schrieben sey. Es ist lange, daß ich es gelesen habe, sagte der Einsiedler. Ich kann mich nicht genau mehr des Inhalts entsin¬ nen. Soviel ich weiß, ist es ein Roman von den wunderbaren Schicksalen eines Dichters, worinn die Dichtkunst in ihren mannnichfa¬ chen Verhältnissen dargestellt und gepriesen wird. Der Schluß fehlt an dieser Hand¬ schrift, die ich aus Jerusalem mitgebracht ha¬ be, wo ich sie in der Verlassenschaft eines Freundes fand, und zu seinem Andenken auf¬ hob.
Sie nahmen nun von einander Abschied, und Heinrich war bis zu Thränen gerührt. Die Höhle war ihm so merkwürdig, der Ein¬ siedler so lieb geworden.
Alle umarmten diesen herzlich, und er selbst schien sie lieb gewonnen zu haben. Heinrich glaubte zu bemerken, daß er ihn mit einem freundlichen durchdringenden Blick
ſchrieben ſey. Es iſt lange, daß ich es geleſen habe, ſagte der Einſiedler. Ich kann mich nicht genau mehr des Inhalts entſin¬ nen. Soviel ich weiß, iſt es ein Roman von den wunderbaren Schickſalen eines Dichters, worinn die Dichtkunſt in ihren mannnichfa¬ chen Verhältniſſen dargeſtellt und geprieſen wird. Der Schluß fehlt an dieſer Hand¬ ſchrift, die ich aus Jeruſalem mitgebracht ha¬ be, wo ich ſie in der Verlaſſenſchaft eines Freundes fand, und zu ſeinem Andenken auf¬ hob.
Sie nahmen nun von einander Abſchied, und Heinrich war bis zu Thränen gerührt. Die Höhle war ihm ſo merkwürdig, der Ein¬ ſiedler ſo lieb geworden.
Alle umarmten dieſen herzlich, und er ſelbſt ſchien ſie lieb gewonnen zu haben. Heinrich glaubte zu bemerken, daß er ihn mit einem freundlichen durchdringenden Blick
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ſchrieben ſey. Es iſt lange, daß ich es
geleſen habe, ſagte der Einſiedler. Ich kann
mich nicht genau mehr des Inhalts entſin¬
nen. Soviel ich weiß, iſt es ein Roman von
den wunderbaren Schickſalen eines Dichters,
worinn die Dichtkunſt in ihren mannnichfa¬
chen Verhältniſſen dargeſtellt und geprieſen
wird. Der Schluß fehlt an dieſer Hand¬
ſchrift, die ich aus Jeruſalem mitgebracht ha¬
be, wo ich ſie in der Verlaſſenſchaft eines
Freundes fand, und zu ſeinem Andenken auf¬
hob.
Sie nahmen nun von einander Abſchied,
und Heinrich war bis zu Thränen gerührt.
Die Höhle war ihm ſo merkwürdig, der Ein¬
ſiedler ſo lieb geworden.
Alle umarmten dieſen herzlich, und er
ſelbſt ſchien ſie lieb gewonnen zu haben.
Heinrich glaubte zu bemerken, daß er ihn
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/207>, abgerufen am 30.04.2024.
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