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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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eine Priesterin verkündigte, die in Tempeln vor
Göttern zu wandeln gewohnt gewesen.

Kaum waren beide verschwunden, als die
alten Bekannten Albano's, zumal die Wei¬
ber, denen Juliennens Gegenwart immer Al¬
bano's Stammbaum nahe gehalten, mit allen
Zeichen der lang zurückgedrängten Herzlichkeit,
voll Wünsche, Freuden und Thränen auf sein
Herz eindrangen. "Bleibt meine Eltern" sagte
Albano. "Bravheit ist alles auf der Erde"
sagte der Direktor. -- "Ich that das Meinige
wie eine Mutter, (sagte Albine,) aber wer
konnte das wissen?" -- Rabette sagte nichts,
ihre Freude und Liebe waren überschwenglich
wie ihre Erinnerung. "Meine Schwester Ra¬
bette (sagte Albano) hat mir, als ich das er¬
stemal nach Italien gieng, die Worte auf eine
Börse gestrickt mitgegeben: gedenke unserer --
Diese werd' ich Euch allen in jedem Schicksal
erfüllen" -- und hier dacht' er, obwohl zu ver¬
schämt-bescheiden, um es zu sagen, an das
was er etwan als Fürst für seinen Pflegevater
thun könnte, worunter die Zurückgabe von des¬
sen heimfallenden Männer-Lehn zuerst gehörte.

Titan IV. N n

eine Prieſterin verkündigte, die in Tempeln vor
Göttern zu wandeln gewohnt geweſen.

Kaum waren beide verſchwunden, als die
alten Bekannten Albano's, zumal die Wei¬
ber, denen Juliennens Gegenwart immer Al¬
bano's Stammbaum nahe gehalten, mit allen
Zeichen der lang zurückgedrängten Herzlichkeit,
voll Wünſche, Freuden und Thränen auf ſein
Herz eindrangen. „Bleibt meine Eltern“ ſagte
Albano. „Bravheit iſt alles auf der Erde“
ſagte der Direktor. — „Ich that das Meinige
wie eine Mutter, (ſagte Albine,) aber wer
konnte das wiſſen?“ — Rabette ſagte nichts,
ihre Freude und Liebe waren überſchwenglich
wie ihre Erinnerung. „Meine Schweſter Ra¬
bette (ſagte Albano) hat mir, als ich das er¬
ſtemal nach Italien gieng, die Worte auf eine
Börſe geſtrickt mitgegeben: gedenke unſerer —
Dieſe werd' ich Euch allen in jedem Schickſal
erfüllen“ — und hier dacht' er, obwohl zu ver¬
ſchämt-beſcheiden, um es zu ſagen, an das
was er etwan als Fürſt für ſeinen Pflegevater
thun könnte, worunter die Zurückgabe von des¬
ſen heimfallenden Männer-Lehn zuerſt gehörte.

Titan IV. N n
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[561/0573] eine Prieſterin verkündigte, die in Tempeln vor Göttern zu wandeln gewohnt geweſen. Kaum waren beide verſchwunden, als die alten Bekannten Albano's, zumal die Wei¬ ber, denen Juliennens Gegenwart immer Al¬ bano's Stammbaum nahe gehalten, mit allen Zeichen der lang zurückgedrängten Herzlichkeit, voll Wünſche, Freuden und Thränen auf ſein Herz eindrangen. „Bleibt meine Eltern“ ſagte Albano. „Bravheit iſt alles auf der Erde“ ſagte der Direktor. — „Ich that das Meinige wie eine Mutter, (ſagte Albine,) aber wer konnte das wiſſen?“ — Rabette ſagte nichts, ihre Freude und Liebe waren überſchwenglich wie ihre Erinnerung. „Meine Schweſter Ra¬ bette (ſagte Albano) hat mir, als ich das er¬ ſtemal nach Italien gieng, die Worte auf eine Börſe geſtrickt mitgegeben: gedenke unſerer — Dieſe werd' ich Euch allen in jedem Schickſal erfüllen“ — und hier dacht' er, obwohl zu ver¬ ſchämt-beſcheiden, um es zu ſagen, an das was er etwan als Fürſt für ſeinen Pflegevater thun könnte, worunter die Zurückgabe von des¬ ſen heimfallenden Männer-Lehn zuerſt gehörte. Titan IV. N n

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/573>, abgerufen am 29.04.2024.