Ferner aus der Hofkaplänin, einer gebornen Englän¬ derin, die in meinem Helden den Landsmann liebte, weil der magnetische Wirbel des Vaterlandes noch an ihre Seele über Meere und Länder reichte -- Endlich aus ihrer ältesten Tochter Agathe, die den ganzen Tag alles auslachte und lieb hatte ohne zu wissen warum, und die jeden, der nicht gar zu viele Häuser weit von ihr wohnte, mit ihren Polyp¬ penarmen als Nahrung ihres Herzens zu sich zog.
Die Sekte des vierten Maies konnte sich mit je¬ ner schon messen, da sie auch ein Kollegium von drei Gliedern ausmachte. Die Anhänger waren die ko¬ chende Appel (Appollonia, die jüngste Tochter,) de¬ ren Küchen-Ehre und Bak-Belobungsbrief dabei lit, daß der Gast früher ankam als die Weishefen: sie konnte sich denken was eine Seele empfindet, die vor einem Gaste steht die Hände voll Spik- und Nähnadeln, neben der Platte der Fenstervorhänge, und ohne die Frisur des Hutes und des Kopfes, der darunter soll, nur halb fertig zu haben. Der zweite Anhänger dieser Sekte, der am meisten gegen den ersten Mai hätte reden sollen -- ob er gleich am wenigsten redete, weil ers nicht konnte und erst kürz¬ lich getauft war -- solte am 4. Mai zum erstenmale in die Kirche getragen werden: dieser Anhänger war das Pathgen des Gastes. Der Kaplan wuste zwar, daß der Mond seinen Gevatterbitter, den P. Riccio¬
Ferner aus der Hofkaplaͤnin, einer gebornen Englaͤn¬ derin, die in meinem Helden den Landsmann liebte, weil der magnetiſche Wirbel des Vaterlandes noch an ihre Seele uͤber Meere und Laͤnder reichte — Endlich aus ihrer aͤlteſten Tochter Agathe, die den ganzen Tag alles auslachte und lieb hatte ohne zu wiſſen warum, und die jeden, der nicht gar zu viele Haͤuſer weit von ihr wohnte, mit ihren Polyp¬ penarmen als Nahrung ihres Herzens zu ſich zog.
Die Sekte des vierten Maies konnte ſich mit je¬ ner ſchon meſſen, da ſie auch ein Kollegium von drei Gliedern ausmachte. Die Anhaͤnger waren die ko¬ chende Appel (Appollonia, die juͤngſte Tochter,) de¬ ren Kuͤchen-Ehre und Bak-Belobungsbrief dabei lit, daß der Gaſt fruͤher ankam als die Weishefen: ſie konnte ſich denken was eine Seele empfindet, die vor einem Gaſte ſteht die Haͤnde voll Spik- und Naͤhnadeln, neben der Platte der Fenſtervorhaͤnge, und ohne die Friſur des Hutes und des Kopfes, der darunter ſoll, nur halb fertig zu haben. Der zweite Anhaͤnger dieſer Sekte, der am meiſten gegen den erſten Mai haͤtte reden ſollen — ob er gleich am wenigſten redete, weil ers nicht konnte und erſt kuͤrz¬ lich getauft war — ſolte am 4. Mai zum erſtenmale in die Kirche getragen werden: dieſer Anhaͤnger war das Pathgen des Gaſtes. Der Kaplan wuſte zwar, daß der Mond ſeinen Gevatterbitter, den P. Riccio¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0023"n="12"/>
Ferner aus der Hofkaplaͤnin, einer gebornen Englaͤn¬<lb/>
derin, die in meinem Helden den Landsmann liebte,<lb/>
weil der magnetiſche Wirbel des Vaterlandes noch<lb/>
an ihre Seele uͤber Meere und Laͤnder reichte —<lb/>
Endlich aus ihrer aͤlteſten Tochter <hirendition="#g">Agathe</hi>, die<lb/>
den ganzen Tag alles auslachte und lieb hatte ohne<lb/>
zu wiſſen warum, und die jeden, der nicht gar zu<lb/>
viele Haͤuſer weit von ihr wohnte, mit ihren Polyp¬<lb/>
penarmen als Nahrung ihres Herzens zu ſich zog.</p><lb/><p>Die Sekte des vierten Maies konnte ſich mit je¬<lb/>
ner ſchon meſſen, da ſie auch ein Kollegium von drei<lb/>
Gliedern ausmachte. Die Anhaͤnger waren die ko¬<lb/>
chende <hirendition="#g">Appel</hi> (Appollonia, die juͤngſte Tochter,) de¬<lb/>
ren Kuͤchen-Ehre und Bak-Belobungsbrief dabei<lb/>
lit, daß der Gaſt fruͤher ankam als die Weishefen:<lb/>ſie konnte ſich denken was eine Seele empfindet, die<lb/>
vor einem Gaſte ſteht die Haͤnde voll Spik- und<lb/>
Naͤhnadeln, neben der Platte der Fenſtervorhaͤnge,<lb/>
und ohne die Friſur des Hutes und des Kopfes, der<lb/>
darunter ſoll, nur halb fertig zu haben. Der zweite<lb/>
Anhaͤnger dieſer Sekte, der am meiſten gegen den<lb/>
erſten Mai haͤtte reden ſollen — ob er gleich am<lb/>
wenigſten redete, weil ers nicht konnte und erſt kuͤrz¬<lb/>
lich getauft war —ſolte am 4. Mai zum erſtenmale<lb/>
in die Kirche getragen werden: dieſer Anhaͤnger war<lb/>
das Pathgen des Gaſtes. Der Kaplan wuſte zwar,<lb/>
daß der Mond ſeinen Gevatterbitter, den P. Riccio¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[12/0023]
Ferner aus der Hofkaplaͤnin, einer gebornen Englaͤn¬
derin, die in meinem Helden den Landsmann liebte,
weil der magnetiſche Wirbel des Vaterlandes noch
an ihre Seele uͤber Meere und Laͤnder reichte —
Endlich aus ihrer aͤlteſten Tochter Agathe, die
den ganzen Tag alles auslachte und lieb hatte ohne
zu wiſſen warum, und die jeden, der nicht gar zu
viele Haͤuſer weit von ihr wohnte, mit ihren Polyp¬
penarmen als Nahrung ihres Herzens zu ſich zog.
Die Sekte des vierten Maies konnte ſich mit je¬
ner ſchon meſſen, da ſie auch ein Kollegium von drei
Gliedern ausmachte. Die Anhaͤnger waren die ko¬
chende Appel (Appollonia, die juͤngſte Tochter,) de¬
ren Kuͤchen-Ehre und Bak-Belobungsbrief dabei
lit, daß der Gaſt fruͤher ankam als die Weishefen:
ſie konnte ſich denken was eine Seele empfindet, die
vor einem Gaſte ſteht die Haͤnde voll Spik- und
Naͤhnadeln, neben der Platte der Fenſtervorhaͤnge,
und ohne die Friſur des Hutes und des Kopfes, der
darunter ſoll, nur halb fertig zu haben. Der zweite
Anhaͤnger dieſer Sekte, der am meiſten gegen den
erſten Mai haͤtte reden ſollen — ob er gleich am
wenigſten redete, weil ers nicht konnte und erſt kuͤrz¬
lich getauft war — ſolte am 4. Mai zum erſtenmale
in die Kirche getragen werden: dieſer Anhaͤnger war
das Pathgen des Gaſtes. Der Kaplan wuſte zwar,
daß der Mond ſeinen Gevatterbitter, den P. Riccio¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/23>, abgerufen am 15.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.