweiz selbst Bilder, deren Preis die Summe von
dreitausend Francs übersteigt, nur selten gekauft, so fehlt
es doch jedenfalls jungen Künstlern nicht mehr an Ermun-
terung, und auch einzelne unserer reichen Privaten schei-
nen von Jahr zu Jahr ihr Budget für Kunstgegenstände
erhöhen zu wollen. So erfahren wir eben noch aus Zü-
rich, wo die Kunstausstellung gegenwärtig weilt, daß die
Gesammtsumme der theils für die Verloosung, theils von
Privaten angekauften Bilder sich auf dem Rundgang durch
die Schweiz auf 48,484 Francs beläuft. Stellen sich, wie
zu erwarten, auch in den nächsten Jahren die Resultate
gleich günstig heraus, so werden wir ohne Zweifel auch
[Ende Spaltensatz]

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[1125/0021] 1125 sich die deutschen Genremaler über die Mißgunst dieser Kritiker trösten; denn so viel wir erfahren, sind nicht wenige ihrer Bilder auf dem Rundgang der Ausstellung durch die Schweiz verkauft. Um so viel mehr Lob erntete der Genfer Van Muy- den, der mit seinem „Jnnern eines Refectoriums“ auf der Pariser Ausstellung einen Preis erhielt, unter an- dern mit seinen Bildern » Benedicite,« »les loisirs du père Capucin, »le repos sous les oliviers,« und » la moisson en ltalie.« B. Vautier hat einen „böhmischen Kirchweihtag,“ Humbert eine „Heerde am Brunnen,“ Bonnet in Lausanne eine „Ansicht des Capitols und souvenirs du forum,« Keller, ein junger Züricher Künst- ler, „Kuh und Kalb, die sich während des Gewitters ver- laufen haben,“ geliefert, Bilder, welche vielen Beifall fanden. Unter den Aquarellen werden die „Ansichten von Sicilien“ von Graff besonders gelobt. 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Solche Landschaftsbildchen, welche auch von Tepping in Genf verfertigt werden, sind, da ihr Preis mäßig ist, besonders den Touristen als ge- schmackvolle Andenken an eine Leman = und Alpenreise zu empfehlen. Die Sculptur war, wie gewöhnlich in der Schweiz, schwach auf der Ausstellung vertreten. „Wenn unsere Bildhauer einige Marmorbüsten unserer Berühmtheiten geliefert haben, so haben sie das Mögliche geleistet; nicht daß sie nicht Größeres schaffen könnten, aber unsere klei- nen Republiken können keine großen Denkmäler bestellen:“ mit solchen Worten sucht man sich einen Trost einzureden, der gerade nicht sehr schmeichelhaft für diese kleinen Re- publiken ist. Von den wenigen Sculpturen der Ausstel- lung nennen wir nur die Büsten des Genfer Malers Con- stantin und des Professors Jean Humbert von Dorci è re, welche wegen ihrer außerordentlichen Aehnlichkeit allge- meine Anerkennung fanden. 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Werden auch in der Schweiz selbst Bilder, deren Preis die Summe von dreitausend Francs übersteigt, nur selten gekauft, so fehlt es doch jedenfalls jungen Künstlern nicht mehr an Ermun- terung, und auch einzelne unserer reichen Privaten schei- nen von Jahr zu Jahr ihr Budget für Kunstgegenstände erhöhen zu wollen. So erfahren wir eben noch aus Zü- rich, wo die Kunstausstellung gegenwärtig weilt, daß die Gesammtsumme der theils für die Verloosung, theils von Privaten angekauften Bilder sich auf dem Rundgang durch die Schweiz auf 48,484 Francs beläuft. Stellen sich, wie zu erwarten, auch in den nächsten Jahren die Resultate gleich günstig heraus, so werden wir ohne Zweifel auch

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Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 47. Stuttgart/Tübingen, 23. November 1856, S. 1125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt47_1856/21>, abgerufen am 28.04.2024.