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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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Gläubiger und dessen Grobheit und Weichlich¬
keit und trockne Bosheit ich dermaßen hasse
-- -- Inzwischen wird er jetzt durch Deine Er¬
scheinung so recht bestraft. Freilich alles ist
wie ich in Unordnung und Bestürzung. Lud¬
wigs Testament wurde diesen Morgen nach
seinem Willen eröffnet und er gab Dir Dein
ganzes Recht. Ich will nicht über diesen Bru¬
der mitten unter dem Weinen zürnen; er war
eigentlich hart gegen seine zwei Geschwister,
gegen mich sehr auch, denn er haßte alle Wei¬
ber, bis zu seiner Frau, die nur etwas taugt,
wenns ihr gut geht, und die Kunstwerke selber
härteten ihn ordentlich ab gegen die Menschen.
Aber er ruh' in seinem Frieden, ach den er
wohl wenig gefunden! Diesen Abend muß er
schon wegen seiner Krankheit und wegen des
langen Wegs nach Blumenbühl voraus beer¬
digt werden. Da bin ich nun bei Deinen Pfle¬
geeltern in der Nähe unserer eingeschlossenen
Eltern. Deswegen komm' unabänderlich! Du
bist allein mein Trost in der trüben Nacht, ich
muß Dich wieder am Herzen halten, das sehr
an Dir klopfen will und weinen und reden,

Gläubiger und deſſen Grobheit und Weichlich¬
keit und trockne Bosheit ich dermaßen haſſe
— — Inzwiſchen wird er jetzt durch Deine Er¬
ſcheinung ſo recht beſtraft. Freilich alles iſt
wie ich in Unordnung und Beſtürzung. Lud¬
wigs Teſtament wurde dieſen Morgen nach
ſeinem Willen eröffnet und er gab Dir Dein
ganzes Recht. Ich will nicht über dieſen Bru¬
der mitten unter dem Weinen zürnen; er war
eigentlich hart gegen ſeine zwei Geſchwiſter,
gegen mich ſehr auch, denn er haßte alle Wei¬
ber, bis zu ſeiner Frau, die nur etwas taugt,
wenns ihr gut geht, und die Kunſtwerke ſelber
härteten ihn ordentlich ab gegen die Menſchen.
Aber er ruh' in ſeinem Frieden, ach den er
wohl wenig gefunden! Dieſen Abend muß er
ſchon wegen ſeiner Krankheit und wegen des
langen Wegs nach Blumenbühl voraus beer¬
digt werden. Da bin ich nun bei Deinen Pfle¬
geeltern in der Nähe unſerer eingeſchloſſenen
Eltern. Deswegen komm' unabänderlich! Du
biſt allein mein Troſt in der trüben Nacht, ich
muß Dich wieder am Herzen halten, das ſehr
an Dir klopfen will und weinen und reden,

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[540/0552] Gläubiger und deſſen Grobheit und Weichlich¬ keit und trockne Bosheit ich dermaßen haſſe — — Inzwiſchen wird er jetzt durch Deine Er¬ ſcheinung ſo recht beſtraft. Freilich alles iſt wie ich in Unordnung und Beſtürzung. Lud¬ wigs Teſtament wurde dieſen Morgen nach ſeinem Willen eröffnet und er gab Dir Dein ganzes Recht. Ich will nicht über dieſen Bru¬ der mitten unter dem Weinen zürnen; er war eigentlich hart gegen ſeine zwei Geſchwiſter, gegen mich ſehr auch, denn er haßte alle Wei¬ ber, bis zu ſeiner Frau, die nur etwas taugt, wenns ihr gut geht, und die Kunſtwerke ſelber härteten ihn ordentlich ab gegen die Menſchen. Aber er ruh' in ſeinem Frieden, ach den er wohl wenig gefunden! Dieſen Abend muß er ſchon wegen ſeiner Krankheit und wegen des langen Wegs nach Blumenbühl voraus beer¬ digt werden. Da bin ich nun bei Deinen Pfle¬ geeltern in der Nähe unſerer eingeſchloſſenen Eltern. Deswegen komm' unabänderlich! Du biſt allein mein Troſt in der trüben Nacht, ich muß Dich wieder am Herzen halten, das ſehr an Dir klopfen will und weinen und reden,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/552>, abgerufen am 29.04.2024.