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Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

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ein. Albano gieng bald, aber viel froher.
Auf seinem Wege brannten doch einige Gassen¬
laternen.

Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬
kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬
bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬
laufen, wie gestern nach Pestiz -- denn was
ist für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders
als eine gerade Allemande? -- und schüttete
und schüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die
Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als
frohe Bilder, einige Himmel, ein vollständiger
Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine
Hauptmännin. "Die Ministers waren gegen
"mich so höflich gewesen, aber -- nachher noch
"mehr gegen meine Eltern die Mutter -- und
"sie haben den Hauptmann so sehr genannt
"und gelobt -- kurz, sie wissen freilich Alles,
"mein herrlicher, herzlieber Bruder!" sagte sie,
-- aber von Lianen wußte sie dem herrlichen
Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬
sundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte sich
nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt.
"Wir waren keine Minute allein, das machts,"

ein. Albano gieng bald, aber viel froher.
Auf ſeinem Wege brannten doch einige Gaſſen¬
laternen.

Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬
kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬
bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬
laufen, wie geſtern nach Peſtiz — denn was
iſt für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders
als eine gerade Allemande? — und ſchüttete
und ſchüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die
Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als
frohe Bilder, einige Himmel, ein vollſtändiger
Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine
Hauptmännin. „Die Miniſters waren gegen
„mich ſo höflich geweſen, aber — nachher noch
„mehr gegen meine Eltern die Mutter — und
„ſie haben den Hauptmann ſo ſehr genannt
„und gelobt — kurz, ſie wiſſen freilich Alles,
„mein herrlicher, herzlieber Bruder!“ ſagte ſie,
— aber von Lianen wußte ſie dem herrlichen
Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬
ſundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte ſich
nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt.
„Wir waren keine Minute allein, das machts,“

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[86/0098] ein. Albano gieng bald, aber viel froher. Auf ſeinem Wege brannten doch einige Gaſſen¬ laternen. Aber am Morgen gerieth er in ein Win¬ kelgäßchen, wo keine einzige war; nämlich Ra¬ bette, das Rennthierchen, kam nach Lilar ge¬ laufen, wie geſtern nach Peſtiz — denn was iſt für ein Landfräulein ein Meilenlauf anders als eine gerade Allemande? — und ſchüttete und ſchüttelte vor ihm ihr Herz bis auf die Herzohren aus, woraus nichts herausfiel als frohe Bilder, einige Himmel, ein vollſtändiger Hochzeittag, ein Paar Schwiegereltern und eine Hauptmännin. „Die Miniſters waren gegen „mich ſo höflich geweſen, aber — nachher noch „mehr gegen meine Eltern die Mutter — und „ſie haben den Hauptmann ſo ſehr genannt „und gelobt — kurz, ſie wiſſen freilich Alles, „mein herrlicher, herzlieber Bruder!“ ſagte ſie, — aber von Lianen wußte ſie dem herrlichen Bruder Nichts zu bringen, außer ihren Ge¬ ſundheitspaß; ihr freudiges Auge hatte ſich nach gar keiner dunkeln Gegend gewandt. „Wir waren keine Minute allein, das machts,“

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/98>, abgerufen am 29.04.2024.