Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

der Tiefe der weiße Apennin um den Vesuv
und herüber auf der langen Küste Sorrento's
fort -- und vom Pausilip an verfolgten die Län¬
der das Meer bis über Mola und Terracina --
auf der geöffneten Welt-Fläche erschien alles,
die Vorgebürge, die gelben Krater-Ränder
auf den Küsten und die Inseln rings umher,
die der verhüllte fürchterliche Gott unter dem
Meere aus seinem Feuerreich an die Sonne ge¬
trieben -- und das holde Ischia, mit seinen
kleinen Städten an den Ufern und mit seinen
kleinen Gärten und Kratern, stand wie ein grü¬
nendes Schiff im großen Meer und ruhte auf
zahllosen Wogen.

Da verschwanden drunten die Größen der
Erde, nur die Erde allein war groß und die
Sonne mit ihrem Himmel war's. "O wie sind
wir glücklich!" sagte Albano. Ja, ihr waret
glücklich dort, wer wird es nach euch seyn?
-- Sich auf dem Baum des Lebens wiegend,
auf welchen schon sein Kindes-Auge so früh
und sehnsüchtig geblickt, sagt' er alles was ihn
erhob und ergriff: "daran erkenn' ich die All¬
gewaltige, zornig und flammend steigt sie aus

Titan IV. L

der Tiefe der weiße Apennin um den Veſuv
und herüber auf der langen Küſte Sorrento's
fort — und vom Pauſilip an verfolgten die Län¬
der das Meer bis über Mola und Terracina —
auf der geöffneten Welt-Fläche erſchien alles,
die Vorgebürge, die gelben Krater-Ränder
auf den Küſten und die Inſeln rings umher,
die der verhüllte fürchterliche Gott unter dem
Meere aus ſeinem Feuerreich an die Sonne ge¬
trieben — und das holde Iſchia, mit ſeinen
kleinen Städten an den Ufern und mit ſeinen
kleinen Gärten und Kratern, ſtand wie ein grü¬
nendes Schiff im großen Meer und ruhte auf
zahlloſen Wogen.

Da verſchwanden drunten die Größen der
Erde, nur die Erde allein war groß und die
Sonne mit ihrem Himmel war's. „O wie ſind
wir glücklich!“ ſagte Albano. Ja, ihr waret
glücklich dort, wer wird es nach euch ſeyn?
— Sich auf dem Baum des Lebens wiegend,
auf welchen ſchon ſein Kindes-Auge ſo früh
und ſehnſüchtig geblickt, ſagt' er alles was ihn
erhob und ergriff: „daran erkenn' ich die All¬
gewaltige, zornig und flammend ſteigt ſie aus

Titan IV. L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0173" n="161"/>
der Tiefe der weiße Apennin um den Ve&#x017F;uv<lb/>
und herüber auf der langen Kü&#x017F;te Sorrento's<lb/>
fort &#x2014; und vom Pau&#x017F;ilip an verfolgten die Län¬<lb/>
der das Meer bis über Mola und Terracina &#x2014;<lb/>
auf der geöffneten Welt-Fläche er&#x017F;chien alles,<lb/>
die Vorgebürge, die gelben Krater-Ränder<lb/>
auf den Kü&#x017F;ten und die In&#x017F;eln rings umher,<lb/>
die der verhüllte fürchterliche Gott unter dem<lb/>
Meere aus &#x017F;einem Feuerreich an die Sonne ge¬<lb/>
trieben &#x2014; und das holde I&#x017F;chia, mit &#x017F;einen<lb/>
kleinen Städten an den Ufern und mit &#x017F;einen<lb/>
kleinen Gärten und Kratern, &#x017F;tand wie ein grü¬<lb/>
nendes Schiff im großen Meer und ruhte auf<lb/>
zahllo&#x017F;en Wogen.</p><lb/>
          <p>Da ver&#x017F;chwanden drunten die Größen der<lb/>
Erde, nur die Erde allein war groß und die<lb/>
Sonne mit ihrem Himmel war's. &#x201E;O wie &#x017F;ind<lb/>
wir glücklich!&#x201C; &#x017F;agte Albano. Ja, ihr waret<lb/>
glücklich dort, wer wird es nach euch &#x017F;eyn?<lb/>
&#x2014; Sich auf dem Baum des Lebens wiegend,<lb/>
auf welchen &#x017F;chon &#x017F;ein Kindes-Auge &#x017F;o früh<lb/>
und &#x017F;ehn&#x017F;üchtig geblickt, &#x017F;agt' er alles was ihn<lb/>
erhob und ergriff: &#x201E;daran erkenn' ich die All¬<lb/>
gewaltige, zornig und flammend &#x017F;teigt &#x017F;ie aus<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Titan <hi rendition="#aq">IV</hi>. L<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0173] der Tiefe der weiße Apennin um den Veſuv und herüber auf der langen Küſte Sorrento's fort — und vom Pauſilip an verfolgten die Län¬ der das Meer bis über Mola und Terracina — auf der geöffneten Welt-Fläche erſchien alles, die Vorgebürge, die gelben Krater-Ränder auf den Küſten und die Inſeln rings umher, die der verhüllte fürchterliche Gott unter dem Meere aus ſeinem Feuerreich an die Sonne ge¬ trieben — und das holde Iſchia, mit ſeinen kleinen Städten an den Ufern und mit ſeinen kleinen Gärten und Kratern, ſtand wie ein grü¬ nendes Schiff im großen Meer und ruhte auf zahlloſen Wogen. Da verſchwanden drunten die Größen der Erde, nur die Erde allein war groß und die Sonne mit ihrem Himmel war's. „O wie ſind wir glücklich!“ ſagte Albano. Ja, ihr waret glücklich dort, wer wird es nach euch ſeyn? — Sich auf dem Baum des Lebens wiegend, auf welchen ſchon ſein Kindes-Auge ſo früh und ſehnſüchtig geblickt, ſagt' er alles was ihn erhob und ergriff: „daran erkenn' ich die All¬ gewaltige, zornig und flammend ſteigt ſie aus Titan IV. L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/173
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/173>, abgerufen am 06.05.2024.