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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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kommen und in den Thurm gezogen -- wenn er darin
etwas anders einrichten wolle, solle ihm der Vogt nicht
hineinreden -- wenn es den Bewohner freue, solle auch
die große Windharfe wieder hergerichtet werden, die sonst
zwischen den hohen Seitenmauern angebracht gewesen und
dergleichen Dinge mehr -- es sei lange Nichts an die
Burg gewendet worden, der Vogt möge kein Geld scho-
nen, wenn Johannes Verschönerungen verlange, diesen
grüßen u. s. w.

"Die Welt ist verrückt geworden!" fiel der Wirth
ein. --

"Na, das sag' ich auch," bestätigte der Bote Martin,
"seitdem der verfluchte Dampf erfunden ist, und die Wa-
gen nicht mehr von Pferden gezogen werden, hat alle
Ordnung aufgehört, Nichts geht mehr wie es sonst ge-
gangen ist!"

"Nun, und was soll denn das bedeuten," sagte der
alte Damme, "daß eine Menge Burschen auf die Burg
gehen, ich habe schon immer da hinüber auf den Weg
gesehen -- der Johannes giebt wohl ein großes Ge-
lage?"

"Nein," sagte der Jäger, "der Vogt meinte, sein Bier-
keller habe den Profit davon, sie wollen da oben Alle
zusammen singen."

"Singen?" widerholte Christlieb und brach in ein

kommen und in den Thurm gezogen — wenn er darin
etwas anders einrichten wolle, ſolle ihm der Vogt nicht
hineinreden — wenn es den Bewohner freue, ſolle auch
die große Windharfe wieder hergerichtet werden, die ſonſt
zwiſchen den hohen Seitenmauern angebracht geweſen und
dergleichen Dinge mehr — es ſei lange Nichts an die
Burg gewendet worden, der Vogt moͤge kein Geld ſcho-
nen, wenn Johannes Verſchoͤnerungen verlange, dieſen
gruͤßen u. ſ. w.

„Die Welt iſt verruͤckt geworden!“ fiel der Wirth
ein. —

„Na, das ſag’ ich auch,“ beſtaͤtigte der Bote Martin,
„ſeitdem der verfluchte Dampf erfunden iſt, und die Wa-
gen nicht mehr von Pferden gezogen werden, hat alle
Ordnung aufgehoͤrt, Nichts geht mehr wie es ſonſt ge-
gangen iſt!“

„Nun, und was ſoll denn das bedeuten,“ ſagte der
alte Damme, „daß eine Menge Burſchen auf die Burg
gehen, ich habe ſchon immer da hinuͤber auf den Weg
geſehen — der Johannes giebt wohl ein großes Ge-
lage?“

„Nein,“ ſagte der Jaͤger, „der Vogt meinte, ſein Bier-
keller habe den Profit davon, ſie wollen da oben Alle
zuſammen ſingen.“

„Singen?“ widerholte Chriſtlieb und brach in ein

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[128/0136] kommen und in den Thurm gezogen — wenn er darin etwas anders einrichten wolle, ſolle ihm der Vogt nicht hineinreden — wenn es den Bewohner freue, ſolle auch die große Windharfe wieder hergerichtet werden, die ſonſt zwiſchen den hohen Seitenmauern angebracht geweſen und dergleichen Dinge mehr — es ſei lange Nichts an die Burg gewendet worden, der Vogt moͤge kein Geld ſcho- nen, wenn Johannes Verſchoͤnerungen verlange, dieſen gruͤßen u. ſ. w. „Die Welt iſt verruͤckt geworden!“ fiel der Wirth ein. — „Na, das ſag’ ich auch,“ beſtaͤtigte der Bote Martin, „ſeitdem der verfluchte Dampf erfunden iſt, und die Wa- gen nicht mehr von Pferden gezogen werden, hat alle Ordnung aufgehoͤrt, Nichts geht mehr wie es ſonſt ge- gangen iſt!“ „Nun, und was ſoll denn das bedeuten,“ ſagte der alte Damme, „daß eine Menge Burſchen auf die Burg gehen, ich habe ſchon immer da hinuͤber auf den Weg geſehen — der Johannes giebt wohl ein großes Ge- lage?“ „Nein,“ ſagte der Jaͤger, „der Vogt meinte, ſein Bier- keller habe den Profit davon, ſie wollen da oben Alle zuſammen ſingen.“ „Singen?“ widerholte Chriſtlieb und brach in ein

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/136>, abgerufen am 28.04.2024.