Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

lingen der ärmere gekrönt wird, eben so der arme
Unterthan billig dem reichen trotz aller gleichen Ta¬
pferkeit dennoch vorgezogen und allein enrollirt wer¬
de, weil der arme Teufel besser mit Hunger und
Frost bekannt ist -- daß 3) jetzt, da auf allen
Stufen des Throns wie auf Wällen Kanonen stehen
(wie die Sonne ihren Glanz von tausend speienden
Vulkanen empfängt) und da in einem guten Staate
das männliche Stammholz zu Ladstöcken abge¬
trieben wird, das Volk mit Nutzen in zweierlei
Hausarme zerfalle, in beschützte und in schützende --
Und 4) soll der Teufel den holen, der murrt. --

Als meine drei geliebten Menschen endlich vor
der Kaplanei ankamen: war die ganze kassirte
Geusd'armerie ihnen heimlich nachgerükt und wollte
die Hosen. Aber noch etwas Größeres war ihnen
aus Flachsenfingen nachgefahren -- der blinde Lord.
Kaum hatte den jungen Gast die Brittin nicht höf¬
lich, sondern freudig hereingelächelt, kaum hatte
Agathe zum erstenmal ernsthaft sich hinter die Mut¬
ter und die alte Appel sich hinter die Kochtöpfe ver¬
stekt: so that der aufräumende Eyman einen langen
Sprung vom Fenster hinweg, an welches vier Eng¬
länder -- keine Ausländer, sondern Pferde -- heran¬
trabten. Jetzt fiel erst allen die Frage ein, wo der
Okulist wäre; Und Sebastian hatte kaum die Zeit
darauf zu antworten, es komme keiner nach, er selber

lingen der aͤrmere gekroͤnt wird, eben ſo der arme
Unterthan billig dem reichen trotz aller gleichen Ta¬
pferkeit dennoch vorgezogen und allein enrollirt wer¬
de, weil der arme Teufel beſſer mit Hunger und
Froſt bekannt iſt — daß 3) jetzt, da auf allen
Stufen des Throns wie auf Waͤllen Kanonen ſtehen
(wie die Sonne ihren Glanz von tauſend ſpeienden
Vulkanen empfaͤngt) und da in einem guten Staate
das maͤnnliche Stammholz zu Ladſtoͤcken abge¬
trieben wird, das Volk mit Nutzen in zweierlei
Hausarme zerfalle, in beſchuͤtzte und in ſchuͤtzende —
Und 4) ſoll der Teufel den holen, der murrt. —

