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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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hannes, "so haben Sie selbst einen guten Anfang an
dem Tage gemacht, als Sie den Festzug zur Eröffnung
der Eisenbahn zu Stande brachten, der, wie ich höre,
Jhr Werk war. Eine große Jdee, für's Allgemeine sich
zu begeistern, lag diesem Unternehmen zum Grunde --
daß Alle ein Gedanke beseelte und sie vereinigte, hat,
auch wenn sich nicht Alle dieses Gefühls klar bewußt
worden sind, ihnen doch eine höhere Weihe gegeben --
wenn solche Tage sich wiederholen, ist ihr Einfluß un-
berechenbar."

"Ja," sagte der Schulmeister, "aber auf dem Lande
finden sich ähnliche Gelegenheiten so äußerst selten."

"So müssen wir dafür sorgen, daß sie sich öfter
finden," fiel Johannes ein; Kirmeß und Erntefeste lie-
ßen sich zeitgemäß umgestalten, die jetzt nur zu Schwel-
gereien benutzt werden, müßten edlern Vergnügungen
dienen als Essen und Trinken sind. -- Sagen Sie,
lieber Langer, sind Sie nicht früher bei Turn- und
Sängervereinen gewesen?"

"Ja wohl," antwortete der Schulmeister gespannt,
"ich war Vorturner und hatte auch einmal bei einer
nicht unbedeutenden Liedertafel die Direction."

"Nun das trifft ja vortrefflich," rief Johannes ver-
gnügt, "wir müssen das Turnen und die Liedertafel
auf dem Lande einführen!"

hannes, „ſo haben Sie ſelbſt einen guten Anfang an
dem Tage gemacht, als Sie den Feſtzug zur Eroͤffnung
der Eiſenbahn zu Stande brachten, der, wie ich hoͤre,
Jhr Werk war. Eine große Jdee, fuͤr’s Allgemeine ſich
zu begeiſtern, lag dieſem Unternehmen zum Grunde —
daß Alle ein Gedanke beſeelte und ſie vereinigte, hat,
auch wenn ſich nicht Alle dieſes Gefuͤhls klar bewußt
worden ſind, ihnen doch eine hoͤhere Weihe gegeben —
wenn ſolche Tage ſich wiederholen, iſt ihr Einfluß un-
berechenbar.“

„Ja,“ ſagte der Schulmeiſter, „aber auf dem Lande
finden ſich aͤhnliche Gelegenheiten ſo aͤußerſt ſelten.“

„So muͤſſen wir dafuͤr ſorgen, daß ſie ſich oͤfter
finden,“ fiel Johannes ein; Kirmeß und Erntefeſte lie-
ßen ſich zeitgemaͤß umgeſtalten, die jetzt nur zu Schwel-
gereien benutzt werden, muͤßten edlern Vergnuͤgungen
dienen als Eſſen und Trinken ſind. — Sagen Sie,
lieber Langer, ſind Sie nicht fruͤher bei Turn- und
Saͤngervereinen geweſen?“

„Ja wohl,“ antwortete der Schulmeiſter geſpannt,
„ich war Vorturner und hatte auch einmal bei einer
nicht unbedeutenden Liedertafel die Direction.“

„Nun das trifft ja vortrefflich,“ rief Johannes ver-
gnuͤgt, „wir muͤſſen das Turnen und die Liedertafel
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[104/0112] hannes, „ſo haben Sie ſelbſt einen guten Anfang an dem Tage gemacht, als Sie den Feſtzug zur Eroͤffnung der Eiſenbahn zu Stande brachten, der, wie ich hoͤre, Jhr Werk war. Eine große Jdee, fuͤr’s Allgemeine ſich zu begeiſtern, lag dieſem Unternehmen zum Grunde — daß Alle ein Gedanke beſeelte und ſie vereinigte, hat, auch wenn ſich nicht Alle dieſes Gefuͤhls klar bewußt worden ſind, ihnen doch eine hoͤhere Weihe gegeben — wenn ſolche Tage ſich wiederholen, iſt ihr Einfluß un- berechenbar.“ „Ja,“ ſagte der Schulmeiſter, „aber auf dem Lande finden ſich aͤhnliche Gelegenheiten ſo aͤußerſt ſelten.“ „So muͤſſen wir dafuͤr ſorgen, daß ſie ſich oͤfter finden,“ fiel Johannes ein; Kirmeß und Erntefeſte lie- ßen ſich zeitgemaͤß umgeſtalten, die jetzt nur zu Schwel- gereien benutzt werden, muͤßten edlern Vergnuͤgungen dienen als Eſſen und Trinken ſind. — Sagen Sie, lieber Langer, ſind Sie nicht fruͤher bei Turn- und Saͤngervereinen geweſen?“ „Ja wohl,“ antwortete der Schulmeiſter geſpannt, „ich war Vorturner und hatte auch einmal bei einer nicht unbedeutenden Liedertafel die Direction.“ „Nun das trifft ja vortrefflich,“ rief Johannes ver- gnuͤgt, „wir muͤſſen das Turnen und die Liedertafel auf dem Lande einfuͤhren!“

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/112>, abgerufen am 29.04.2024.