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Das Raupenschneien. [s. l.], 1799.

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es doch ebenfalls stark da schneiete, sondern man sahe sie blos vor den Silberthor
auf der schon ober erwähnten Aue. -- Doch die neuere Geschichte liefert uns noch
weit merkwürdigere Erscheinungen von solchen Ungeziefer, und wer sollte wohl so
unwisend seynd, und nicht von den grossen Schaden gehört haben, den die Waldrau-
pen fast in ganz Europa verursachet haben?

Jn den heutigen Rußland am Don hat man seit 50 Jahren diese schädliche
Raupenart zuerst gewahr wurden; von da aus haben sie sich von Land zu Land so
stark verbreitet, daß auch wir das Uebel empfinden das diese Raupen an unsern
Wäldern verbreiten. Große Gelehrte haben merkwürdige Endeckung in der
Naturlehre gemacht; aber immer ist man noch nicht recht auf die Spur gekom-
men, wie man diese schädliche Raupenart vertilgen soll; und auch hier wäre zu
wünschen, daß jeder Waldbesitzer sich Mühe gäbe ein Mittel auszufinden um den
Feind seines Waldes den letzten Stoß zu geben: denn sollte dieses Ungeziefer noch
weiter überhand nehmen; so wird man schwerlich vermögend seyn, den Schaden
zu berechnen, den jeder Erdeinwohner, wegen Holzmangel noch empfinden wird. --
Doch unsere Leser nicht länger mit alten Nachrichten von Raupen- u. Wurmschneien
aufzuhalten, wollen wir ihnen blos noch erzählen, was sich am 24sten Nov. 1798
nahe bey Schneeberg zugetragen hat.

Es hatte nämlich schon einige Tage zuvor geschneiet und das Wetter war
sehr unangenehm gewesen; als sich der Himmel wiederum aushellte und man frei
sich umsehn konnte, sahe man auf der Griesbächer Höhe, nahe bey Schneeberg zu-
erst eine große Menge Raupen auf den Schnee krichen. Der Wurm kricht hier
auf seinen Füssen, liegt aber zugleich mit auf seinen Rücken. Die zweyte Gattung
zeigt eine kleinere an, die der ersten fast ganz ähnlich war, und diese Gattung lag
ebenfalls auf den Schnee bey der sogenannten Bartholomäus Schenke nahe bei
Neustädtel. Die dritte war der kleinste Wurm und ganz schwarz, und dieser lag
fast ähnlich, diesen fand man bey Albernau. -- Alle 4 Gattungen von diesen Wür-
mern krochen auf den Schnee, und ob es gleich damals stark gefroren hatte, so
konnte man doch nicht gewahr werden, daß die Kälte ihnen etwas hätte geschadet.
Die Würmer müssen also von einer ganz andern Beschaffenheit seyn, als die ge-
wöhnlichen Raupen: denn wir wissen zur Gnüge, daß die Raupenart die Kälte
ganz und gar nicht vertragen kann, und daß nichts so geschwind die Raupe tödte,
als die Kälte; woher aber dieses Ungeziefer gekommen, und wie es entstanden ist,
lassen wir jetzt den vernünftigen Leser selbst zur Beurtheilung übrig. Vielleicht
hat ein großer Sturmwind dieses Ungeziefer an einen fremden Ort aufgehoben und
zu uns gebracht; vielleicht aber hat auch dieses Ungeziefer seine Wohnung in der

Näh

es doch ebenfalls ſtark da ſchneiete, ſondern man ſahe ſie blos vor den Silberthor
auf der ſchon ober erwähnten Aue. — Doch die neuere Geſchichte liefert uns noch
weit merkwürdigere Erſcheinungen von ſolchen Ungeziefer, und wer ſollte wohl ſo
unwiſend ſeynd, und nicht von den groſſen Schaden gehört haben, den die Waldrau-
pen faſt in ganz Europa verurſachet haben?

Jn den heutigen Rußland am Don hat man ſeit 50 Jahren dieſe ſchädliche
Raupenart zuerſt gewahr wurden; von da aus haben ſie ſich von Land zu Land ſo
ſtark verbreitet, daß auch wir das Uebel empfinden das dieſe Raupen an unſern
Wäldern verbreiten. Große Gelehrte haben merkwürdige Endeckung in der
Naturlehre gemacht; aber immer iſt man noch nicht recht auf die Spur gekom-
men, wie man dieſe ſchädliche Raupenart vertilgen ſoll; und auch hier wäre zu
wünſchen, daß jeder Waldbeſitzer ſich Mühe gäbe ein Mittel auszufinden um den
Feind ſeines Waldes den letzten Stoß zu geben: denn ſollte dieſes Ungeziefer noch
weiter überhand nehmen; ſo wird man ſchwerlich vermögend ſeyn, den Schaden
zu berechnen, den jeder Erdeinwohner, wegen Holzmangel noch empfinden wird. —
Doch unſere Leſer nicht länger mit alten Nachrichten von Raupen- u. Wurmſchneien
aufzuhalten, wollen wir ihnen blos noch erzählen, was ſich am 24ſten Nov. 1798
nahe bey Schneeberg zugetragen hat.

Es hatte nämlich ſchon einige Tage zuvor geſchneiet und das Wetter war
ſehr unangenehm geweſen; als ſich der Himmel wiederum aushellte und man frei
ſich umſehn konnte, ſahe man auf der Griesbächer Höhe, nahe bey Schneeberg zu-
erſt eine große Menge Raupen auf den Schnee krichen. Der Wurm kricht hier
auf ſeinen Füſſen, liegt aber zugleich mit auf ſeinen Rücken. Die zweyte Gattung
zeigt eine kleinere an, die der erſten faſt ganz ähnlich war, und dieſe Gattung lag
ebenfalls auf den Schnee bey der ſogenannten Bartholomäus Schenke nahe bei
Neuſtädtel. Die dritte war der kleinſte Wurm und ganz ſchwarz, und dieſer lag
faſt ähnlich, dieſen fand man bey Albernau. — Alle 4 Gattungen von dieſen Wür-
mern krochen auf den Schnee, und ob es gleich damals ſtark gefroren hatte, ſo
konnte man doch nicht gewahr werden, daß die Kälte ihnen etwas hätte geſchadet.
Die Würmer müſſen alſo von einer ganz andern Beſchaffenheit ſeyn, als die ge-
wöhnlichen Raupen: denn wir wiſſen zur Gnüge, daß die Raupenart die Kälte
ganz und gar nicht vertragen kann, und daß nichts ſo geſchwind die Raupe tödte,
als die Kälte; woher aber dieſes Ungeziefer gekommen, und wie es entſtanden iſt,
laſſen wir jetzt den vernünftigen Leſer ſelbſt zur Beurtheilung übrig. Vielleicht
hat ein großer Sturmwind dieſes Ungeziefer an einen fremden Ort aufgehoben und
zu uns gebracht; vielleicht aber hat auch dieſes Ungeziefer ſeine Wohnung in der

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Zitationshilfe: Das Raupenschneien. [s. l.], 1799, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_raupen_1799/3>, abgerufen am 29.04.2024.