Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

ten in seine Augen, doch entschlossen schluckte er sie
nieder.

Unten vor der Thür trennten sich die Paare. Jo-
hannes stürmte noch ganz vergnügt die Treppe des Schul-
meisters hinauf und stand vor diesem, ehe er sich's
versah.

"Jch komme noch einmal", sagte er, "da wir vorhin
so hastig von einander gegangen waren, sind die Bücher
nun alle durchgesehen?"

"Ja; -- es ward finster darüber," gab unser Schul-
meister zerstreut zur Antwort. --

Auf einmal rief Laura: "Kommt einmal herunter! --
ich muß Euch etwas zeigen!"

Johannes stieg gleich schnell hinab, der Schulmeister
folgte langsam.

Laura führte nun mit wichtiger Miene Beide zu ei-
nem alten Schuppen, der unbenutzt in dem Grasgarten
stand und dessen Brettverschlag nicht im besten Zustande
war. Sie öffnete die Thür -- und da saß in einem
Winkel -- die Spietzenkrause gluckte ängstlich, wie sie
Geräusch hörte, spreizte die Flügel aus und krauste alle
Federn empor.

Johannes mußte ganz unmäßig lachen, wie er die
Vermißte dort sitzen sah, die in ihrer Angst und Wuth

ten in ſeine Augen, doch entſchloſſen ſchluckte er ſie
nieder.

Unten vor der Thuͤr trennten ſich die Paare. Jo-
hannes ſtuͤrmte noch ganz vergnuͤgt die Treppe des Schul-
meiſters hinauf und ſtand vor dieſem, ehe er ſich’s
verſah.

„Jch komme noch einmal“, ſagte er, „da wir vorhin
ſo haſtig von einander gegangen waren, ſind die Buͤcher
nun alle durchgeſehen?“

„Ja; — es ward finſter daruͤber,“ gab unſer Schul-
meiſter zerſtreut zur Antwort. —

Auf einmal rief Laura: „Kommt einmal herunter! —
ich muß Euch etwas zeigen!“

Johannes ſtieg gleich ſchnell hinab, der Schulmeiſter
folgte langſam.

Laura fuͤhrte nun mit wichtiger Miene Beide zu ei-
nem alten Schuppen, der unbenutzt in dem Grasgarten
ſtand und deſſen Brettverſchlag nicht im beſten Zuſtande
war. Sie oͤffnete die Thuͤr — und da ſaß in einem
Winkel — die Spietzenkrauſe gluckte aͤngſtlich, wie ſie
Geraͤuſch hoͤrte, ſpreizte die Fluͤgel aus und krauſte alle
Federn empor.

Johannes mußte ganz unmaͤßig lachen, wie er die
Vermißte dort ſitzen ſah, die in ihrer Angſt und Wuth

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0129" n="121"/>
ten in &#x017F;eine Augen, doch ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chluckte er &#x017F;ie<lb/>
nieder.</p><lb/>
        <p>Unten vor der Thu&#x0364;r trennten &#x017F;ich die Paare. Jo-<lb/>
hannes &#x017F;tu&#x0364;rmte noch ganz vergnu&#x0364;gt die Treppe des Schul-<lb/>
mei&#x017F;ters hinauf und &#x017F;tand vor die&#x017F;em, ehe er &#x017F;ich&#x2019;s<lb/>
ver&#x017F;ah.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch komme noch einmal&#x201C;, &#x017F;agte er, &#x201E;da wir vorhin<lb/>
&#x017F;o ha&#x017F;tig von einander gegangen waren, &#x017F;ind die Bu&#x0364;cher<lb/>
nun alle durchge&#x017F;ehen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja; &#x2014; es ward fin&#x017F;ter daru&#x0364;ber,&#x201C; gab un&#x017F;er Schul-<lb/>
mei&#x017F;ter zer&#x017F;treut zur Antwort. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Auf einmal rief Laura: &#x201E;Kommt einmal herunter! &#x2014;<lb/>
ich muß Euch etwas zeigen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Johannes &#x017F;tieg gleich &#x017F;chnell hinab, der Schulmei&#x017F;ter<lb/>
folgte lang&#x017F;am.</p><lb/>
        <p>Laura fu&#x0364;hrte nun mit wichtiger Miene Beide zu ei-<lb/>
nem alten Schuppen, der unbenutzt in dem Grasgarten<lb/>
&#x017F;tand und de&#x017F;&#x017F;en Brettver&#x017F;chlag nicht im be&#x017F;ten Zu&#x017F;tande<lb/>
war. Sie o&#x0364;ffnete die Thu&#x0364;r &#x2014; und da &#x017F;aß in einem<lb/>
Winkel &#x2014; die Spietzenkrau&#x017F;e gluckte a&#x0364;ng&#x017F;tlich, wie &#x017F;ie<lb/>
Gera&#x0364;u&#x017F;ch ho&#x0364;rte, &#x017F;preizte die Flu&#x0364;gel aus und krau&#x017F;te alle<lb/>
Federn empor.</p><lb/>
        <p>Johannes mußte ganz unma&#x0364;ßig lachen, wie er die<lb/>
Vermißte dort &#x017F;itzen &#x017F;ah, die in ihrer Ang&#x017F;t und Wuth<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0129] ten in ſeine Augen, doch entſchloſſen ſchluckte er ſie nieder. Unten vor der Thuͤr trennten ſich die Paare. Jo- hannes ſtuͤrmte noch ganz vergnuͤgt die Treppe des Schul- meiſters hinauf und ſtand vor dieſem, ehe er ſich’s verſah. „Jch komme noch einmal“, ſagte er, „da wir vorhin ſo haſtig von einander gegangen waren, ſind die Buͤcher nun alle durchgeſehen?“ „Ja; — es ward finſter daruͤber,“ gab unſer Schul- meiſter zerſtreut zur Antwort. — Auf einmal rief Laura: „Kommt einmal herunter! — ich muß Euch etwas zeigen!“ Johannes ſtieg gleich ſchnell hinab, der Schulmeiſter folgte langſam. Laura fuͤhrte nun mit wichtiger Miene Beide zu ei- nem alten Schuppen, der unbenutzt in dem Grasgarten ſtand und deſſen Brettverſchlag nicht im beſten Zuſtande war. Sie oͤffnete die Thuͤr — und da ſaß in einem Winkel — die Spietzenkrauſe gluckte aͤngſtlich, wie ſie Geraͤuſch hoͤrte, ſpreizte die Fluͤgel aus und krauſte alle Federn empor. Johannes mußte ganz unmaͤßig lachen, wie er die Vermißte dort ſitzen ſah, die in ihrer Angſt und Wuth

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/129
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/129>, abgerufen am 28.04.2024.