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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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Schwanz mit einem Gehirn-Knauf oben d'ran.
Darauf ließ er diese umgekehrten Klöppel oder auf¬
gerichteten Schwänze gegen einander anlaufen und
agiren und Fleuretten sagen, und lachte innerlich
über die gescheutesten Leute von Geburt, die er
selber skalpiert und abgeschuppet hatte. Das nen¬
nen viele das philosophische Pasquil.

Aus dem neuen Schloß eilt' er ins alte zu Gu¬
stav, der ihn zu fliehen schien. Aber auf welche
Art er mit Gustav schon längst bekannt geworden,
wie er ihm den ersten Brief geben können, warum
er wie Gustav (noch jetzt) sich an einen unbekann¬
ten Ort regelmäßig verfügte, warum er von ihm
geflohen wurde, und was sie mit einander im al¬
ten Schlosse für ein dreistündiges Gespräch gehalten,
das sich mit der wärmsten Liebe in beiden Herzen
schloß -- darüber deckt sich noch ein langer Schleier,
den meine Muthmaßungen nicht aufheben können;
denn ich habe allerdings verschiedene, aber sie klin¬
gen so ausserordentlich, daß ichs nicht wage, sie
dem Publikum eher vorzulegen als bis ich sie besser
rechtfertigen kann. Jede Ader, jeder Gedanke und
Herz und Auge wurden in Gustav weiter und ver¬
größerten sich für eine neue Welt, da er mit dem

Schwanz mit einem Gehirn-Knauf oben d'ran.
Darauf ließ er dieſe umgekehrten Kloͤppel oder auf¬
gerichteten Schwaͤnze gegen einander anlaufen und
agiren und Fleuretten ſagen, und lachte innerlich
uͤber die geſcheuteſten Leute von Geburt, die er
ſelber ſkalpiert und abgeſchuppet hatte. Das nen¬
nen viele das philoſophiſche Paſquil.

Aus dem neuen Schloß eilt' er ins alte zu Gu¬
ſtav, der ihn zu fliehen ſchien. Aber auf welche
Art er mit Guſtav ſchon laͤngſt bekannt geworden,
wie er ihm den erſten Brief geben koͤnnen, warum
er wie Guſtav (noch jetzt) ſich an einen unbekann¬
ten Ort regelmaͤßig verfuͤgte, warum er von ihm
geflohen wurde, und was ſie mit einander im al¬
ten Schloſſe fuͤr ein dreiſtuͤndiges Geſpraͤch gehalten,
das ſich mit der waͤrmſten Liebe in beiden Herzen
ſchloß — daruͤber deckt ſich noch ein langer Schleier,
den meine Muthmaßungen nicht aufheben koͤnnen;
denn ich habe allerdings verſchiedene, aber ſie klin¬
gen ſo auſſerordentlich, daß ichs nicht wage, ſie
dem Publikum eher vorzulegen als bis ich ſie beſſer
rechtfertigen kann. Jede Ader, jeder Gedanke und
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[165/0175] Schwanz mit einem Gehirn-Knauf oben d'ran. Darauf ließ er dieſe umgekehrten Kloͤppel oder auf¬ gerichteten Schwaͤnze gegen einander anlaufen und agiren und Fleuretten ſagen, und lachte innerlich uͤber die geſcheuteſten Leute von Geburt, die er ſelber ſkalpiert und abgeſchuppet hatte. Das nen¬ nen viele das philoſophiſche Paſquil. Aus dem neuen Schloß eilt' er ins alte zu Gu¬ ſtav, der ihn zu fliehen ſchien. Aber auf welche Art er mit Guſtav ſchon laͤngſt bekannt geworden, wie er ihm den erſten Brief geben koͤnnen, warum er wie Guſtav (noch jetzt) ſich an einen unbekann¬ ten Ort regelmaͤßig verfuͤgte, warum er von ihm geflohen wurde, und was ſie mit einander im al¬ ten Schloſſe fuͤr ein dreiſtuͤndiges Geſpraͤch gehalten, das ſich mit der waͤrmſten Liebe in beiden Herzen ſchloß — daruͤber deckt ſich noch ein langer Schleier, den meine Muthmaßungen nicht aufheben koͤnnen; denn ich habe allerdings verſchiedene, aber ſie klin¬ gen ſo auſſerordentlich, daß ichs nicht wage, ſie dem Publikum eher vorzulegen als bis ich ſie beſſer rechtfertigen kann. Jede Ader, jeder Gedanke und Herz und Auge wurden in Guſtav weiter und ver¬ groͤßerten ſich fuͤr eine neue Welt, da er mit dem

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/175>, abgerufen am 27.04.2024.