Als meine drei geliebten Menſchen endlich vor
der Kaplanei ankamen: war die ganze kaſſirte
Geusd'armerie ihnen heimlich nachgeruͤkt und wollte
die Hoſen. Aber noch etwas Groͤßeres war ihnen
aus Flachſenfingen nachgefahren — der blinde Lord.
Kaum hatte den jungen Gaſt die Brittin nicht hoͤf¬
lich, ſondern freudig hereingelaͤchelt, kaum hatte
Agathe zum erſtenmal ernſthaft ſich hinter die Mut¬
ter und die alte Appel ſich hinter die Kochtoͤpfe ver¬
ſtekt: ſo that der aufraͤumende Eyman einen langen
Sprung vom Fenſter hinweg, an welches vier Eng¬
laͤnder — keine Auslaͤnder, ſondern Pferde — heran¬
trabten. Jetzt fiel erſt allen die Frage ein, wo der
Okuliſt waͤre; Und Sebaſtian hatte kaum die Zeit
darauf zu antworten, es komme keiner nach, er ſelber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="30"/>
lingen der a&#x0364;rmere gekro&#x0364;nt wird, eben &#x017F;o der arme<lb/>
Unterthan billig dem reichen trotz aller gleichen Ta¬<lb/>
pferkeit dennoch vorgezogen und allein enrollirt wer¬<lb/>
de, weil der arme Teufel be&#x017F;&#x017F;er mit Hunger und<lb/>
Fro&#x017F;t bekannt i&#x017F;t &#x2014; daß 3) jetzt, da auf allen<lb/>
Stufen des Throns wie auf Wa&#x0364;llen Kanonen &#x017F;tehen<lb/>
(wie die Sonne ihren Glanz von tau&#x017F;end &#x017F;peienden<lb/>
Vulkanen empfa&#x0364;ngt) und da in einem guten Staate<lb/>
das ma&#x0364;nnliche <hi rendition="#g">Stammholz</hi> zu <hi rendition="#g">Lad&#x017F;to&#x0364;cken</hi> abge¬<lb/>
trieben wird, das Volk mit Nutzen in zweierlei<lb/>
Hausarme zerfalle, in be&#x017F;chu&#x0364;tzte und in &#x017F;chu&#x0364;tzende &#x2014;<lb/>
Und 4) &#x017F;oll der Teufel den holen, der murrt. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Als meine drei geliebten Men&#x017F;chen endlich vor<lb/>
der Kaplanei ankamen: war die ganze ka&#x017F;&#x017F;irte<lb/>
Geusd'armerie ihnen heimlich nachgeru&#x0364;kt und wollte<lb/>
die Ho&#x017F;en. Aber noch etwas Gro&#x0364;ßeres war ihnen<lb/>
aus Flach&#x017F;enfingen nachgefahren &#x2014; der blinde Lord.<lb/>
Kaum hatte den jungen Ga&#x017F;t die Brittin nicht ho&#x0364;<lb/>
lich, &#x017F;ondern freudig hereingela&#x0364;chelt, kaum hatte<lb/>
Agathe zum er&#x017F;tenmal ern&#x017F;thaft &#x017F;ich hinter die Mut¬<lb/>
ter und die alte Appel &#x017F;ich hinter die Kochto&#x0364;pfe ver¬<lb/>
&#x017F;tekt: &#x017F;o that der aufra&#x0364;umende Eyman einen langen<lb/>
Sprung vom Fen&#x017F;ter hinweg, an welches vier Eng¬<lb/>
la&#x0364;nder &#x2014; keine Ausla&#x0364;nder, &#x017F;ondern Pferde &#x2014; heran¬<lb/>
trabten. Jetzt fiel er&#x017F;t allen die Frage ein, wo der<lb/>
Okuli&#x017F;t wa&#x0364;re; Und Seba&#x017F;tian hatte kaum die Zeit<lb/>
darauf zu antworten, es komme keiner nach, er &#x017F;elber<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0041] lingen der aͤrmere gekroͤnt wird, eben ſo der arme Unterthan billig dem reichen trotz aller gleichen Ta¬ pferkeit dennoch vorgezogen und allein enrollirt wer¬ de, weil der arme Teufel beſſer mit Hunger und Froſt bekannt iſt — daß 3) jetzt, da auf allen Stufen des Throns wie auf Waͤllen Kanonen ſtehen (wie die Sonne ihren Glanz von tauſend ſpeienden Vulkanen empfaͤngt) und da in einem guten Staate das maͤnnliche Stammholz zu Ladſtoͤcken abge¬ trieben wird, das Volk mit Nutzen in zweierlei Hausarme zerfalle, in beſchuͤtzte und in ſchuͤtzende — Und 4) ſoll der Teufel den holen, der murrt. — Als meine drei geliebten Menſchen endlich vor der Kaplanei ankamen: war die ganze kaſſirte Geusd'armerie ihnen heimlich nachgeruͤkt und wollte die Hoſen. Aber noch etwas Groͤßeres war ihnen aus Flachſenfingen nachgefahren — der blinde Lord. Kaum hatte den jungen Gaſt die Brittin nicht hoͤf¬ lich, ſondern freudig hereingelaͤchelt, kaum hatte Agathe zum erſtenmal ernſthaft ſich hinter die Mut¬ ter und die alte Appel ſich hinter die Kochtoͤpfe ver¬ ſtekt: ſo that der aufraͤumende Eyman einen langen Sprung vom Fenſter hinweg, an welches vier Eng¬ laͤnder — keine Auslaͤnder, ſondern Pferde — heran¬ trabten. Jetzt fiel erſt allen die Frage ein, wo der Okuliſt waͤre; Und Sebaſtian hatte kaum die Zeit darauf zu antworten, es komme keiner nach, er ſelber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/41
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/41>, abgerufen am 27.04.2024.