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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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und das wunderthätige Kreuz auf seine
Schultern befestigen zu lassen. Er war über¬
rascht, und seine Hand schien sich nicht von
dem Schwerdte losmachen zu können. Be¬
sinne dich, mein Sohn, rief der alte Ritter.
Ein neuer Kreuzzug ist vor der Thür. Der
Kayser selbst wird unsere Schaaren in das
Morgenland führen. Durch ganz Europa
schallt von neuem der Ruf des Kreuzes, und
heldenmüthige Andacht regt sich aller Orten.
Wer weiß, ob wir nicht übers Jahr in der
großen weltherrlichen Stadt Jerusalem als
frohe Sieger bey einander sitzen, und uns
bey vaterländischem Wein an unsere Hey¬
math erinnern. Du kannst auch bey mir ein
morgenländisches Mädgen sehn. Sie dün¬
ken uns Abendländern gar anmuthig, und
wenn du das Schwerdt gut zu führen ver¬
stehst, so kann es dir an schönen Gefangenen
nicht fehlen. Die Ritter sangen mit lauter

und das wunderthätige Kreuz auf ſeine
Schultern befeſtigen zu laſſen. Er war über¬
raſcht, und ſeine Hand ſchien ſich nicht von
dem Schwerdte losmachen zu können. Be¬
ſinne dich, mein Sohn, rief der alte Ritter.
Ein neuer Kreuzzug iſt vor der Thür. Der
Kayſer ſelbſt wird unſere Schaaren in das
Morgenland führen. Durch ganz Europa
ſchallt von neuem der Ruf des Kreuzes, und
heldenmüthige Andacht regt ſich aller Orten.
Wer weiß, ob wir nicht übers Jahr in der
großen weltherrlichen Stadt Jeruſalem als
frohe Sieger bey einander ſitzen, und uns
bey vaterländiſchem Wein an unſere Hey¬
math erinnern. Du kannſt auch bey mir ein
morgenländiſches Mädgen ſehn. Sie dün¬
ken uns Abendländern gar anmuthig, und
wenn du das Schwerdt gut zu führen ver¬
ſtehſt, ſo kann es dir an ſchönen Gefangenen
nicht fehlen. Die Ritter ſangen mit lauter

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[109/0117] und das wunderthätige Kreuz auf ſeine Schultern befeſtigen zu laſſen. Er war über¬ raſcht, und ſeine Hand ſchien ſich nicht von dem Schwerdte losmachen zu können. Be¬ ſinne dich, mein Sohn, rief der alte Ritter. Ein neuer Kreuzzug iſt vor der Thür. Der Kayſer ſelbſt wird unſere Schaaren in das Morgenland führen. Durch ganz Europa ſchallt von neuem der Ruf des Kreuzes, und heldenmüthige Andacht regt ſich aller Orten. Wer weiß, ob wir nicht übers Jahr in der großen weltherrlichen Stadt Jeruſalem als frohe Sieger bey einander ſitzen, und uns bey vaterländiſchem Wein an unſere Hey¬ math erinnern. Du kannſt auch bey mir ein morgenländiſches Mädgen ſehn. Sie dün¬ ken uns Abendländern gar anmuthig, und wenn du das Schwerdt gut zu führen ver¬ ſtehſt, ſo kann es dir an ſchönen Gefangenen nicht fehlen. Die Ritter ſangen mit lauter

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/117>, abgerufen am 08.05.2024.