seinem kleinen Schimmer, aber schließe, wenn dir die poetische Täuschung flüchtige süße Schmer¬ zen giebt, daraus; "vielleicht ist das auch eine, was mir die längern tiefern macht" -- Und dich, höherer Mensch, der unser Leben, das nur in einem Spiegel geführet wird, kleiner fin¬ det als sich und den Tod, und dessen Herz ein verhüllter großer Geist in dem Todtenstaube an¬ derer zerfallener Menschenherzen heller und rei¬ ner schleift, wie man den Demant im Staube des Demants poliert, darf ich dich auch in mei¬ nen Abend- und Nachtstern auf eine Anhöhe herniederrufen, so wie ich sie aufzuwerfen ver¬ mag; darf ich es, damit du, wenn du um sie, wie um den Vesuv, morganische Feen und Nebel-Gruppierungen und Traum-Welten und Schattenländer in der Tiefe ziehen siehest, vielleicht zu dir sagest: "und so ist alles Traum und "Schatten um mich her, aber Nebel setzen Län¬ "der voraus und Träume Geister und der Erd¬ "schatten eine Sonne und eine Welt?" --
Aber zu dir habe ich nicht den Muth, zu dir edler Geist, der des Jahrhunderts müde ist und des Nachwinters der Menschheit, dem zuweilen aber nicht immer das Menschenge¬
ſeinem kleinen Schimmer, aber ſchließe, wenn dir die poetiſche Taͤuſchung fluͤchtige ſuͤße Schmer¬ zen giebt, daraus; »vielleicht iſt das auch eine, was mir die laͤngern tiefern macht» — Und dich, hoͤherer Menſch, der unſer Leben, das nur in einem Spiegel gefuͤhret wird, kleiner fin¬ det als ſich und den Tod, und deſſen Herz ein verhuͤllter großer Geiſt in dem Todtenſtaube an¬ derer zerfallener Menſchenherzen heller und rei¬ ner ſchleift, wie man den Demant im Staube des Demants poliert, darf ich dich auch in mei¬ nen Abend- und Nachtſtern auf eine Anhoͤhe herniederrufen, ſo wie ich ſie aufzuwerfen ver¬ mag; darf ich es, damit du, wenn du um ſie, wie um den Veſuv, morganiſche Feen und Nebel-Gruppierungen und Traum-Welten und Schattenlaͤnder in der Tiefe ziehen ſieheſt, vielleicht zu dir ſageſt: »und ſo iſt alles Traum und »Schatten um mich her, aber Nebel ſetzen Laͤn¬ »der voraus und Traͤume Geiſter und der Erd¬ »ſchatten eine Sonne und eine Welt?« —
Aber zu dir habe ich nicht den Muth, zu dir edler Geiſt, der des Jahrhunderts muͤde iſt und des Nachwinters der Menſchheit, dem zuweilen aber nicht immer das Menſchenge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0016"n="5"/>ſeinem kleinen Schimmer, aber ſchließe, wenn dir<lb/>
die poetiſche Taͤuſchung fluͤchtige ſuͤße Schmer¬<lb/>
zen giebt, daraus; »vielleicht iſt das auch eine,<lb/>
was mir die laͤngern tiefern macht» — Und<lb/>
dich, hoͤherer Menſch, der unſer Leben, das nur<lb/>
in einem <hirendition="#g">Spiegel</hi> gefuͤhret wird, kleiner fin¬<lb/>
det als ſich und den Tod, und deſſen Herz ein<lb/>
verhuͤllter großer Geiſt in dem Todtenſtaube an¬<lb/>
derer zerfallener Menſchenherzen heller und rei¬<lb/>
ner ſchleift, wie man den Demant im Staube<lb/>
des Demants poliert, darf ich dich auch in mei¬<lb/>
nen Abend- und Nachtſtern auf eine Anhoͤhe<lb/>
herniederrufen, ſo wie ich ſie aufzuwerfen ver¬<lb/>
mag; darf ich es, damit du, wenn du um ſie,<lb/>
wie um den Veſuv, <hirendition="#g">morganiſche Feen</hi> und<lb/>
Nebel-Gruppierungen und Traum-Welten und<lb/>
Schattenlaͤnder in der Tiefe ziehen ſieheſt, vielleicht<lb/>
zu dir ſageſt: »und ſo iſt alles Traum und<lb/>
»Schatten um mich her, aber Nebel ſetzen Laͤn¬<lb/>
»der voraus und Traͤume Geiſter und der Erd¬<lb/>
»ſchatten eine Sonne und eine Welt?« —</p><lb/><p>Aber zu dir habe ich nicht den Muth, zu<lb/>
dir edler Geiſt, der des Jahrhunderts muͤde<lb/>
iſt und des Nachwinters der Menſchheit, dem<lb/>
zuweilen aber nicht immer das Menſchenge¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[5/0016]
ſeinem kleinen Schimmer, aber ſchließe, wenn dir
die poetiſche Taͤuſchung fluͤchtige ſuͤße Schmer¬
zen giebt, daraus; »vielleicht iſt das auch eine,
was mir die laͤngern tiefern macht» — Und
dich, hoͤherer Menſch, der unſer Leben, das nur
in einem Spiegel gefuͤhret wird, kleiner fin¬
det als ſich und den Tod, und deſſen Herz ein
verhuͤllter großer Geiſt in dem Todtenſtaube an¬
derer zerfallener Menſchenherzen heller und rei¬
ner ſchleift, wie man den Demant im Staube
des Demants poliert, darf ich dich auch in mei¬
nen Abend- und Nachtſtern auf eine Anhoͤhe
herniederrufen, ſo wie ich ſie aufzuwerfen ver¬
mag; darf ich es, damit du, wenn du um ſie,
wie um den Veſuv, morganiſche Feen und
Nebel-Gruppierungen und Traum-Welten und
Schattenlaͤnder in der Tiefe ziehen ſieheſt, vielleicht
zu dir ſageſt: »und ſo iſt alles Traum und
»Schatten um mich her, aber Nebel ſetzen Laͤn¬
»der voraus und Traͤume Geiſter und der Erd¬
»ſchatten eine Sonne und eine Welt?« —
Aber zu dir habe ich nicht den Muth, zu
dir edler Geiſt, der des Jahrhunderts muͤde
iſt und des Nachwinters der Menſchheit, dem
zuweilen aber nicht immer das Menſchenge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/16>, abgerufen am 10.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.