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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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zu schwärmerischer Vorstellungen von ihren
Freundinnen in welchen die edlern Mäd¬
chen leicht fallen und womit blos Ehefrauen
wenig behaftet sind -- sonst noch höher getrie¬
ben: so konnte sie z. B. ihre Freundin Karo¬
line, die ihr wie eine Romanenheldin nur im
romantischen Spielraum der Freundschaft und
der schönen Natur begegnet war, sich anfangs
gar nicht ohne Abbruch des poetischen Heili¬
genscheins mit Händen denken, welche die Näh¬
nadel und Plätte und anderes Geräthe des
weiblichen Ackers führten.

Wer die zärteste Mitfreude fühlen will,
der sehe nicht frohe Kinder an sondern die El¬
tern, die sich über frohe erfreuen. Niemals
blickte die blau- und rundäugige Albine -- in
deren Gesicht die Zeit manche Lebenstöne drei¬
mal gestrichen hatte worunter aber kein stief-
und schwiegermütterlicher Mißton vorkam --
öfter hin und her und segnender als unter die¬
sen -- Paaren; denn das wurden sie nach der
mütterlichen Sterndeuterei der Aberrazionen und
Perturbazionen dieser Doppelsterne. -- Der

zu ſchwärmeriſcher Vorſtellungen von ihren
Freundinnen in welchen die edlern Mäd¬
chen leicht fallen und womit blos Ehefrauen
wenig behaftet ſind — ſonſt noch höher getrie¬
ben: ſo konnte ſie z. B. ihre Freundin Karo¬
line, die ihr wie eine Romanenheldin nur im
romantiſchen Spielraum der Freundſchaft und
der ſchönen Natur begegnet war, ſich anfangs
gar nicht ohne Abbruch des poetiſchen Heili¬
genſcheins mit Händen denken, welche die Näh¬
nadel und Plätte und anderes Geräthe des
weiblichen Ackers führten.

Wer die zärteſte Mitfreude fühlen will,
der ſehe nicht frohe Kinder an ſondern die El¬
tern, die ſich über frohe erfreuen. Niemals
blickte die blau- und rundäugige Albine — in
deren Geſicht die Zeit manche Lebenstöne drei¬
mal geſtrichen hatte worunter aber kein ſtief-
und ſchwiegermütterlicher Mißton vorkam —
öfter hin und her und ſegnender als unter die¬
ſen — Paaren; denn das wurden ſie nach der
mütterlichen Sterndeuterei der Aberrazionen und
Perturbazionen dieſer Doppelſterne. — Der

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[174/0182] zu ſchwärmeriſcher Vorſtellungen von ihren Freundinnen in welchen die edlern Mäd¬ chen leicht fallen und womit blos Ehefrauen wenig behaftet ſind — ſonſt noch höher getrie¬ ben: ſo konnte ſie z. B. ihre Freundin Karo¬ line, die ihr wie eine Romanenheldin nur im romantiſchen Spielraum der Freundſchaft und der ſchönen Natur begegnet war, ſich anfangs gar nicht ohne Abbruch des poetiſchen Heili¬ genſcheins mit Händen denken, welche die Näh¬ nadel und Plätte und anderes Geräthe des weiblichen Ackers führten. Wer die zärteſte Mitfreude fühlen will, der ſehe nicht frohe Kinder an ſondern die El¬ tern, die ſich über frohe erfreuen. Niemals blickte die blau- und rundäugige Albine — in deren Geſicht die Zeit manche Lebenstöne drei¬ mal geſtrichen hatte worunter aber kein ſtief- und ſchwiegermütterlicher Mißton vorkam — öfter hin und her und ſegnender als unter die¬ ſen — Paaren; denn das wurden ſie nach der mütterlichen Sterndeuterei der Aberrazionen und Perturbazionen dieſer Doppelſterne. — Der

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/182>, abgerufen am 28.04.2024.