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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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dieses fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬
lichen Kampf aller gegen einander rennenden
Verhältnisse hüpfen! Roquairol schien ohnehin
die zu heftig liebende Rabette mit ihren einsa¬
men Wünschen allein zu lassen; sie schickte wö¬
chentlich ihre durch einen Einschluß an Albano
-- sonst wars umgekehrt -- briefliche Seufzer
und Thränen, die er alle kalt einsteckte, ohne
von ihnen oder der Verlassenen zu sprechen.

Albano -- im Stillen Lianen und Rabetten
abwägend -- beklagte selber das ungleiche Loos
seines übereilten Freundes, über dessen Son¬
nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber
nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬
fen konnte und dessen Psyches- und Donnerwa¬
gen ihm zu gut schien zu einem bloßen eheli¬
chen Post- oder Kinderwagen. Erwürgend wird
sich Alles durcheinanderschlingen, dacht' er, wenn
er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig
aufsieht und unter den Zuschauerinnen die un¬
vergeßliche hohe Braut seiner ganzen Jugend
findet und laut das entsagende Ja ausstam¬
meln muß!

dieſes fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬
lichen Kampf aller gegen einander rennenden
Verhältniſſe hüpfen! Roquairol ſchien ohnehin
die zu heftig liebende Rabette mit ihren einſa¬
men Wünſchen allein zu laſſen; ſie ſchickte wö¬
chentlich ihre durch einen Einſchluß an Albano
— ſonſt wars umgekehrt — briefliche Seufzer
und Thränen, die er alle kalt einſteckte, ohne
von ihnen oder der Verlaſſenen zu ſprechen.

Albano — im Stillen Lianen und Rabetten
abwägend — beklagte ſelber das ungleiche Loos
ſeines übereilten Freundes, über deſſen Son¬
nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber
nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬
fen konnte und deſſen Pſyches- und Donnerwa¬
gen ihm zu gut ſchien zu einem bloßen eheli¬
chen Poſt- oder Kinderwagen. Erwürgend wird
ſich Alles durcheinanderſchlingen, dacht' er, wenn
er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig
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vergeßliche hohe Braut ſeiner ganzen Jugend
findet und laut das entſagende Ja ausſtam¬
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[260/0272] dieſes fremde Irrlicht, dacht' er, in den nächt¬ lichen Kampf aller gegen einander rennenden Verhältniſſe hüpfen! Roquairol ſchien ohnehin die zu heftig liebende Rabette mit ihren einſa¬ men Wünſchen allein zu laſſen; ſie ſchickte wö¬ chentlich ihre durch einen Einſchluß an Albano — ſonſt wars umgekehrt — briefliche Seufzer und Thränen, die er alle kalt einſteckte, ohne von ihnen oder der Verlaſſenen zu ſprechen. Albano — im Stillen Lianen und Rabetten abwägend — beklagte ſelber das ungleiche Loos ſeines übereilten Freundes, über deſſen Son¬ nenpferde nur eine Amazone und Titanide, aber nicht ein gutes Landmädchen den Zügel wer¬ fen konnte und deſſen Pſyches- und Donnerwa¬ gen ihm zu gut ſchien zu einem bloßen eheli¬ chen Poſt- oder Kinderwagen. Erwürgend wird ſich Alles durcheinanderſchlingen, dacht' er, wenn er am Traualtar mit Rabetten kniend zufällig aufſieht und unter den Zuſchauerinnen die un¬ vergeßliche hohe Braut ſeiner ganzen Jugend findet und laut das entſagende Ja ausſtam¬ meln muß!

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/272>, abgerufen am 16.05.2024.