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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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erstenmale ihrem genesenen Auge zu begegnen,
den frohen Busen enge.

Aber wie festlich, wie lebendig ist alles
um ihn her! Auf den Wassern, die durch die
Haine glänzen, ziehen Schwanen, in die Büsche
schreitet der Fasan, Rehe blicken hinter ihm
neugierig aus dem Walde, über den er ge¬
gangen war, und weiße und schwarze Tauben
laufen ämsig unter den Thoren und an den
Abendhügeln hängen rufende Schaafe neben
liegenden Lämmern; sogar der Turteltaube zit¬
tert in irgend einem verhüllten Thale die Brust
vom Languido der Liebe. Er schritt durch ein
langes hochstaudiges Rosenfeld, das die Nie¬
derlassung und Pflanzstadt von Grasmücken
und Nachtigallen schien, die aus den Büschen
auf die wachsenden Grasbänke hüpften und
vergeblich ausliefen nach Würmchen; und die
Lerche zog oben über diese zweite Welt für die
frömmern Thiere und fiel hinter den Thoren
in die Saaten nieder.

Berausche dich immer, guter Jüngling,
und kette deine Blumen so ineinander wie der
Knabe, dem du zueilst! -- Nämlich oben auf

erſtenmale ihrem geneſenen Auge zu begegnen,
den frohen Buſen enge.

Aber wie feſtlich, wie lebendig iſt alles
um ihn her! Auf den Waſſern, die durch die
Haine glänzen, ziehen Schwanen, in die Büſche
ſchreitet der Faſan, Rehe blicken hinter ihm
neugierig aus dem Walde, über den er ge¬
gangen war, und weiße und ſchwarze Tauben
laufen ämſig unter den Thoren und an den
Abendhügeln hängen rufende Schaafe neben
liegenden Lämmern; ſogar der Turteltaube zit¬
tert in irgend einem verhüllten Thale die Bruſt
vom Languido der Liebe. Er ſchritt durch ein
langes hochſtaudiges Roſenfeld, das die Nie¬
derlaſſung und Pflanzſtadt von Grasmücken
und Nachtigallen ſchien, die aus den Büſchen
auf die wachſenden Grasbänke hüpften und
vergeblich ausliefen nach Würmchen; und die
Lerche zog oben über dieſe zweite Welt für die
frömmern Thiere und fiel hinter den Thoren
in die Saaten nieder.

Berauſche dich immer, guter Jüngling,
und kette deine Blumen ſo ineinander wie der
Knabe, dem du zueilſt! — Nämlich oben auf

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[408/0428] erſtenmale ihrem geneſenen Auge zu begegnen, den frohen Buſen enge. Aber wie feſtlich, wie lebendig iſt alles um ihn her! Auf den Waſſern, die durch die Haine glänzen, ziehen Schwanen, in die Büſche ſchreitet der Faſan, Rehe blicken hinter ihm neugierig aus dem Walde, über den er ge¬ gangen war, und weiße und ſchwarze Tauben laufen ämſig unter den Thoren und an den Abendhügeln hängen rufende Schaafe neben liegenden Lämmern; ſogar der Turteltaube zit¬ tert in irgend einem verhüllten Thale die Bruſt vom Languido der Liebe. Er ſchritt durch ein langes hochſtaudiges Roſenfeld, das die Nie¬ derlaſſung und Pflanzſtadt von Grasmücken und Nachtigallen ſchien, die aus den Büſchen auf die wachſenden Grasbänke hüpften und vergeblich ausliefen nach Würmchen; und die Lerche zog oben über dieſe zweite Welt für die frömmern Thiere und fiel hinter den Thoren in die Saaten nieder. Berauſche dich immer, guter Jüngling, und kette deine Blumen ſo ineinander wie der Knabe, dem du zueilſt! — Nämlich oben auf

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/428>, abgerufen am 29.04.2024.