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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793.

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menden Gesträuche und jeden feurigen Busch. . . .
Alle Vögel schrien, alle Menschen verstummten --
die Erde wurde eine Sonne -- der Himmel zitterte
weinend über der Erde vor Freude und umarmte
sie mit heißen unermeßlichen Lichtstrahlen. -- --

Die Gegend brannte im himmlischen Feuerre¬
regen um uns; aber unsere Augen sahen sie nicht
und hiengen blind an der großen Sonne. Im
Drang, das Herz von Blut und Freude loß zu
machen, versank Gustavs Hand in Beatens ihre --
er wuste nicht was er nahm -- sie wuste nicht was
sie gab und ihre gegenwärtigen Gefühle erhoben
sich weit über geringfügige Versagungen. -- End¬
lich legte sich die umdonnerte Sonne wie ein Wei¬
ser ruhig unter die kühle Erde, ihr Abendroth ruh¬
te glühend unter dem blitzenden Wetter, sie schien
wie eine Seele, zu Gott gegangen zu seyn und
ein Donnerschlag fiel in den Himmel nach ihrem
Tode. . . .

Es dämmerte, . . . die Natur war ein stum¬
mes Gebet. . . . Der Mensch stand erhabener wie
eine Sonne darin; denn sein Herz faßte die Spra¬
che Gottes . . . . aber wenn in das Herz diese

menden Geſtraͤuche und jeden feurigen Buſch. . . .
Alle Voͤgel ſchrien, alle Menſchen verſtummten —
die Erde wurde eine Sonne — der Himmel zitterte
weinend uͤber der Erde vor Freude und umarmte
ſie mit heißen unermeßlichen Lichtſtrahlen. — —

Die Gegend brannte im himmliſchen Feuerre¬
regen um uns; aber unſere Augen ſahen ſie nicht
und hiengen blind an der großen Sonne. Im
Drang, das Herz von Blut und Freude loß zu
machen, verſank Guſtavs Hand in Beatens ihre —
er wuſte nicht was er nahm — ſie wuſte nicht was
ſie gab und ihre gegenwaͤrtigen Gefuͤhle erhoben
ſich weit uͤber geringfuͤgige Verſagungen. — End¬
lich legte ſich die umdonnerte Sonne wie ein Wei¬
ſer ruhig unter die kuͤhle Erde, ihr Abendroth ruh¬
te gluͤhend unter dem blitzenden Wetter, ſie ſchien
wie eine Seele, zu Gott gegangen zu ſeyn und
ein Donnerſchlag fiel in den Himmel nach ihrem
Tode. . . .

Es daͤmmerte, . . . die Natur war ein ſtum¬
mes Gebet. . . . Der Menſch ſtand erhabener wie
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[314/0324] menden Geſtraͤuche und jeden feurigen Buſch. . . . Alle Voͤgel ſchrien, alle Menſchen verſtummten — die Erde wurde eine Sonne — der Himmel zitterte weinend uͤber der Erde vor Freude und umarmte ſie mit heißen unermeßlichen Lichtſtrahlen. — — Die Gegend brannte im himmliſchen Feuerre¬ regen um uns; aber unſere Augen ſahen ſie nicht und hiengen blind an der großen Sonne. Im Drang, das Herz von Blut und Freude loß zu machen, verſank Guſtavs Hand in Beatens ihre — er wuſte nicht was er nahm — ſie wuſte nicht was ſie gab und ihre gegenwaͤrtigen Gefuͤhle erhoben ſich weit uͤber geringfuͤgige Verſagungen. — End¬ lich legte ſich die umdonnerte Sonne wie ein Wei¬ ſer ruhig unter die kuͤhle Erde, ihr Abendroth ruh¬ te gluͤhend unter dem blitzenden Wetter, ſie ſchien wie eine Seele, zu Gott gegangen zu ſeyn und ein Donnerſchlag fiel in den Himmel nach ihrem Tode. . . . Es daͤmmerte, . . . die Natur war ein ſtum¬ mes Gebet. . . . Der Menſch ſtand erhabener wie eine Sonne darin; denn ſein Herz faßte die Spra¬ che Gottes . . . . aber wenn in das Herz dieſe

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 2. Berlin, 1793, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge02_1793/324>, abgerufen am 12.05.2024.