Schutthaufen des Brandes noch grünenden Bäu¬ me; Weiber floh er, weil sie ihn wie fremde Kinder eine Mutter, die ihres verlohren, zu schmerzlich erinnerten. Wie heiter geht dage¬ gen ein Simultanliebhaber, der nur Allerseelen- und Allerheiligenfeste feiert, ordentlich neuge¬ bohren umher, wenn er sich endlich aus einem fassenden Herzen glücklich ausgehenkt und er nun alle weibliche Gestalten wieder mit der An¬ sicht eingelößter Güter überzählen kann! Schon das Gefühl dieser Freiheit kann ihn ermuntern, sich öfter, um es wieder zu schmecken, einem weiblichen Herzen als Gefangnen zu überliefern.
Albano verlief sich an Roquairols und Schoppens Händen in wilde Männerfeste -- die das Sphären-Echo der Freude auf der Heerpauke vortragen wollen --; es waren nach den Rosenfesten nur die Dornenfeste. So giebt es ein Verzweifeln, das sich mit Schwelgen hilft; wie z. B. in der Pest zu Athen -- oder in der Erwartung des jüngsten Tages -- oder in der Erwartung des Robespierrischen Schlacht- Messers. Der Hauptmann gieng tiefer in sei¬ ne alte Verworrenheit und Wildniß zurück und
Schutthaufen des Brandes noch grünenden Bäu¬ me; Weiber floh er, weil ſie ihn wie fremde Kinder eine Mutter, die ihres verlohren, zu ſchmerzlich erinnerten. Wie heiter geht dage¬ gen ein Simultanliebhaber, der nur Allerſeelen- und Allerheiligenfeſte feiert, ordentlich neuge¬ bohren umher, wenn er ſich endlich aus einem faſſenden Herzen glücklich ausgehenkt und er nun alle weibliche Geſtalten wieder mit der An¬ ſicht eingelößter Güter überzählen kann! Schon das Gefühl dieſer Freiheit kann ihn ermuntern, ſich öfter, um es wieder zu ſchmecken, einem weiblichen Herzen als Gefangnen zu überliefern.
Albano verlief ſich an Roquairols und Schoppens Händen in wilde Männerfeſte — die das Sphären-Echo der Freude auf der Heerpauke vortragen wollen —; es waren nach den Roſenfeſten nur die Dornenfeſte. So giebt es ein Verzweifeln, das ſich mit Schwelgen hilft; wie z. B. in der Peſt zu Athen — oder in der Erwartung des jüngſten Tages — oder in der Erwartung des Robespierriſchen Schlacht- Meſſers. Der Hauptmann gieng tiefer in ſei¬ ne alte Verworrenheit und Wildniß zurück und
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Schutthaufen des Brandes noch grünenden Bäu¬
me; Weiber floh er, weil ſie ihn wie fremde
Kinder eine Mutter, die ihres verlohren, zu
ſchmerzlich erinnerten. Wie heiter geht dage¬
gen ein Simultanliebhaber, der nur Allerſeelen-
und Allerheiligenfeſte feiert, ordentlich neuge¬
bohren umher, wenn er ſich endlich aus einem
faſſenden Herzen glücklich ausgehenkt und er
nun alle weibliche Geſtalten wieder mit der An¬
ſicht eingelößter Güter überzählen kann! Schon
das Gefühl dieſer Freiheit kann ihn ermuntern,
ſich öfter, um es wieder zu ſchmecken, einem
weiblichen Herzen als Gefangnen zu überliefern.
Albano verlief ſich an Roquairols und
Schoppens Händen in wilde Männerfeſte —
die das Sphären-Echo der Freude auf der
Heerpauke vortragen wollen —; es waren nach
den Roſenfeſten nur die Dornenfeſte. So giebt
es ein Verzweifeln, das ſich mit Schwelgen
hilft; wie z. B. in der Peſt zu Athen — oder
in der Erwartung des jüngſten Tages — oder
in der Erwartung des Robespierriſchen Schlacht-
Meſſers. Der Hauptmann gieng tiefer in ſei¬
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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/265>, abgerufen am 15.05.2024.
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