kunst nicht weit getrieben -- und mit solchen, vor denen sich der Kapelmeister Apollo auf einer Strohfidel hören lassen soll, und seine neun Dis¬ kantistinnen mit dem Bier- und Strohbas -- ja sogar mit der lesenden Schwesterschaft der Ritterromane, die so lieset wie sie heirathet und die sich unter den Büchern, wie unter den Ge¬ sichtern der Herren, nicht die schönen weiblichen sondern die wilden männlichen ausklaubt -- --
Aber ein Autor solte kein Kind seyn, und sich seine Vorrede versalzen, da er nicht alle Tage eine zu machen hat. Warum hab' ich nicht lieber in der ersten Zeile die Leser angere¬ det und bei der Hand genommen, denen ich den Hesperus freudig gebe und die ich mit einem Freiexemplar davon beschenken wolte, wenn ich wüste wo sie wohnten? -- Komm', liebe müde Seele, die du etwas zu vergessen hast, entweder einen trüben Tag oder ein überwölktes Jahr, oder einen Menschen, der dich kränkt, oder ei¬ nen, der dich liebt, oder eine entlaubte Jugend oder ein ganzes schweres Leben; und du, gedrük¬ ter Geist, für den die Gegenwart eine Wunde und die Vergangenheit eine Narbe ist, komm in meinen Abendstern und erquicke dich mit
kunſt nicht weit getrieben — und mit ſolchen, vor denen ſich der Kapelmeiſter Apollo auf einer Strohfidel hoͤren laſſen ſoll, und ſeine neun Dis¬ kantiſtinnen mit dem Bier- und Strohbas — ja ſogar mit der leſenden Schweſterſchaft der Ritterromane, die ſo lieſet wie ſie heirathet und die ſich unter den Buͤchern, wie unter den Ge¬ ſichtern der Herren, nicht die ſchoͤnen weiblichen ſondern die wilden maͤnnlichen ausklaubt — —
Aber ein Autor ſolte kein Kind ſeyn, und ſich ſeine Vorrede verſalzen, da er nicht alle Tage eine zu machen hat. Warum hab' ich nicht lieber in der erſten Zeile die Leſer angere¬ det und bei der Hand genommen, denen ich den Heſperus freudig gebe und die ich mit einem Freiexemplar davon beſchenken wolte, wenn ich wuͤſte wo ſie wohnten? — Komm', liebe muͤde Seele, die du etwas zu vergeſſen haſt, entweder einen truͤben Tag oder ein uͤberwoͤlktes Jahr, oder einen Menſchen, der dich kraͤnkt, oder ei¬ nen, der dich liebt, oder eine entlaubte Jugend oder ein ganzes ſchweres Leben; und du, gedruͤk¬ ter Geiſt, fuͤr den die Gegenwart eine Wunde und die Vergangenheit eine Narbe iſt, komm in meinen Abendſtern und erquicke dich mit
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kunſt nicht weit getrieben — und mit ſolchen,
vor denen ſich der Kapelmeiſter Apollo auf einer
Strohfidel hoͤren laſſen ſoll, und ſeine neun Dis¬
kantiſtinnen mit dem Bier- und Strohbas —
ja ſogar mit der leſenden Schweſterſchaft der
Ritterromane, die ſo lieſet wie ſie heirathet und
die ſich unter den Buͤchern, wie unter den Ge¬
ſichtern der Herren, nicht die ſchoͤnen weiblichen
ſondern die wilden maͤnnlichen ausklaubt — —
Aber ein Autor ſolte kein Kind ſeyn, und
ſich ſeine Vorrede verſalzen, da er nicht alle
Tage eine zu machen hat. Warum hab' ich
nicht lieber in der erſten Zeile die Leſer angere¬
det und bei der Hand genommen, denen ich den
Heſperus freudig gebe und die ich mit einem
Freiexemplar davon beſchenken wolte, wenn ich
wuͤſte wo ſie wohnten? — Komm', liebe muͤde
Seele, die du etwas zu vergeſſen haſt, entweder
einen truͤben Tag oder ein uͤberwoͤlktes Jahr,
oder einen Menſchen, der dich kraͤnkt, oder ei¬
nen, der dich liebt, oder eine entlaubte Jugend
oder ein ganzes ſchweres Leben; und du, gedruͤk¬
ter Geiſt, fuͤr den die Gegenwart eine Wunde
und die Vergangenheit eine Narbe iſt, komm
in meinen Abendſtern und erquicke dich mit
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/15>, abgerufen am 09.10.2024.
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