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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785.

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Einer sagte, sie müßten ja aus ihrem Geld
kauffen, was er den andern verehre. --

Ein anderer sagte, so ein Narr bin ich
nicht, und salze mir so eine Plage auf, ich hab
genug an meinen eignen. --

Noch einer sagte, wenn ich etwas frömdes
erziehen will, so muß es mir im Stall schlaffen,
und am Bahren fressen.

Ja -- ja -- sagte wieder einer, so eins
das man anbinden kann, geht wohl an, aber
mit den andern mag ich nichts zu thun haben.

Einer oder zween, die gar hochmüthig wa-
ren, fanden doch, so ein Kind ässe zulezt mit
den andern, und sie könnten es immer brau-
chen, wenns auch nur zum Hüner futern und
Gras ausrauffen wäre. --

Aber es hat ein a propos, -- sagten wieder
andere. Wer weiß, was er unter dem wohl
und unklagbar erziehen versteht? und wenn
einer Jahr und Tag Mühe und Arbeit gehabt
hätte, und er denn sagte, es wäre nicht brav
und unklagbar erzogen, was wollte einer denn
machen?

Und wenn so ein Kind stürbe? so wäre
wieder das, man könnte noch s'teufels Verdruß
davon haben, und wenn mans 10 Jahr hät-
te, wäre einem denn noch niemand nichts
schuldig.

Der Junker sahe, daß sie nicht mit ihm

H 4

Einer ſagte, ſie muͤßten ja aus ihrem Geld
kauffen, was er den andern verehre. —

Ein anderer ſagte, ſo ein Narr bin ich
nicht, und ſalze mir ſo eine Plage auf, ich hab
genug an meinen eignen. —

Noch einer ſagte, wenn ich etwas froͤmdes
erziehen will, ſo muß es mir im Stall ſchlaffen,
und am Bahren freſſen.

Ja — ja — ſagte wieder einer, ſo eins
das man anbinden kann, geht wohl an, aber
mit den andern mag ich nichts zu thun haben.

Einer oder zween, die gar hochmuͤthig wa-
ren, fanden doch, ſo ein Kind aͤſſe zulezt mit
den andern, und ſie koͤnnten es immer brau-
chen, wenns auch nur zum Huͤner futern und
Gras ausrauffen waͤre. —

Aber es hat ein a propos, — ſagten wieder
andere. Wer weiß, was er unter dem wohl
und unklagbar erziehen verſteht? und wenn
einer Jahr und Tag Muͤhe und Arbeit gehabt
haͤtte, und er denn ſagte, es waͤre nicht brav
und unklagbar erzogen, was wollte einer denn
machen?

Und wenn ſo ein Kind ſtuͤrbe? ſo waͤre
wieder das, man koͤnnte noch s’teufels Verdruß
davon haben, und wenn mans 10 Jahr haͤt-
te, waͤre einem denn noch niemand nichts
ſchuldig.

Der Junker ſahe, daß ſie nicht mit ihm

H 4
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[119/0141] Einer ſagte, ſie muͤßten ja aus ihrem Geld kauffen, was er den andern verehre. — Ein anderer ſagte, ſo ein Narr bin ich nicht, und ſalze mir ſo eine Plage auf, ich hab genug an meinen eignen. — Noch einer ſagte, wenn ich etwas froͤmdes erziehen will, ſo muß es mir im Stall ſchlaffen, und am Bahren freſſen. Ja — ja — ſagte wieder einer, ſo eins das man anbinden kann, geht wohl an, aber mit den andern mag ich nichts zu thun haben. Einer oder zween, die gar hochmuͤthig wa- ren, fanden doch, ſo ein Kind aͤſſe zulezt mit den andern, und ſie koͤnnten es immer brau- chen, wenns auch nur zum Huͤner futern und Gras ausrauffen waͤre. — Aber es hat ein a propos, — ſagten wieder andere. Wer weiß, was er unter dem wohl und unklagbar erziehen verſteht? und wenn einer Jahr und Tag Muͤhe und Arbeit gehabt haͤtte, und er denn ſagte, es waͤre nicht brav und unklagbar erzogen, was wollte einer denn machen? Und wenn ſo ein Kind ſtuͤrbe? ſo waͤre wieder das, man koͤnnte noch s’teufels Verdruß davon haben, und wenn mans 10 Jahr haͤt- te, waͤre einem denn noch niemand nichts ſchuldig. Der Junker ſahe, daß ſie nicht mit ihm H 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1785, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard03_1785/141>, abgerufen am 26.04.2024.